Niccolò Antonelli: Schmerzhaftes Fotoshooting
Niccolò Antonelli: Die Schulter macht noch Probleme
Niccolò «Nick» Antonelli schwört, dass sich über den Winter viel geändert hat. «Schau mich an», sagt er. «Ich habe einige Kilos mehr drauf. Jetzt wiege ich mehr oder weniger 50 kg.» Möglicherweise hat er recht. Oder vielleicht lügt ihn seine Waage an – er schaut noch immer wie ein kleiner Spatz aus, der Zusatzgewicht zuladen muss, um das Mindestgewicht zu erreichen. Nicks Mutter, eine attraktive, junge Lady aus Riccione, wo sie ein Restaurant führt, macht eine kapitulierende Geste. «Glaub mir, wir füttern ihn mit allen, was er mag, und er mag alles... Es passiert nichts, keine Chance. Sein Gewicht bleibt immer gleich.»
Aber – obwohl Antonelli oft auf sein Gewicht angesprochen wird – das echte Problem in diesen Tagen ist ein anderes. «Ja, meine Schulter», sagt der Teenager. Der 17-Jährige stürzte beim Offroad-Training mit Rossi auf der Strecke von Valentino, «Die Ranch» in Tavullia, nur ein paar Kilometer von zu Hause weg. «Ich wurde operiert und alles ist okay, aber die Heilung ist noch nicht komplett abgeschlossen. Nur schon das normale Einnehmen der Fahrposition auf einer Rennmaschine, wie gestern für ein Fotoshooting, war schmerzhaft. Ich weiss nicht, ob ich beim ersten Rennen in Katar 100 Prozent fit bin. Vielleicht ja, vielleicht nein. Ich kann es noch nicht sagen.»
«Die Saison 2012 war ein grosser Spass», sagt der Junge lächelnd. «Ich habe fast alles genossen. Die Strecken kennenzulernen, so viel wie möglich zu fahren, das Reisen... Ich liebe reisen genauso wie das Motorradfahren. Es ist mein Job, ich will nichts anderes machen. Ich habe Glück.»
Wechsel an eine Privatschule?
Die Kehrseite der Medaille ist die Schule, die etwas auf der Strecke bleibt. Er war immer ein guter Schüler, aber jetzt ist die Situation schwierig geworden. «Ich tue mein Bestes. Sobald ich mein Training beendet habe, renne ich zum Schreibtisch und schlage die Bücher auf. Aber der Umfang der Hausarbeiten ist für die Schüler ausgerichtet, die den ganzen Tag zur Verfügung haben, während ich nur ein paar Stunden am Abend habe. Und da habe ich noch nichts darüber gesagt, dass ich immer und immer wieder Schultage wegen der Tests und Rennen verpasse. Die Lehrer sind grossartig, sie versuchen mir zu helfen, aber das hat auch seine Grenzen. Die Sprache Latin ist mein Feind Nummer 1. Englisch ist die Nummer 2. Ich kann es sprechen, aber nur Gott kennt alle Regeln des Satzbaus, was kommt an erster Stelle? was an zweiter..? Aber ich werde nicht aufgeben. Wir überlegen uns jetzt, an eine Privatschule zu wechseln, dort würde es mehr Flexibilität geben.»
Antonelli wurde 2012 WM-14. «Ich denke, ich hätte es letztes Jahr besser machen können. Vor der Saison hätte ich für diese Resultate, die ich erreicht habe, gerne unterschrieben. Aber während des Jahres realisierte ich, dass ich es noch besser machen könnte. Aber ich habe ein paar Fehler gemacht und dafür bezahlt. In einigen Fällen habe ich falsche Entscheidungen getroffen. Ich habe auch einen grossen Schritt vorwärts gemacht, was das Fahrerische betrifft. Jetzt kann ich alleine schnelle Rundenzeiten erzielen, am Anfang hatte ich dafür noch jemandem folgen müssen. Aber ich bin noch weit davon entfernt, das Motorrad voll unter Kontrolle zu haben. Der Beweis dafür ist, dass ich jedes Mal beim Fahren wieder etwas Neues lerne.»
Das Problem mit Rossi als Idol
Nick ist noch immer im Alter, in dem man von anderen Fahrern fasziniert ist. Von den talentierten, natürlich. Aber überraschenderweise – oder vielleicht auch nicht – Antonelli lernte mehr von Marc Márquez als von Rossi. «Valentino ist ein Gott. Ich muss aber sagen, dass ich mich nicht an seine ersten Jahre erinnern kann. Ich war ein Jahr alt, als er seinen 125-ccm-WM-Titel holte, während ich bei Marc die ganze Karriere verfolgen konnte. Bei ihm konnte ich zum Beispiel auch analysieren, wie er sich auf eine neue Maschine umstellt und Probleme löst. Daraus konnte ich selber lernen.»
Nach einem Jahr in der Moto3-WM weiss Antonelli, wer als Dominator in Frage kommt. «Was das Fahren und Verhalten im Rennen betrifft, ohne Zweifel: Maverick Viñales. Aber ich muss sagen, dass auch Rins sehr stark zu sein scheint. Ich sage dir: Ich freue mich sehr darauf, mich selber an ihnen zu messen, demnächst beim Test in Jerez.»
Trotz der Schulter? «Du weißt ja: Fausto Gresini setzt mich nicht unter Druck, und gibt mir niemals ein bestimmtes Ziel vor. Auch ich mache das nicht. Aber ich spüre, dass wir beide es lieben würden, wenn es ein gutes Jahr werden würde. Obwohl ich wahrscheinlich ein paar GP abwarten muss, bis ich wieder voll in Form sein werde, bin ich jetzt neugierig zu erfahren, wo ich momentan stehe.»