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Flügel-Skandal: Wird die WM jetzt zur Farce?

Von Günther Wiesinger
Der umstrittene Flügel an der GP19

Der umstrittene Flügel an der GP19

Die FIM-Richter haben den Protest von Honda, Suzuki, KTM und Aprilia gegen den Ducati-Spoiler abgeschmettert. Aber der Skandal geht jetzt erst richtig los.

Jetzt steckt der Karren mit dem Flügelsalat tief im Dreck. Das Klima zwischen Ducati und den restlichen MotoGP-Werken ist vergiftet. Der gesunde Menschenverstand ist ad absurdum geführt worden. Denn dass der vor dem Hinterrad der Ducati GP19 angebrachte Spoiler einen verbotenen aerodynamischen Effekt erzeugt, greift ein Blinder mit dem Stock. Dass der Flügel den Hinterreifen kühlen soll, betrachten die Ingenieure von Honda, Suzuki, KTM und Aprilia als billige Ausrede.

Es geht ja nicht nur um diesen umstrittenen Spoiler, der laut Reglement keine Downforce zur Fahrbahnoberfläche erzeugen darf.

Aber was bewirkt ein Flügel, dessen Schaufel mit drei Finnen mitten im Luftstrom unterhalb der Schwinge befestigt ist? Und warum wurde so ein Flügel nie bei wirklich heißen Rennen wie in Sepang (55 Grad Asphalttemperatur) für die Kühlung des Hinterreifens verwendet, aber dafür in Katar, wo bei Flutlicht im Rennen kaum 18 Grad Asphalttemperatur herrschten?

Ja, der Fall dreht sich nicht nur um diesen Spoiler. Er hat einfach das berühmte Fass zum Überlaufen gebracht.

Denn Gigi Dall’Igna, genialer General Manager von Ducati Corse, hat sich bei seinen Kontrahenten seit seinem Amtsantritt im Oktober 2013 schon mehrmals unbeliebt gemacht. So ließ er das Ducati-Werksteam 2014 und 2015 unter dem Open-Class-Regime antreten, das eigentlich den armen Privatteams ein paar begehrenswerte Privilegien einräumte, um gegen die Werksteams konkurrenzfähiger zu sein.

Ducati bekam auf diese Weise als Open-Class-Team 12 statt 5 Motoren pro Fahrer und Saison, weichere Hinterreifen (hilfreich fürs Qualifying und oft für die ersten Rennrunden), keine Beschränkungen bei den Testtagen, die Motorenentwicklung war ab dem ersten Grand Prix nicht eingefroren, dazu gab es vier Liter mehr Sprit im Rennen.

Ducati profitierte also zum Leidwesen der anderen Werke unter dem Deckmantel der Open-Class, entwickelte und kämpfte sich wieder an die Siegerteams heran, indem dieses Schlupfloch im Gesetz schamlos ausgenutzt wurde. Es war nicht im Geiste des Gesetzes, dass es Ducati auf sich anwandte.

Es war auch nicht im Geiste der strengen, neuen «aerodynamic guideline», dass plötzlich ein neuer Flügel vor dem Hinterrad zum Vorschein kommt. Nach dem Reglement vom Dezember 2018 wäre er laut KTM-Teamchef Mike Leitner illegal gewesen.

Aber auf Drängen von Ducati wurde ein neuer Zusatz ins Reglement geschrieben, genau acht Tage vor dem ersten Rennen. Plötzlich war so ein Flügel erlaubt, wenn er den Reifen kühlt, nicht breiter als die Schwinge ist und keine aerodynamische Auswirkung erzeugt.

Jetzt behaupten jedoch alle Aerodynamiker mit Ausnahme jener von Ducati, dass dieser Spoiler Downforce erzeugt, auch Experten wie der ehemalige Ferrari-Ingenieur Filippo Petrucci und der aktuelle Alfa-Romeo Designer Ali Rowland-Rouse.

Aber Danny Aldridge, der MotoGP Technical Director, hatte den Spoiler bei der Technischen Abnahme in Doha für legal erklärt. Und die überforderten FIM-Richter wollten ihm offenbar nicht in den Rücken fallen.

Jetzt kommen wir zu weiteren Ungereimtheiten im Reglement: Es darf nur nach einem Rennen protestiert werden. Und so ein Vergehen kann nur mit dem Ausschluss aus dem Rennen geahndet werden. Was mir noch missfällt: Plötzlich entscheiden drei technisch völlig ahnungslose FIM-Richter über so ein kompliziertes Delikt und über so ein umstrittenes «device».

Das ist so ähnlich, als würde eine Gruppe von Eunuchen über gewisse Vor- und Nachteile des Beischlafs fachsimpeln.

Mike Leitner klipp und klar: «Einen Reifen kann man mit einem Luftschacht besser kühlen.»

Yamaha hat sich aus dem Protest herausgehalten, weil sie so einen ähnlichen Flügel in Valencia montiert hatten, aber nur im Regen als Wasserabweiser.

Trotzdem müssen sich die Protestführer jetzt fragen lassen: Warum wurde nicht in Valencia protestiert? Nach dem etwaigen Verlust des 13. Platzes von Rossi wäre die WM nicht so verzerrt worden wie jetzt, wenn Dovizioso seinen Sieg und Petrucci seinen sechsten Platz verloren hätten.

Wie geht es weiter? Honda, Yamaha, KTM und Ducati können das Verfahren in die letzte Instanz zum Internationalen Sportgerichtshof CAS in Lausanne weiterziehen. Dort wird dann vielleicht im Mai entschieden. Bis dahin ist das Ergebnis von Katar inoffiziell. Aprilia denkt darüber nach, in Texas bereits mit einem ähnlichen Flügel anzutreten. Die Situation droht zu eskalieren. Denn bis zum möglichen CAS-Urteil droht die WM eine Farce zu werden.

Drei fromme Wünsche:

1. Dorna, FIM und Hersteller sollen endlich Profis bezahlen, die ein kugelsicheres Reglement verfassen.

2. Wenn bei den Teams und Werken lauter hochbezahlte Spezialisten am Werk sind, muss auch der Weltverband FIM endlich einmal im 70. Jahr Bestandsjahr seine Dilettanten in Pension schicken.

3. Gigi Dall’Igna soll sich nach drei Jahren nicht weiter wie ein beleidigtes, trotziges Kind benehmen, weil ihm die Mitbewerber sein Lieblingsspielzeug (Winglets) wegnehmen wollen.

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