Livio Suppo (HRC): «Dieser Job ist eine Droge»
Marc Márquez mit Livio Suppo
Am Montag teilte der 53-jährige Livio Suppo mit, dass er seine Stelle als Teamprinzipal bei Repsol-Honda für 2018 räumen wird, obwohl sein Vertrag noch ein weiteres Jahr läuft. 2010 kam Suppo als Director Communications and Marketing zu HRC und wurde 2013 zusätzlich zum Teamprinzipal von Repsol-Honda. Während seiner Zeit bei Honda durfte Suppo fünf MotoGP-Titel in der Fahrerwertung und sechs Konstrukteurs-Titel feiern.
«Wenn du keine Wochenenden frei hast, ist es schwierig, ein echtes Sozialleben mit Familie und Freunden zu haben. Das ist der Hauptgrund, warum ich diese schwierige Entscheidung getroffen habe», erklärte Suppo. «Im Moment brauche ich eine Veränderung. Dieser Job ist wunderbar, aber auch sehr anstrengend. Ich will meinen Geist frisch halten und an andere Dinge denken. Das brauche ich jetzt.»
Bevor Suppo vom damaligen HRC-Vizepräsident Shuhei Nakamoto zu Honda geholt wurde, war der Italiener für Ducati tätig. Was war dein größter Erfolg in deinen 22 Jahren in der MotoGP-WM? «Obwohl ich nun für Honda arbeite, muss ich sagen, dass es der Titelgewinn mit Ducati 2007 war. Das war etwas Besonderes für mich. Das MotoGP-Projekt von Ducati war meine Idee, ich pushte die Verantwortlichen im Werk, in die MotoGP-Klasse einzusteigen und dann auch, zu Bridgestone zu wechseln. Ducati ist das einzige europäische Werk, das bisher einen MotoGP-Titel gewinnen konnte. Was auch sehr schön für mich war: Als ich zuhause meine ersten Visitenkarten von HRC mit meinem Namen darauf bekommen habe. HRC war für mich immer eine Art Traum, wie für die meisten Motorrad-Fans in Europa. Ich wuchs mit HRC und ihren Fahrer auf. Als ich jünger war, hatte ich eine große Leidenschaft für Offroad. Ich erinnere mich, dass meine XR 600 einen HRC-Sticker trug, was ihr aus meiner Sicht ein paar PS mehr verlieh», lachte Suppo. «Als ich also meine erste HRC-Visitenkarte erhielt, konnte ich es kaum glauben. Das ist schwer zu erklären. Dass ich dann der erste Teamprinzipal für Repsol-Honda wurde, der nicht aus Japan kommt, was ebenfalls etwas Besonderes. Es ist gut, mit mehr guten Erinnerungen, als schlechten Erinnerungen zu gehen.»
Worin besteht der Unterschied zwischen der Arbeit für ein italienisches und ein japanisches Team? «Am Ende des Tages sind es Rennteams, der Unterschied ist nicht so groß. Die Organisation des Teams ist ähnlich, die Teammitglieder sind zum Großteil Europäer. Der größte Unterschied ist, wie die Dinge angegangen werden. Ducati war ein kleines Unternehmen, als ich zu ihnen kam. Nun sind sie Teil eines großen Konzerns. Damals wurden die Entscheidungen sehr schnell zwischen Claudio Domenicali, Filippo Presziosi und mir getroffen. Das verschaffte uns einen Vorteil gegenüber den großen Werken. Im Rennsport musst du manchmal sehr schnell Entscheidungen herbeiführen. Ich denke, das war einer der Gründe, warum Ducati damals sehr erfolgreich war, obwohl das Budget sehr klein war. Bei Honda war das etwas schwieriger. Bei HRC obliegen die Entscheidungen mehr Kuwata-san und zuvor Nakamoto-san.»
«Diese Art von Job ist eine Droge, aber ich glaube, dass ich ohne meine Familie diese Entscheidung wahrscheinlich schon viel früher getroffen hätte. Ich bin ein seltsamer Kerl und treffe alle Entscheidungen aus dem Bauch heraus. Wie die Entscheidung, Benetton oder Ducati zu verlassen. Danach wusste ich nicht, wie es weitergeht. Doch es war Zeit für eine Veränderung, also änderte ich etwas. Als mich Nakamoto-san zu HRC holen wollte, war das eine sehr schwierige Entscheidung, denn Ducati war ein Teil meines Lebens. Doch es war nach elf Jahren die richtige Zeit für einen Wechsel. Nun war ich acht Jahre bei HRC. Nakamoto-san sagte mir damals: ‹Wir müssen HRC aufwecken.› Zwischen dem Zeitpunkt, als Rossi Honda verließ, bis 2010 gewann HRC nur mit Nicky Hayden 2006 den Titel. Ich denke, wir haben einen guten Job gemacht, denn von 2010 bis jetzt haben wir fünf Titel in der Fahrerwertung und sechs als Konstrukteur gewonnen. Darauf bin ich sehr stolz. Meine Batterien sind nun aber leer, ich muss sie wieder aufladen.»