Hiroshi Aoyama: «Marc Márquez macht den Unterschied»
Hiroshi Aoyama und Marc Márquez
Honda ist in der MotoGP-Klasse auf dem besten Weg zur «Triple Crown»: Marc Márquez kürte sich bereits in Motegi zum Weltmeister – es ist sein fünfter Titel in sechs Jahren. Honda ist ein Rennen vor Schluss der Titel in der Konstrukteurs-WM schon sicher und das Repsol Honda Team hat außerdem einen komfortablen Vorsprung in der Team-Wertung.
Hiroshi Aoyama war 2009 auf Honda der letzte 250-ccm-Weltmeister der Geschichte. Als Testfahrer ist er weiter Teil des Honda Teams und konnte die Saison von Márquez und Pedrosa aus nächster Nähe verfolgen. Im ausführlichen Interview gewährt er Einblicke und schildert seine Sicht der Dinge.
Was denkst du über das Rennen von Marc Márquez in Malaysia?
Marc hatte beim letzten GP einen guten Start und Runde für Runde konnte er Positionen gut machen und eine großartige Pace fahren, dadurch konnte er Valentino [Rossi] folgen. Schritt für Schritt hat er Zehntel aufgeholt und wir konnten sehen, dass er am Limit war, aber ich bin mir sicher, Rossi war es auch. Er hat gut Druck ausgeübt, bis Rossi am Ende einen Fehler gemacht hat und so konnte er gewinnen. Beide haben alles gegeben, aber Marc hatte etwas mehr, deshalb hat er das Rennen gewonnen. Man konnte sehen, dass er hart gearbeitet hat.
In dieser Saison ist Marc in manchen Trainings gestürzt und er hat eine Menge Stürze durch «Saves» verhindern können. Wie kannst du erklären, dass er neun von siebzehn Rennen gewonnen hat?
Marc ist die Saison über viel Risiko eingegangen und hat es oft geschafft, einen Sturz zu verhindern. Wir haben ihn aber auch oft am Boden gesehen. Er war trotzdem das ganze Jahr über sehr schnell, das zeigt, wie tapfer er ist. Es ist unglaublich zu sehen, dass er, obwohl er die WM schon gewonnen hat, nie aufhört, 100 Prozent zu geben.
Hattest du die Gelegenheit, ihm vom Rande der Strecke aus zuzusehen? Welche Geheimnisse kannst du verraten? Was hast du gesehen?
Ich habe viel Zeit damit verbracht, Marc auf der Strecke zu beobachten. Wenn du ihn auf einem MotoGP-Motorrad siehst, ist es, als wäre er auf einem Dirt Track. Er ist immer am Sliden und versucht, das Bike zu kontrollieren. Viele Fahrer nehmen die Elektronik zur Hilfe, aber Marc dominiert das Motorrad mit dem Gas. Es ist schwieriger, das auf Asphalt zu machen, weil du schneller unterwegs bist und das Bike damit härter zu kontrollieren ist. Was er macht ist unglaublich.
Wir haben viele Hersteller auf dem Podium gesehen, aber Honda holte sich den Konstrukteurs-Titel. Was glaubst du, war der Schlüssel zum Erfolg?
Es war ein enger Kampf, ich bin sehr glücklich für Honda, da ich als Testfahrer für Repsol Honda auch Teil dieser Familie bin. Es ist klar, dass Marc Hondas Stärke ist, er ist der, der den Unterschied macht und einen weiteren Titel gewinnen konnte. Das Motorrad hat sich stark verbessert im letzten Jahr, es gab keine großen Probleme oder Ausfälle. Das Paket aus Márquez und Honda war der Schlüssel in dieser Saison, beide waren sehr stark.
Dani Pedrosa war in Valencia sieben Mal siegreich, davon vier Mal in der MotoGP-Klasse. Was dürfen wir uns von ihm erwarten?
Ich kenne Dani seit vielen Jahren und wenn man sich die Ergebnisse aus den vergangenen Jahren anschaut, könnte man sagen, Valencia gehört zu seinen Lieblingsstrecken. Auf der anderen Seite, das ist ein Rennen, wo er sehr großen Druck von den Sponsoren hat.
Für mich hatte es Dani schwerer, ein MotoGP-Motorrad zu fahren, mit seiner Größe und seinem Gewicht. Ich bin, wie er, auch kein wirklich großer Fahrer uns ich kenne die Schwierigkeiten, die sich daraus auf so einem Bike ergeben. Er hat ein großes Talent und ist immer noch gut genug, um zu gewinnen. Es wird sein letztes Rennen sein, also hoffe ich, dass er sein Bestes geben kann, um zu versuchen, zu gewinnen oder wenigstens ein Ergebnis einzufahren, mit dem er seine Karriere glücklich beenden kann.
Du warst mit ihm im 250er-Team und du kennst ihn auch abseits der Strecke gut. Was kannst du uns über ihn sagen?
Es ist nicht einfach, drei WM-Titel zu gewinnen, wie es Dani gemacht hat, auch wenn ich ihn gerne mit einem MotoGP-Titel gesehen hätten. Er hatte eine großartige Karriere, ich habe keinen so lange im Repsol Honda Team gesehen, das ist für ihn sicherlich unvergesslich. Ich erinnere mich, dass er mir, als ich sein Teamkollege war, erzählt hat, dass er als Kind das Repsol Honda Team gemocht hat, mit Doohan und Crivillé, deren Titelkampf er verfolgt hat. Sein Traum war es, in diesem Team zu sein und er hat es geschafft. Er hat auch viele Rennen gewonnen und um Titel gekämpft.
Du kennst Alberto Puig gut. Was glaubst du, welche Vorteile bringt es mit sich, einen ehemaligen Fahrer als Team Manager zu haben?
Vor zehn Jahren hätte keiner geglaubt, dass Alberto Puig Team Manager von Repsol Honda werden könnte. Aber er hat sehr viel Erfahrung als Fahrer und als Coach und Manager. Dadurch kann er Dinge aus verschiedenen Blickwinkeln sehen, was sehr wichtig ist, wenn man an der Spitze eines so großen Teams steht. Alberto passt perfekt in die Position, da sowohl die Fahrer also auch das Team ihn respektieren.
Du warst der letzte 250er-Weltmeister. Welche Erinnerungen hast du aus dieser Zeit?
Ich erinnere mich an viele Dinge, aber vor allem an das letzte Rennen, als ich mit Marco Simoncelli um den Titel gekämpft habe. Ich hatte das vorletzte Rennen in Sepang gewonnen und in Valencia musste ich nur in den Top-11 landen, um Weltmeister zu werden. Du weißt nie, was in einem Rennen passieren kann und es war kein einfacher Grand Prix. Ich ging in der ersten Kurve weit, weil ich fast auf einen anderen Fahrer auffuhr, und konnte stehen bleiben. Ich beendete das Rennen auf Rang 7 und gewann den Titel. Das war ein sehr hartes und langes Rennen, ich werde diesen Tag nie vergessen.
Valencia ist das letzte Rennen der Saison, was ist an diesem Grand Prix so besonders?
Valencia ist immer ein sehr besonderes Rennen, weil es das letzte der Saison ist und alle Fahrer das bestmögliche Ergebnis einfahren wollen. Es ist normalerweise ein sehr interessanter Grand Prix. Wir werden sehen, was dieses Jahr passiert, etwas gibt es immer. Ich hoffe, dass einer der Repsol-Honda-Fahrer das Rennen gewinnen kann.