Rivola zum Fall Iannone: «Haaranalyse lügt nicht»
Andrea Iannone: Seine MotoGP-Zukunft ist ungewiss
Die brandneue RS-GP gab bei den Testfahrten in Sepang das lang ersehnte Debüt auf der Rennstrecke, aber Aprilia trat nicht in Bestbesetzung an: Stammfahrer Aleix Espargaró wurde von Bradley Smith und MotoGP-Neuling Lorenzo Savadori unterstützt, während die Zukunft von Andrea Iannone weiter unsicher ist.
Nach der positiven Urinprobe, die Iannone nach dem Sepang-GP im November 2019 abgegeben hatte, ist der 30-jährige Italiener seit dem 17. Dezember vom Motorrad-Weltverband FIM suspendiert. Nach der Anhörung vor dem «International Disciplinary Court» (CDI) im FIM-Hauptquartier in Mies am 4. Februar steht ein Urteil noch aus.
Wirkte sich das Fehlen von Iannone für Aprilia negativ aus? «Natürlich, auch wenn wir dazu sagen müssen, dass wir nur zwei neue Motorräder in Sepang hatten», gab Massimo Rivola zu. «Wir hatten nicht die Wahl, mehrere Motorräder nach Sepang zu bringen, weil es wirklich sehr, sehr knapp war – knapper, als ihr es euch vorstellen könnt. Wir hätten also in jedem Fall kein dichtes Programm mit vier Motorrädern abspulen können. Aber das ist das, was wir haben – und wir mussten versuchen das Beste herauszuholen.»
«Dazu kommt, dass wir nicht sicher sind, was mit Andrea passieren wird. Wir dachten: ‚Okay, Bradley kennt die Aprilia, er wird sich schnell an das Bike anpassen.‘ Und wir haben Lorenzo Savadori aufgeboten, falls wir einen Testfahrer brauchen. Denn wenn wir zum Beispiel ein Jahr auf Andrea verzichten müssen, dann hätten wir keinen Testfahrer», gab der Aprilia-Rennchef zu bedenken. «Wir haben nicht wirklich die Möglichkeit, das Bike so weiterzuentwickeln, wie es die anderen tun, weil sie für jeden Fahrer zwei Motorräder haben. Wir sind etwas in Verzug mit dem Programm, aber wir wussten es. Als wir im Mai des Vorjahres gesagt haben, wir verändern den Motor, das Aero-Paket, das Chassis, die Elektronik… Es ist schon viel, dass wir mit zwei Bikes in dieser Konfiguration in Sepang waren», fügte Rivola mit einem Schmunzeln an.
Während Aprilia auf ein Urteil im Fall Iannone wartet, steht mit Smith (29) bereits ein Ersatzmann in den eigenen Reihen bereit – dann wäre aber die Rolle des Testfahrers unbesetzt. «Es hängt davon ab, was mit Andrea passiert. Wenn es um ein oder zwei Rennen geht, machen wir nur mit Bradley weiter», meinte Rivola dazu, der vom Plan B aber nicht restlos überzeugt ist: «Wenn es viel Schlimmer ist, dann müssen wir an eine andere Lösung denken – wenn es eine gibt, weil es in dieser Phase der Saison recht schwierig ist. Bradley hat als Testfahrer einen sehr guten Job gemacht, er hat uns mit seinen Vorschlägen für dieses Bike geholfen. Natürlich, bei den Wildcard-Einsätzen war er nicht super stark, aber wenn man zum Testfahrer wird, dann schaltet man vielleicht auch mental um. Es ist dann nicht einfach, wieder in den Rennfahrer-Modus umzuschalten. Er ist auch nicht mehr 20-Jahre alt, wenn man riskiert und nicht einmal weiß, dass man riskiert. Wir wollten auch nicht, dass er riskiert. Vor allem in dieser Phase der Saison wollen wir Stürze auch vermeiden.»
Iannone im Falle einer längeren Sperre als Testfahrer einzusetzen, steht in Noale hingegen nicht zur Debatte. «Ich ziehe es nicht einmal in Betracht, dass er die ganze Saison über fehlen könnte – weil ich gute Gründe dafür habe», verwies Rivola auf die von Iannone und seinem Verteidiger vor dem CDI vorgebrachte Haaranalyse. «Die Haaranalyse war negativ, wobei man dadurch bis zu fünf Monate zurückgehen kann, also bis September: In all diesen Monaten war das Ergebnis negativ. Das war zunächst ein sehr gutes Signal von Andrea, weil nicht jeder Athlet diese Art von Analyse zulässt, weil man dadurch alles sehen kann: Die Haaranalyse lügt nicht – vielleicht lügen Leute und Athleten, vor allem beim Thema Doping, aber die Haarprobe nicht.»
«In den WADA-Regeln steht nur die Urinprobe, weil es viel weniger kostet und man das Ergebnis in kürzester Zeit auswerten kann», fuhr der Italiener fort, der sich optimistisch zeigte: «Es gibt schon acht Fälle von Athleten, deren Haaranalyse ebenfalls negativ war. Sie legten beim TAS Berufung ein, nachdem sie in erster Instanz verloren hatten, und sie gewannen. Alle, die diese Art von Analyse vorgebracht haben, haben gewonnen», bekräftige Rivola.
«Ich bin ziemlich entspannt, dass Andrea zurückkommen wird – auch wenn entspannt nicht das richtige Wort ist. Ich bin etwas enttäuscht, weil er nicht schuldig ist und somit für etwas, das er nicht gemacht hat, bezahlt. Aber wir zahlen auch für etwas, was wir sicher nicht getan haben», seufzte der Aprilia-Rennchef. «Wir brauchen ihn jetzt mehr denn je, weil dieses Motorrad auch auf seine Vorschläge hin gebaut wurde. Er wollte ein Bike, das in Sachen Turning besser und insgesamt smoother ist. Diese Dinge, die er vielleicht bei Suzuki hatte. Wir sind durch sein Fehlen sicher benachteiligt.»