Stefan Bradl: «Aprilia hat mich wieder motiviert»
Stefan Bradl mit seinem Crew-Chief Diego Gubellini
Stefan Bradl (27) hat in der MotoGP-WM 2016 seine Ziele zwar nicht erreicht, er ist nur Gesamt-16. geworden und vier Plätze hinter seinem Teamkollegen Álvaro Bautista gelandet. Aber immerhin hat er Gegner wie Smith, Miller und Rabat hinter sich gelassen, also auch zwei Honda-RC213V-Piloten.
Stefan, ist das eine gewisse Genugtuung? Jack Miller hat ja vor zwei Jahren deinen HRC-Vertrag übernommen, aber abgesehen vom Assen-Sieg bisher nicht gerade viel gezeigt?
Es ist auch eine andere Zeit. Das lässt sich schwer vergleichen. Außerdem sieht es so aus, als würde Honda jetzt den jungen Fahrern wie Miller und Rabat mehr Zeit geben, weil sie gemerkt haben, dass das Level in der MotoGP extrem hoch ist und dass es nicht in ein, zwei Jahren machbar ist, dass man dort hinkommt, wo dich die Werke haben wollen. Die Hersteller, die das Motorrad hinstellen, wollen Erfolge sehen, klar.
Bei dir hat Honda in der dritten Saison 2014 unmissverständlich gesagt: «Jetzt zählen nur noch Podestplätze.» Vielleicht wird das von Miller 2017 auch erwartet?
Bisher sieht es so aus, als hätte er mehr Zeit...
Außerdem ist es für mich keine große Genugtuung, dass Miller in der WM hinter mir gelandet ist. Das ist nicht das Thema. Eher stört mich, dass Bautista 19 Punkte mehr gemacht hat als ich, das nervt mich.
Du warst bis zum Sachsenring-GP WM-Zwölfter, dann kam dort der Sturz im nassen Warm-up, du konntest am Rennen nicht teilnehmen, in Spielberg kam der nächste Nuller. Die Gegner holten auf.
Ja, in Silverstone war ich dann wieder das ganze Wochenende stärker als Bautista, aber er ist auf Platz 10 ins Ziel gekommen, ich bin mit Eugene Laverty zusammengerumpelt. Das war der dritte Nuller in vier Rennen...
Ich habe also den nächsten Ausfall gehabt, das hat mir ein bisschen einen Knick gegeben. Vorher habe ich im Regenrennen von Brünn nur zwei magere Punkte gemacht.
Ich habe in Silverstone eine gute Pace gehabt, aber im Rennen bin ich runtergefallen, das war ein Knackpunkt.
Ich habe dann zu mir gesagt: «Jetzt muss ich schauen, dass ich Punkte wettmache.» In Misano war dann Bautista besser als ich. Er ist Zehnter geworden, ich Zwölfter.
Dann habe ich ein bisschen nachgelassen. Oder er ist stärker geworden, und ich bin auf meinem Level geblieben. Ich habe natürlich geschaut, dass ich Punkte mache und mir nicht gleich einen weiteren Ausfall leiste. Das war der Wendepunkt.
Nach dem Weggang von LCR-Honda hast du bei Forward vorübergehend die Motivation verloren. Du warst von der Qualität des Teams enttäuscht, die Einheits-ECU von Magneti Marelli war eine ewige Baustelle. Du hast das Vertrauen zum Motorrad eingebüßt.
Es gab bei Forward wenige Highlights, vielleicht beim ersten Sepang-Test, dann einmal einen achten Platz beim Barcelona-GP 2015.
Als ich dann in der zweiten Saisonhälfte zum Aprilia-Werksteam gekommen bin, habe ich dort gleich eine ganz andere Teamatmosphäre vorgefunden.
Das 2015-Motorrad von Aprilia war zwar nicht das Nonplusultra, aber trotzdem habe ich sofort die Arbeitsweise schätzen gelernt, meine Boxencrew bei Aprilia war hoch motiviert. Diese Mannschaft war ja genau wie ich als Fahrer auf dem Tiefpunkt, weil sie acht Rennen lang mit Marco Melandri keinen Punkt geholt haben.
Dann bin ich für Indy im August 2015 neu ins Team gekommen, das hat auf beiden Seiten für einen frischen Wind gesorgt – beim Team und bei mir als Fahrer. Das hat dem Team extrem gut getan, denn es hat gesehen: Ah, wir haben wieder einen Fahrer, der auf dem Niveau ist wie der Teamkollege Bautista.
Du warst 2015 bei Aprilia bei acht Rennen im Qualifying sieben Mal schneller als Bautista. Und mit Platz 10 in Sepang hast du noch für ein Top-Ergebnis gesorgt.
Ja, mein Eintreffen hat bei Aprilia einen guten Schwung reingebracht, auch Bautista hat sich dann noch mehr angestrengt. Ich habe mich sofort gut unterstützt gefühlt, obwohl das Material keine Granate war.
Es war dann eine ähnliche Zeit wie bei LCR, das Verhältnis zu den Mechanikern war sehr eng und freundschaftlich.
Mein neuer Crew-Chief Diego Gubellini war sehr professionell. Die Arbeitsweise war ganz anders als in dem halben Jahr vorher bei Forward. Das hat mich dann wieder motiviert, ich fand wieder Freude am Rennfahren und an dem, was ich gemacht habe.
(Wird fortgesetzt)