Valentino Rossi (Yamaha): «Der Rückstand ist zu groß»
Da zeichnet sich der erste Ausritt ab: Rossi und Mir kollidieren beim Kampf um Platz 16
43 Punkte Rückstand nach sechs Rennen. Valentino Rossi kann sich alle Titelträume aus dem Kopf schlagen, er wird auch zehn Jahre nach seinem letzten MotoGP-WM-Titelgewinn keine Weltmeisterschaft gewinnen. Und in vier Wochen werden zwei Jahre vergangen sein, seit er bei der Dutch-TT in Assen zum letzten Mal gewonnen hat.
2016 gab bei Rossi der Motor in Mugello den Geist auf, angeblich lag es damals an der Ölversorgung oder der Überdrehzahl beim Abheben an der Vollgaskuppe auf der Zielgeraden. War der Motorschaden damals schwerer zu verkraften als der Sturz diesmal am Sonntag?
Rossi: «Diesmal habe ich ein ganz anderes Feeling gehabt. Aber ich würde nicht sagen, dass ich diesmal enttäuschter bin als 2016. Denn damals bin ich von der Pole-Position weggefahren. Und ich war im Rennen sehr stark, ich hätte gewinnen können. Leider ist der Motor explodiert. Damals war ich wirklich verzweifelt. Aber ich war auch optimistisch für die Zukunft, weil ich schnell war. Jetzt fühle ich Verzweiflung, aber ich spüre viel mehr Traurigkeit, weil ich langsam bin. Und diese Traurigkeit überwiegt.»
«Wenn wir 2019 unter unserer mangelnden Konkurrenzfähigkeit leiden, geht das schon am Beginn los. Ich bin in Mugello nicht fantastisch gestartet, alle anderen Bikes haben mich überholt, auch die anderen Yamaha haben vor der ersten Kurve schon sechs oder sieben Plätze verloren. Bei Yamaha leiden wir stark beim Beschleunigen von einer Kurve zur nächsten. Es fehlt nicht nur am Top-Speed, sondern auch an der Beschleunigung. Der Abstand zur Konkurrenz ist ziemlich groß.»
Rossi sagte im Winter, in den letzten Jahren sei Yamaha oift gut in die Saison gestartet, dann sei ein Stillstand eingetreten, die Gegner Ducati und Honda hätten einfach geschickter weiterentwickelt. Ist so eine Situation auch 2019 zu befürchten?
«Das ist 2016, passiert, 2017 wieder, auch 2018 war es nicht anders», seufzt Rossi. «Und auch jetzt stecken wir in diesem Dilemma, denn unsere Gegner bringen dauernd viele neue Teile an die Rennstrecke, und sie brauchen immer einige Rennen, um das neue Material anzupassen und zu erproben. Normal sind wir im Frühjahr stärker als die Konkurrenten, weil wir nicht so viel neues Zeug zu probieren haben. Wir haben also aus diesem Vorteil am Saisonbeginn oft Kapital geschlagen, als die anderen noch nicht bereit waren. Aber sobald die Gegner ihre Probleme gelöst hatten, wurde es für uns mühseliger.»
In der ersten Saisonhälfte 2016 war die Yamaha vielleicht das beste Bike im Feld», meint Rossi. «Mit Bridgestone habe ich 2015 gegen Lorenzo um die Weltmeisterschaft gekämpft. Wir haben damals beide mehr als 320 Punkte gesammelt. Also hat der Hersteller ca. 650 Punkte eingeheimst. das ist eine unglaubliche Anzahl. Aber von da an, ab der zweiten Saisonhälfte 2016, haben die anderen Werke starke Fortschritte erzielt. Das bekamen wir zu Beginn 2017 zu spüren, in der zweiten Hälfte 2017, und dazu im halben Jahr 2018. Und es sieht so aus, als hätten wir jetzt Verspätung. Wenn man sich die Performance von 2016 bis heute ansieht, ist alles sehr ähnliche geblieben, auch von den Rundenzeiten her. Das ist einer Meinung nach unser Problem.»
Welche Erwartungen hat Rossi jetzt für den Catalunya? «Ich liebe Catalunya, aber auch Mugello und Le Mans», lachte Valentino. «Auch Assen bevorzuge ist. Wir haben also im Mai und Juni lauter GP-Pisten die mir behagen. Was können wir tun? Konzentriert bleiben. Wir sollten in der Trainings weniger Fehler machen, aber momentan probieren wir zu viele Dinge aus, denn wir sind das Werksteam, wir sollten das Motorrad schlagkräftiger machen. Wir müssen fokussiert bleiben. Aber ich rechne damit, dass das Podest auch in Barcelona für uns schwierig sein wird. bei Yamaha wird gearbeitet, aber wir bekommen keine Information. Und beim Speed des Motors wird sich nichts ändern lassen, weil die Motorentwicklung ab dem Saisonstart eingefroren ist. Wir können also diese Situation nicht beeinflussen. Wir müssen damit leben.»
Rossi sagte immer, er bleibe auch mit 40 Jahren noch Rennfahrer, weil ihm dieser Beruf Spaß mache und weil er immer noch um Podestplätze kämpfen kann und um Siege. Aber dieses Ziel liegt momentan außer Reichweite. Muss man sich Sorgen machen? Hört Rossi vielleicht vor Vertragsende 2020 auf?
«Man darf nicht vergessen, dass der MotoGP-Lauf in Austin erst sechs Wochen vorbei ist, ich war damals sehr nahe dran. Wir haben gewonnen, ich war sehr happy. Klar, jetzt ist die Situation nicht sehr erfreulich. Aber wir müssen das Beste daraus machen. Wir dürfen nicht aufgeben. Wir können konzentriert bleiben und das Maximum herausholen. Die Antwort muss lauten: ‚No worries.‘»
Bei dieser Aussage kann sich Valentino ein Lachen nicht verkneifen.
Es sind Durchhalteparolen, die er momentan genüsslich von sich gibt.
Das Mugello-Ergebnis:
1. Petrucci. 2. Márquez. 3. Dovizioso. 4. Rins. 5. Nakagami. 6. Viñales. 7. Pirro. 8. Crutchlow. 9. Pol Espargaró. 10. Quartararo. 11. Aleix Espargaró. 12. Mir. 13. Lorenzo. 14. Abraham. 15. Iannone. 16. Oliveira. 17. Zarco.
Der WM-Stand nach 6 von 19 Rennen:
1. Márquez 115. 2. Dovizioso 103. 3. Rins 88. 4. Petrucci 82. 5. Rossi 72. 6. Miller 42. 7. Crutchlow 42. 8. Viñales 40. 9. Nakagami 40. 10. Pol Espargaró 38.