Tonus im Vormarsch – was steckt dahinter?
Als das niederländische Wilvo-Yamaha-Team mit dem WM-Fahrern Arnaud Tonus und Gautier Paulin am Ostermontags-Motocross in Frauenfeld teilnahm, erklärte man das damit, dass der Schweizer Tonus so die Gelegenheit erhielt, vor Heimpublikum zu fahren. Der Hintergrund war ein ganz anderer: Eskil Suter hatte das Team von der Notwendigkeit überzeugt, die von Suter Racing gefertigte Kupplung unter Rennbedingungen zu testen. Dazu bot sich das Rennen in Frauenfeld an.
Danach war alles klar: Tonus und Paulin setzen die Suterclutch ein, Suter Racing ist im Gegenzug an den meisten WM-Läufen mit einem Techniker präsent. Dass allein die Kupplung aus dem Hause Suter Racing diesen Wendepunkt in Tonus Karriere bewirkte, glaubt selbst CEO Suter nicht: «Sicher ist der Start speziell bei MXGP Rennen ein entscheidender Faktor, und seit Tonus unsere Kupplung verwendet, gewann er mehrere Male den Start. Doch um nach gewonnenem Start vorne zu bleiben und Dauergast auf dem MXGP-Podium zu sein, dazu müssen weitere Faktoren stimmen, aber Feinheiten geben manchmal das nötige Vertrauen, um ganz ans Limit zu gehen.»
Mit der Herstellung von Antihopping-Kupplungen begann Suter Racing anno 1997. Von Anfang an waren in der Suterclutch die Antihopping-Mechanik und die Kupplungsfunktion zwei mechanisch getrennte Funktionen mit je einer Tellerfeder. Im Strassenrennsport ist diese Kupplung etabliert, unter anderem fahren mehrere Teams der Superbike-WM, alle Teams der Moto3-WM und unzählige Teams anderer Rennserien mit dieser Kupplung.
Für den Einsatz im Supermoto-Sport wurde die Suterclutch auch für Geländemotorräder angeboten, doch mit Motocross befasste man sich im Hause Suter bislang nicht. «Too busy, zu viele andere Projekte», begründet Suter und fügt sogleich an: «Ich wusste immer, dass unsere Kupplung im Motocross ein Vorteil sein müsste. Die Antihopping-Funktion schont auf welligen Anbremszonen den Fahrer und erleichtert das Einbiegen in die Kurve, weil die Kickerei des Hinterrads weggefiltert wird.»
Bei Testfahrten in der Zwischensaison 2018/19 liessen sich nicht alle Fahrer auf Anhieb überzeugen. «Glücklicherweise haben wir neben anderen Daten auch die Herzfrequenz des Fahrers aufgezeichnet. Bei einigen Fahrern zeigte sich klar, dass sie dank der Antihopping-Kupplung zwar nicht deutlich schneller, doch mit tieferer Herzfrequenz unterwegs waren», erzählt Suter.
Antihopping-Kupplungen sind heute selbst in Serienmotorräder standardmäßig eingebaut, doch Suter winkt ab: «Das sind kostengünstig aufgebaute Konstruktionen, welche für den sportlichen Fahrer schon eher bescheiden funktionieren. Bei Tests haben wir festgestellt, dass die Antihopping-Funktion im Motocross sehr schnell und fein reagieren muss, und sie muss einstellbar sein. Eine gewisse Motorbremswirkung muss erhalten bleiben, damit der Fahrer das Motorrad an Absprüngen und im Flug kontrollieren kann. Das bewerkstelligen wir mit verschieden starken Tellerfedern. Und die Antihopping-Funktion darf auf keinen Fall die Funktion der Kupplung beeinträchtigen, sonst verliert man jeden Start.»
Im Motocross auf WM-Level wird die Kupplung praktisch permanent eingesetzt und strapaziert, vor jeder Kurve und vor jedem Sprung wird die Leistung mit der Kupplung feindosiert. Die Verbindung Fahrer-Kupplung-Hinterrad muss extrem gut sein, sonst ist eine solche Fahrweise nicht möglich. «Dieses direkte Gefühl geht mit einfach aufgebauten Antihopping-Kupplungen, die direkt auf den Innenkorb wirken, verloren», sagt Suter.
Neben Tonus, Paulin, Luppino und Paturel fahren auf WM-Niveau alle MX2 Kawasaki-Teams mit der Suterclutch. Anhand der Rückmeldungen der WM-Fahrer sind inzwischen einige Detailverbesserungen in die Serienfertigung eingeflossen. Richtig, Serienfertigung. Die Suterclutch ist für die meisten gängigen Motocross- und Enduromotorräder zum Preis von CHF 995.- direkt bei Suter Racing erhältlich. Die Umrüstung ist dank einer ausführlichen Anleitung keine Hexerei. Für einige Modelle sind Kupplungsdeckel mit Suter-Schriftzug erhältlich – um die Gegner vor dem Start zusätzlich einzuschüchtern.