MX Jahresrückblick 2022-2: Schock in Kegums
Schock in Kegums Ende April: Ausgerechnet an seinem 25. Geburtstag stürzt Thomas Kjer Olsen so schwer, dass ihn die Ärzte wegen einer akuten Kopfverletzung in ein künstliches Koma versetzen müssen. Wieder passierte eine Tragödie während eines Qualifikationsrennens, das auch in diesem Jahr sportlich kaum einen Wert hat. Qualifiziert ist, wer antritt. Und es traten auch in diesem Jahr viel zu wenige Akteure zu WM-Läufen an. Aus dem Umfeld von Olsen kommen keine guten Nachrichten, denn der Däne führt einen Kampf um Leben und Tod. «TKO» hält durch und findet langsam ins Leben zurück. Doch dieser Weg ist weit und steinig. Ob wir den Dänen künftig wieder im Wettbewerb sehen werden, bleibt weiterhin ungewiss.
In den USA gewinnt Eli Tomac vor seinem Heimpublikum in Denver/Colorado vorzeitig die US-Supercross-Meisterschaften. Eine Knieverletzung macht ihm beinahe einen Strich durch die Rechnung. Das Knie ist so stark angeschwollen, dass er am letzten Rennen in Salt Lake City nicht mehr antreten kann. Jett Lawrence und Christian Craig werden Lites-Champions an der Ost- bzw. Westküste. Dominique Thury beendet die Saison auf Gesamtrang 14, doch sein Vertrag bei Club MX wird nicht verlängert.
Ende Mai beginnen die US-Motocross-Meisterschaften. Ken Roczen ist nach seiner Pause wieder mit von der Partie und gewinnt den dritten Lauf in Thunder Valley. Sein HRC-Teamkollege Chase Sexton, der den Saisonauftakt von Pala gewonnen hatte, führt die Meisterschaft an. Mit dabei ist auch der neunfache Weltmeister Antonio Cairoli, der die Angelegenheit aber eher als eine Art Abenteuerurlaub betrachtet. Ohne Vorbereitungstraining ist in den USA kein Blumentopf zu gewinnen und so kann der Sizilianer zwar Top-10-Platzierungen einfahren, aber nicht um Siege kämpfen. Auch Ryan Dungey gibt ein viel beachtetes Comeback, doch auch er muss feststellen, dass sich die Meisterschaften weiterentwickelt haben. Für das Podium reicht es auch für ihn nicht mehr. SX-Champion Eli Tomac hadert anfangs noch mit seinem in der Supercross-Meisterschaft lädierten Knie, aber er kommt immer besser in Fahrt und siegt in High Point, Red Bud, Southwick und Spring Creek. Damit übernimmt Tomac die Tabellenführung, doch Sexton kann noch einmal kontern. Roczen ist schnell, doch er fällt über die Distanz immer wieder zurück. Inzwischen ist der Deutsche auf Tabellenrang 4 zurückgefallen und unterstützt jetzt seinen jungen Teamkollegen Sexton, der beim 9. von 12 Rennen wieder die Tabellenführung übernehmen kann. In der ersten Runde des ersten Laufs von Mechanicsville stürzt Sexton gleich zweimal und muss dem Feld als Letzter hinterherfahren. Tomac kann damit wieder die Tabellenführung übernehmen, hat aber vor den letzten beiden Rennen nur einen einzigen Punkt Vorsprung. So bleibt es bis zum Schluss. Vor dem Saisonfinale in Pala trennt Tomac und Sexton die Winzigkeit eines Pünktchens. Tomac behält die Oberhand, gewinnt das Saisonfinale von Pala mit einem Doppelsieg und ist US-Motocross-Champion 2022. Die 250er Klasse wird von Jett Lawrence dominiert. Trotz einiger teils heftiger Abflüge gewinnt der Australier souverän mit einem Vorsprung von 45 Punkten vor dem immer stärker werdenden Japaner Jo Shimoda.
2022 gab es wieder einen vollen Kalender der ADAC MX Masters. Das Format mit 3 Wertungsläufen, das sich während der Zeit der Corona-Beschränkungen etabliert hatte, wurde auch in diesem Jahr beibehalten. Max Nagl demonstriert schon beim Saisonauftakt in Dreetz im Mai, dass er es ist, den es in dieser Meisterschaft zu schlagen gilt. Nagl ist topfit und gewinnt die brutale Hitzeschlachten von Möggers, Bielstein und Tensfeld. Beim 5.Lauf in Gaildorf unterläuft ihm am Samstag ein Fehler und er fliegt heftig ab. Zum Glück bleibt der Deutsche aber unverletzt, doch gegen den gut aufgelegten Gaststarter Valentin Guillod aus der Schweiz ist unter diesen Umständen nicht mehr drin. Den 6. Lauf in Jauer gewinnt Titelverteidiger Jordi Tixier und erst beim vorletzten Rennen in Holzgerlingen kann Nagl wieder siegen und sich auch wieder gegen Guillod durchsetzen.
Der Sommer des zu Ende gehenden Jahres war heiß und trocken. Beim WM-Lauf in Riola Sardo auf Sardinien überstiegen die Temperaturen schon in den Vormittagsstunden die 30-Grad-Marke und machten den Sandkasten zu einem einzigen Brutkasten. Für Calvin Vlaanderen, der in den warmen Gefilden Südafrikas aufgewachsen ist und die letzten Jahre in den Niederlanden verbracht hat, passt an diesem Wochenende einfach alles. Er kommt mit der extremen Hitze und dem tiefen Sand bestens zurecht und holt zur allgemeinen Überraschung am Samstag seine erste Pole, am Sonntag seinen ersten MXGP-Laufsieg und dann sogar noch seinen ersten MXGP Grand-Prix-Sieg. Die Sensation ist perfekt.
Beim nächsten WM-Lauf in Spanien glänzt der amtierende MX2-Champion Maxime Renaux, der in der MXGP-Klasse prompt zum Mitfavoriten avanciert. Seine Saison endet im Qualifying im Talkessel, als er im Qualifikationsrennen heftig abfliegt und sich mehrere Wirbelbrüche zuzieht.
Zunächst aber droht das Qualifying zum 10. WM-Lauf in Ernée im Schlamm zu versinken. Vor dem Start zum MXGP-Qualifying kommt es zum Eklat, nachdem die besten MXGP-Piloten ihre Teilnahme verweigern. Henry Jacobi beteiligt sich nicht am Fahrerstreik und gewinnt das Qualifying. Der Schweizer Jeremy Seewer setzte sich im ersten Lauf mit einem gekonnten Manöver gegen Jorge Prado durch und gewinnt den Grand-Prix. Eine Woche später brilliert er erneut beim Deutschland-Grand-Prix im Talkessel und holt den zweiten Lauf, während WM-Leader Tim Gajser den Großen Preis von Deutschland gewinnt und sich in der WM immer weiter absetzt. Nach mehr als einem Jahr Verletzungspause kehrt Romain Febvre, der sich beim Supercross Paris Schien- und Wadenbein gebrochen hatte, in den Wettkampf zurück. Inzwischen hat aber Tim Gajser einen Vorsprung von mehr als 100 Punkten in der Tabelle herausgefahren. In der MX2-WM sorgt Tom Vialle für Dramatik. Beim Deutschland-Grand-Prix fällt er im zweiten Lauf mit technischem Defekt aus, so dass Jago Geerts die WM-Führung übernehmen kann. Das Duell zwischen Vialle und Geerts wird erst beim Saisonfinale zur Entscheidung kommen.
Die Reise zum nächsten Überseerennen nach Indonesien können sich nach 2 Jahren coronabedingter Durststrecke nur noch die Werksteams leisten. Nur etwa 15 Top-Athleten stehen am Startgatter. Mit einem Doppelsieg baut Tim Gajser in Asien seinen Vorsprung weiter aus. Jeremy Seewer bleibt aber trotz eines heftigen Trainingssturzes weiterhin stark und gewinnt den nächsten Grand-Prix im tschechischen Loket.
Eine Woche später sorgt Brian Bogers im tiefen Sand von Lommel für eine weitere Überraschung. Er gewinnt den Großen Preis von Flandern und erneut zeigt Calvin Vlaanderen mit zwei zweiten Plätzen seine Stärke im Sand. In Uddevalla (Schweden) holt Seewer seinen dritten Grand-Prix-Sieg der Saison und ist mittlerweile auf P2 vorgerückt. Tim Gajser führt zu diesem Zeitpunkt mit 115 Punkten Vorsprung die WM-Tabelle an. Schon beim nächsten Rennen in Finnland kann der Slowene den Sack zumachen. Trotz einer Grippe und den Rängen 6 und 7 wird Tim Gajser in Hyvinkää bei noch 2 ausstehenden Grands-Prix vorzeitig MXGP-Weltmeister des Jahres 2022.
Aber das Motocross-Jahr 2022 ist längst noch nicht zu Ende. Die MX2-WM ist nicht entschieden. Im Herbst stehen noch das Motocross der Nationen und die Pilotsaison der Supercross-WM bevor.