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Hervé Poncharal (Tech3): Warum von Yamaha zu KTM?

Von Günther Wiesinger
Das Tech3-Team wechselt von Yamaha zu KTM. Teambesitzer Hervé Poncharal spricht erstmals offen über seine Beweggründe.

20 Jahre dauerte die Zusammenarbeit zwischen dem Tech3-Team und Yamaha in der Motorrad-Weltmeisterschaft an. Teambesitzer Hervé Poncharal gab nie einen konkreten Grund für die Trennung und den Wechsel zu KTM bekannt. Aber der Bruch zeichnete sich bereits im Sommer 2017 ab, als seine MotoGP-Rookies Johann Zarco und Jonas Folger das Movistar-Werksteam regelmäßig in den Schatten stellten.

Yamaha Factory Racing verstärkte trotzdem die Zusammenarbeit mit Tech3-Yamaha nicht, es gab keine neuen Entwicklungsteile, keinen Werksvertrag für Zarco für 2018 und keine Aussicht für den Franzosen, in absehbarer Zeit statt Rossi oder Viñales ins Yamaha-Werksteam aufrücken zu können.

Unglaublich: Suzuki, KTM, Pramac-Ducati und Repsol-Honda zeigten Interesse an Zarco, Yamaha nicht.

Vielleicht war aus diesem Grund das Tech3-Team nicht die erste Adresse für Zarco gewesen. Er hatte im Winter 2015/2016 bereits einen Vorvertrag bei Suzuki Ecstar unterschrieben; es wurde ein MotoGP-Test in Motegi vereinbart und durchgeführt, sogar die Teilnahme am Suzuka Eight Hour Race 2016 war Bestandteil des Vertrags.

Aber schließlich trat Suzuki von diesem Vorvertrag zurück, die Japaner gaben bei der Suche nach einem neuen Marc Márquez dem fünf Jahre jüngeren Alex Rins den Vorzug.

Dabei hatte Johann Zarco in der Moto2-WM alle Rekorde gebrochen: 15 Siege in den Jahren 2015 und 2016, zwei Titelgewinne. Der Franzose gewann als erster Fahrer zweimal die Moto2-WM. Rins hatte den Moto2-Titel 2016 genauso verspielt wie jenen in der Moto3 gegen Alex Márquez.

Zu diesem Zeitpunkt hatte Honda längst ein enges Bündnis mit LCR-Team von Lucio Cecchinello geschlossen und 2017 dann mit Crutchlow zwei MotoGP-Siege gefeiert. HRC hatte im LCR-Team schon Stefan Bradl und Jack Miller tatkräftig unterstützt – mit Geld und Werksmaterial.

Ducati Corse arbeitet seit 2005 mit dem Pramac-Team zusammen und hat die Bande nach der Ankunft von General Manager Gigi Dall’Igna (er kam im Oktober 2013 von Aprilia) immer enger geknüpft. Das Ergebnis: Nach Iannone wurde jetzt auch Petrucci bei Pramac für das Werksteam aufgebaut, Bagnaia ist der nächste Kandidat.

Nur Yamaha weigerte sich, das Tech3-Team enger ans Werk zu binden. Johann Zarco war der Ansicht, Valentino Rossi habe sein Macht und seinen Einfluss genutzt, um den Franzosen von aktuellen Werksmaschinen fernzuhalten.

Er galt wohl nach der Saison 2017 als zu starke Bedrohung.

Dabei hatte das Yamaha-Werk Pol Espargaró nach dessen Moto2-Titelgewinn für 2014 und die zwei Jahre danach sehr wohl mit einem Werksvertrag ausgestattet. Damit wurde auch dessen Gage aus Japan bezahlt, er stand deshalb auch für den Acht-Stunden-WM-Lauf in Suzuki für das Werksteam auf der neuen R1 zur Verfügung – und siegte.

Kurz gesagt: Hervé Poncharal war in der Saison 2017 enttäuscht von Yamaha. Gleichzeitig demonstrierte Red Bull-KTM in diesem Jahr ein vielversprechendes Debüt in der Königsklasse. Es gab ein 30-Millionen-Euro-Budget, schlagkräftige Techniker, kurze Entscheidungswege, die ehemaligen Tech3-Fahrer Pol Espargaró und Bradley Smith waren schon dort, an Johann Zarco bestand sehr, sehr großes Interesse, auch in der Moto2-Klasse machte einen Zusammenarbeit Sinn.

Deshalb fielen die Avancen von Pit Beirer und Mike Leitner bei den Tech3-Gründern Poncharal und Guy Coulon auf fruchtbaren Boden.

Poncharal sagte bereits im Dezember 2017 zu SPEEDWEEK.com: «Wenn sich keine Einigung mit Yamaha abzeichnet, wird KTM mein bevorzugter Gesprächspartner sein.»

Tech3-Yamaha hat für die MotoGP-Saison 2019 den Portuguiesen Miguel Oliveira und den Malaysier Hafizh Syahrin engagiert.

Poncharal erwähnte nach seiner Trennung etliche Yamaha-Manager, die er in angenehmer Erinnerung behalten wird. Zum Beispiel Iio und Nagashima. Die aktuellen Yamaha-Manager Tsuji und Tsuya erwähnte er mit keiner Silbe. Das sind jene beiden Helden, die sich 2018 bei den Werkspiloten in aller Öffentlichkeit für die nicht konkurrenzfähigen Motorräder entschuldigten. Eine noch nie dagewesene Peinlichkeit.

Hervé, du warst enttäuscht, weil du für Johann Zarco keine 2018-Werksmaschine bekommen hast, obwohl er 2017 als Rookie die WM als Sechster beendet und das Werksteam mit Rossi und Viñales manchmal vorgeführt und gedemütigt hat?

Nein, ich war nicht enttäuscht. Und zwar deshalb, weil ich das System kannte.

Es spielt keine Rolle, ob Honda echte Werksmaschinen an Crutchlow herausrückte und Ducati Petrucci mit einem Werksvertrag ausstattet – es war sinnlos, mit Yamaha wegen eines ähnlichen Konzepts zu sprechen.

Es war nicht Bestandteil ihres Plans und es entsprach nicht der Methode, wie sie sich ihre MotoGP-Kundenteam-Beteiligung vorstellten.

Aber Pläne und Methoden können geändert werden.

Ja, jetzt haben sie ihr System geändert. Denn Morbidelli bekommt im neuen Kundenteam eine 2019-Werksmaschine.

Vielleicht haben sie das System geändert, weil ich weggegangen bin. Ich weiß es nicht. Ehrlich nicht.

Eine gewisse Enttäuschung ist dir anzusehen. Zarco war zweimal WM-Sechster und bester Fahrer in einem Kundenteam, er hat sechs Podestplätze erzielt und einmal den Sieg um 0,2 sec und einmal um 0,3 sec verspielt. So einen Könner lässt man doch nicht zur Konkurrenz gehen, zumal Movistar als Sponsor aussteigt und künftig nicht unbedingt ein Spanier im Yamaha-Werksteam gebraucht wird.

Ich will aus der Yamaha-Zeit nur die besten Phasen und das Positive in Erinnerung behalten. Denn am Ende des Tages habe ich entschieden, wegzugehen.

Es war meine Entscheidung.

Ich habe Yamaha nicht verlassen, weil ich nicht happy war. Ich habe Yamaha verlassen, weil sich für mich eine aufregendere Gelegenheit offenbart hat.

Du hast bereits 2017 regelmäßig anerkennende Worte über KTM und Red Bull gefunden. Du hast in deiner Funktion als IRTA-Präsident Red Bull-Chef Dietrich Mateschitz im Januar 2016 beim Skirennen in Kitzbühel mit der Trophäe für den besten Grand Prix 2016 (Spielberg) ausgezeichnet.

Ja, richtig.

Ich habe dir auch über meine positiven Eindrücke mit Yamaha-Manager Iio vor der Saison 1999 erzählt.

Ich hatte von Anfang an dasselbe gute Gefühl mit Pit Beirer.

Nachdem ich ihn zum erstem Mal getroffen hatte, sagte ich: Ich will mit diesem Burschen zusammenarbeiten. Ich mag ihn.

Wann gab es das erste Gespräch mit KTM?

Unser erstes Treffen hat im August 2017 in Silverstone stattgefunden. Wir haben uns noch im Dezember 2017 geeinigt.

Ich weiß nicht, wann Johann Zarco genau unterschrieben hat. Ich war da nicht eingeweiht.

Ich bin im Dezember 2017 erstmals zu KTM Factory Racing in Munderfing gefahren. Ich war erstmals im Office von Pit. Da haben wir alles klargemacht.

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