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Dorna-CEO Ezpeleta: Auch nach der Krise kein Alltag

Von Günther Wiesinger
Brünn-GP: An Rennen mit Zuschauern ist vorläufig nicht zu denken

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WM-Promoter Carmelo Ezpeleta stellt klar, dass im GP-Sport auch für die Saison 2021 unpopuläre Maßnahmen getroffen werden müssen, die sich heute keiner vorstellen will.

Carmelo Ezpeleta, Chief Executive Officer der spanischen Sportmarketing-Agentur Dorna Sports S.L., sprach gestern im Interview SPEEDWEEK.com erstmals seit dem Ausbruch der Covid-19-Pandemie ganz offen über das «worst case»-Szenario, das bisher kein Fahrer, kein Teamchef und nur wenige Fans wahrhaben wollen: 2020 wird aller Voraussicht nach kein MotoGP-Rennen stattfinden. Und selbst 2021 wird vieles anders sein.

Der Auftakt in Doha am 8. März wurde bekanntlich für die Königsklasse abgesagt. Nur die Klassen Moto3 und Moto2 konnten ausgetragen werden, weil die Teams und Fahrer wegen des IRTA-Tests (28.2. bis 1.3.) bereits an Ort und Stelle waren. Alle italienischen MotoGP-Rückkehrer (IRTA-Test von 22. bis 24.2.) hätten in Doha sofort 14 Tage in Quarantäne gesteckt worden.

Der umsichtige und bei Teams, Fahrern und Herstellern hoch geschätzte Dorna-Chef Ezpeleta skizzierte im Gespräch mit SPEEDWEEK.com gestern einige Lösungen für die Zukunft nach der Krise. Auch dann wird kein Alltag herrschen.

Carmelo, du hast erwähnt, dass sich bei einem Motorrad-GP mindestens 2000 Menschen im Paddock aufhalten. Deshalb sei es viel schwieriger, einen Grand Prix ohne Zuschauer durchzuführen als ein Fußballmatch. Könnte man diese Anzahl von 2000 Menschen reduzieren?

Wenn wir versuchen, diese Anzahl von 2000 Personen zu reduzieren und nur Fahrer, Mechaniker und die allerwichtigsten Teammitglieder hereinlassen, haben wir über die drei GP-Klassen hinweg immer noch mindestens 1000.

Wir brauchen ja auch einiges an Personal für die Durchführung des Events, von den Streckenposten über das medizinische Personal bis zu den Funktionären, die für die Sicherheit verantwortlich sind, dazu die Personen, die die TV-Übertragung gewährleisten. Bei dieser Anzahl von 1000 Personen haben wir schon alle Gäste weggerechnet, alle Marketing-Leute und so weiter.

Unsere wichtigste Pflicht und Aufgabe ist es momentan, das Minimum an Leuten auszurechnen, die wir für die Austragung eines Grand Prix in Zukunft brauchen. Wir wollen dringend wissen, wie wir im Fahrerlager Sicherheit und Gesundheit für alle Beteiligen herstellen können, wenn die Krise vorbei ist. Das ist unser wichtigstes Anliegen.

Anderseits sind wir in allen Bereichen auf «stand by». Wir könnten morgen ein Rennen fahren, wenn wir grünes Licht bekommen.

Wir sprechen auch mit den Herstellern. Im Hersteller-Bündnis MSMA sind alle Motorradwerke vertreten, die in der MotoGP oder SBK mitfahren. Die Hersteller sprechen sich auch untereinander ab, denn wir müssen wie 2008 in der globalen Wirtschaftskrise neu überlegen, wie wir die Kostenreduktion für die Zukunft noch einmal in den Vordergrund rücken können.

Denn wir haben jetzt die Pflicht, bestmöglich vorbereitet zu sein, sobald wir wieder einen Grand Prix organisieren können. Wir müssen die Kosten in allen Bereichen so weit wie möglich drücken, zumindest für 2021 und 2022.

Denn die Welt wird nach Corona anders aussehen. Da dürfen wir uns keiner Illusion hingeben.

Die Situation mit den Sponsoren wird schwierig. Die Veranstalter werden vorläufig keine Eintrittskarten verkaufen können und auf Einnahmen verzichten. Auch bei den Werken wird es zu deutlichen Umsatzeinbußen kommen. Auch bei den Bekleidungsherstellern und Zubehörfirmen sowie bei der Dorna werden die Einnahmen enorm sinken.

Wenn du die Anzahl der Menschen im Paddock reduzieren willst, wird man den Teams auch darüber reden müssen, wie viele Mechaniker pro Motorrad gebraucht werden.

Ja, ja, natürlich. Das ist eine der Fragen, mit denen wir uns beschäftigen.

Wäre es theoretisch möglich, wenigstens 5000 oder 10.000 Zuschauertickets zu verkaufen, eventuell ausschließlich an Fans aus der Umgebung der Rennstrecke, und das Publikum auf den Tribünen mit Abständen von mindestens zwei Metern zu verteilen?

Nein. Ich denke, man wird entweder komplett ohne Zuschauer fahren oder mit allen. Auch 5000 Zuschauer wären ausreichend, um eine große Menge von Menschen anzustecken.

Du musst dann auch alle Journalisten von den Rennstrecken verbannen, weil sie im Media Centre auf sehr beengtem Raum sitzen würden.

Ja, ja. Natürlich.

Sobald wir nach der Eindämmung des Virus neu starten können, werden wir eine völlig anderer Situation vorfinden als vor der Krise.
Wir müssen dann alle Bereich neu bewerten.

Erst wenn ein Impfstoff gegen Covid-19 verfügbar ist, können wir allmählich wieder an Maßnahmen und Zustände wie vor der Coronakrise denken.

Du hast noch leichte Hoffnungen auf einzelne Grand Prix ab September oder Oktober 2020. Aber wie soll man die Teammitglieder und Fahrer aus Japan, Malaysia, Thailand, Indonesien, USA, Südafrika, Australien, Neuseeland, Brasilien, Argentinien herbeischaffen? Man weiß nicht einmal, ob Italien, Spanien und Frankreich bis dahin ihre Grenzen öffnen werden.

Ja, ich stimme zu. Wir sind uns dieser Problematik bewusst.

Müssen Dorna, IRTA und FIM dann Kompromisse eingehen und akzeptieren, wenn nicht alle 42 Teams und alle 81 Stammfahrer antreten können?

Ja, ganz sicher.

Jetzt haben wir bereits fünf Grands Prix verschoben. Wir ziehen es vor von Verschiebung statt von Absage zu sprechen. Aber natürlich wird es am Ende unmöglich sein, 19 Grands Prix abzuwickeln.

Es werden also auf jeden Fall einige der verschobenen Rennen abgesagt werden. Und wenn wir Pech haben, alle 19 von ihnen.

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