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Pit Beirer/KTM: «Events ohne Zuschauer wären grausam»

Von Günther Wiesinger
Red Bull-KTM-Werkspilot Brad Binder: Auch er befindet sich im MotoGP-Lockdown

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Mit welchen Notfallskonzepten kann die MotoGP-WM zumindest als Rumpfprogramm gerettet werden? KTM-Chef Pit Beirer äussert sich zu den bisher diskutierten Lösungen.

Fast täglich schrumpft das Motorsport-Programm für die Saison 2020 weiter zusammen, immer mehr abgesagte Rennen erhalten vorläufig kein neues Datum, weil sich die Situation auf der ganzen Welt ständig ändert und immer mehr Regionen von der Pandemie betroffen sind. Trotzdem müssen die Funktionäre bei der Dorna (MotoGP und SBK), Liberty Media (Formel 1) und Infront Moto Racing (Motocross-WM) täglich neue Notfalls-Szenarien ausbrüten.

In der Formel 1 hat Promoter und Rechte-Inhaber Liberty Media durch die erwarteten Absagen von sechs der 21 Grand Prix bereits einen Schaden von mindestens 250 Millionen US-Dollar erlitten. In der Formel 1 wird vorläufig noch mit 15 Grand Prix kalkuliert, doch an den Saisonstart am 14. Juni in Kanada glauben nur noch die unverbesserlichsten aller Optimisten.

Auch im MotoGP-Geschäft wird ein Neustart frühestens im August möglich sein, und selbst dieser Zeitpunkt erscheint besonders für die Verantwortlichen in Spanien und Italien nicht mehr besonders realistisch.

Trotzdem müssen die Teamverantwortlichen wie KTM-Motorsport-Direktor Pit Beirer (75 Werksfahrer und 460 Teammitglieder in den drei Marken KTM, Husqvarna und GasGas) Pläne und Budgets für die Zukunft ausbrüten. Obwohl niemand weiß, ob wir 2020 noch 12, 10, 8 oder noch weniger Grand Prix erleben werden.

«Ich sitze vor den langen Ersatzteillisten und grüble, wie viel Material wir zum Beispiel für 10 statt 20 MotoGP-Rennen brauchen würden», stellte Pit Beirer heute gegenüber SPEEDWEEK.com fest.

Handfeste Berechnungen kann niemand erstellen, dazu müsste man über hellseherische Fähigkeiten verfügen. Werden wir Vier-Tage-Events mit je drei WM-Rennen am Samstag und Sonntag erleben? Oder Zwei-Tage-Veranstaltungen mit Training am Samstag und Rennen am Sonntag? Und welche Reisekosten soll man berechnen, wenn niemand weiß, ob 2020 noch Übersee-Rennen zustande kommen?

«Die Diskussion, ob man eventuell zwei WM-Läufe pro Klasse am selben Schauplatz austragen könnte, ist für mich nicht ganz so kompliziert wie vielleicht für manche Kollegen», wirft Beirer ein. «Denn daran bin ich vom Motocross seit 30 Jahren gewöhnt. Da fahren wir immer schon zwei Läufe. Wenn wir im Road Racing in dieser Notsituation dazu übergehen, am Samstag und Sonntag je einen WM-Lauf pro Klasse zu fahren, werden wir von KTM nichts dagegen einwenden. Wenn wir damit viele Sponsoren, Partner, Fans und Freunde unterhalten und befriedigen können – warum nicht? Ich bin der Letzte, der für so etwas nicht offen ist. Momentan darf man gar keine sinnvolle oder nützliche Lösung auschliessen. Auch keine Zwei-Tages-Veranstaltungen.»

Wie grausam wären MotoGP-Events ohne Publikum? «Das wäre sehr grausam», sagt Beirer. «Der Sport ist zwar in der ganzen Entstehung und von der Bezahlung her ein Geschäftmodell. Du findest aber keinen Rennfahrer oder Mechaniker, der wegen diesem Geschäftsmodell auf die Rennstrecke geht. Letztendlich fahren wir raus, weil wir alle leidenschaftliche Motorsportler sind. Und der größte Lohn ist natürlich das Feedback des Publikums. Wenn es um die letzte Zehntel- oder Hundertstelsekunde geht, fährst du durchs Ziel und wirst von den Zuschauern als Held gefeiert. Unser Sport lebt meiner Meinung nach von der Leidenschaft der Zuschauer. Deshalb kann man zumindest  in einer Übergangsphase ein paar Grand Prix ohne Zuschauer veranstalten. Daran haben wir uns in Katar gewöhnt… Dort fahren wir seit Jahren quasi unter Ausschluss der Öffentlichkeit. »

«In Losail ist es zur Abwechslung ganz nett, wenn man sich im Fahrerlager ohne Riesenrummel und ohne viele Zuschauer trifft. Man kann sich viel lockerer miteinander unterhalten und manche Dunge besprechen. Das macht nur einmal im Jahr wirklich Spaß, aber nicht als Grundform. Doch wenn so ein Konzept in dieser Notlage zum Überleben hilft und wir im Sommer die ersten drei Rennen nur ohne Publikum genehmigt bekommen, werden wir das hinnehmen müssen. Natürlich wären viele Fans glücklich, wenn sie live an der Strecke zuschauen könnten. Wir würden das auch gerne liefern. Aber ich schließe nicht aus, vor leeren Rängen zu fahren, das wäre eine Notlösung, um das Ganze wieder hochzufahren. So eine Lösung werden wir voraussichtlich auch hinnehmen müssen. Wir werden sehen, wie es mit dem Virus Mitte Juli in den finnischen Wäldern ausschaut. Vielleicht ist der Virus, dieser Hundling, bis dahin ausgerottet! Vielleicht sind aber anfangs keine Zuschauer erlaubt. Richtig cool wird es erst wieder, wenn wir wieder Publikum an der Strecke und Gäste im Fahrerlager haben.»

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