Valentino Rossi: Wie sich sein Leben 1997 veränderte
«Es ist eine unglaubliche Zahl: Wenn man zu zählen anfängt, dann ist 1 bis 400 eine Menge», schmunzelte Valentino Rossi, der in Australien sein 400. Rennen bestritt. Davon hat er 115 gewonnen und 354 in den Punkterängen beendet. «Eine sehr, sehr lange Reise. Ich bin sehr stolz auf meine Karriere, ich genieße es. Es ist der große Abschnitt in meinem Leben, seit ich zehn oder zwölf Jahre alt war.»
2019 bestreitet der neunfache Weltmeister seine 24. Saison in der Motorrad-WM, die 20. in der Königsklasse. Der «Dottore» ist übrigens der einzige Fahrer, der sowohl auf einem 500 ccm Zweitakt-Bike als auch auf den Viertaktmaschinen mit 990, 800 und 1000 ccm siegreich war.
Das Leben im Fahrerlager habe sich seit seiner Rookie-Saison 1996 stark verändert, erzählte der inzwischen 40-Jährige im Interview mit MotoGP-Reporter Matt Birt: «Für mich leider zum Schlechteren. Zu Beginn habe ich es genossen, im Paddock zu sein. Ich hatte viele Freunde und alles war einfacher, man hatte mehr Freiheit. Wir fuhren Wheelies mit getunten Mopeds... Es war wie ein zweites Zuhause. In den letzten Jahren wurde alles schwieriger – für die Fans besser, weil sie viel Spaß haben, aber für mich ist das Paddock-Leben vorbei. Schon vom Motorhome zur Box zu kommen, ist eine Arbeit. Jetzt spielt sich mein Paddock-Leben drinnen ab, im Motorhome und in der Box.»
Zum großen Medieninteresse kamen in der jüngsten Vergangenheit die vielen Social-Media-Kanäle. «Früher war das Motorradfahren die Hauptsache, danach hatte man ein bisschen Zeit für die Interviews. Jetzt sieht es so aus, als wäre es das Gegenteil. Den Großteil des Tages widmet man den sozialen Netzwerken und den Interviews – und am Ende fährt man Motorrad», lachte der Yamaha-Star. «So ist es. Ich glaube aber, dass dies eine Veränderung ist, die sich auch im Alltag bemerkbar macht. Dieses Ausgesetztsein hat unser aller Leben verändert – man ist immer live. Früher war es ganz anders. Das hat aber auch sein Gutes. Wenn du ein MotoGP-Fan bist, dann kannst du heute das ganze Geschehen schon vom Donnerstagnachmittag an verfolgen. In den 1990er-Jahren hat man vielleicht das Rennen gesehen – wenn man Glück hatte. Für die Fans ist das gut. Man zahlt einen Preis dafür, aber das ist heute besser.»
Auch abseits der Rennstrecke hat die Popularität nicht nur Vorteile. «Du musst ein anderes Leben führen, so einfach ist es», hielt Vale fest. «Meine Bekanntheit stieg vor allem in Italien schon 1997 stark an. Ich war noch sehr jung und bin im zweiten Jahr Weltmeister geworden. Ich war eine große Überraschung für alle – in Italien hat es eingeschlagen wie eine Bombe. Zu Beginn war es schwierig zu akzeptieren, dass dein Leben sich verändert hat. Es stimmt aber, dass man generell viele Vorteile genießt. Wenn du in ein Geschäft gehst, musst du zum Beispiel nicht warten – oder sie sperren den Laden für dich ganz zu. Aber manchmal kannst du kein normales Leben führen.»
«In den ersten vier oder fünf Jahren habe ich manchmal darunter gelitten. Es war nicht einfach, wenn du zum Beispiel ins Kino wolltest. Ich war auch sehr jung, da treibst du dich herum... und alle Leute halten dich auf. Aber dann habe ich mich schön langsam daran gewöhnt. Ich habe versucht, trotzdem ein normales Leben zu führen – auch wenn es nicht normal ist», ergänzte Rossi schmunzelnd. «Da tut es gut, in Tavullia zu sein. Ich will nicht sagen, dass es dort ganz normal ist, aber in der Gegend stören mich die Leute nicht weiter, weil sie es gewohnt sind, mich zu sehen. Ich kann also ins Restaurant gehen. Aber 20 km weiter ist es schon anders.»
Die Unterstützung seiner «Tifosi», die die Farbe Gelb auf den Rennstrecken der Welt zum dominierenden Farbton machen, möchte der italienische Routinier aber auf keinen Fall missen. «Ich bin sehr glücklich und sehr stolz darüber», betonte er. «Wenn du gewinnst, ist es einfach, den Großteil der Fans auf deiner Seite zu haben. Während meiner Karriere habe ich etwas gemacht, was den Leuten, vor allem meinen Fans, im Herzen geblieben ist. Wenn ich zum Beispiel von Honda auf Yamaha gewechselt habe oder wenn ich von Ducati zu Yamaha zurückgekehrt bin und wieder anfing, konkurrenzfähig zu sein. Oder das schlimme Ende 2015, als ich die Weltmeisterschaft verloren habe. Meine Fans haben diese Dinge nicht vergessen. Und auch wenn es für mich jetzt leider schwieriger ist, zu gewinnen oder konkurrenzfähig zu sein, habe ich das ganze Jahre über großartige Unterstützung. Es ist, als ob ich auf einem anderen Level fahren würde – mehr als das Jetzt ist wichtig, was in diesen 400 Grand Prix passiert ist.»