Exklusiv: So sieht der provisorische GP-Kalender aus
Spielberg erlebt zwei MotoGP-Events, das STOP-Zeichen gilt für die Zuschauer
Nachdem Dorna-CEO Carmelo Ezpeleta am 9. April im Gespräch mit SPEEDWEEK.com noch ein Worst-Case-Szenario mit keinem weiteren Motorrad-GP 2020 befürchtet hatte, zeichnet sich jetzt mit dem Re-Start der Saison am 19. und 26. Juli in Jerez noch eine Weltmeisterschaft mit 13 weiteren Grands Prix ab. Zur Erinnerung: Die Moto2- und Moto3-Klasse hat bereits ein Kräftemessen am 8. März hinter sich.
Besonders die in Italien, Spanien und Frankreich stationierten Teams machten sich im April keine Illusionen, als in ihren Heimatländern 1000 und mehr Personen täglich am SARS-CoV2-Virus starben.
Pit Beirer, Motorsport-Direktor von KTM, plädierte vor zwei Monaten dafür, nicht in Schockstarre zu verfallen und die Saison nicht schon im April völlig abzuschreiben. Paolo Ciabatti, im Piemont lebender Ducati-Sportdirektor, hoffte immerhin auf einen Neustart im September.
Aber am Höhepunkt der Pandemie in Europa setzte sich angesichts der vielen Ausgangsperren und Reiseverbote die Vermutung durch, man werde womöglich erst nach dem Vorhandensein eines Impfstoffs auf die Rennstrecken zurückkehren können.
Aber inzwischen ist zwar der Notstand in Spanien noch bis 21. Juni verlängert worden, in Italien können die Bewohner aber seit 3. Juni wieder ihre Regionen verlassen, auch die Beherbergungsbetriebe und Restaurants haben wieder geöffnet. Die Schweizer können bereits weder ungehindert nach Italien und zurück reisen – ohne Quarantäne und ohne negativen Covid-19-Test.
Paolo Ciabatti besuchte am 3. Juni erstmals seit dem Lockdown Mitte März wieder sein Büro in Borgo Panigale bei Bologna. «Es befanden sich nicht viele Leute im Büro. Aber ich musste ein paar Dokumente abholen. Am Abend bin ich in ein Restaurant in Cesenatico ans Meer gefahren. Das war cool und schön. Endlich kann man wieder ein Stück normales Leben genießen.»
«Anfangs habe ich gemeint, man werde vor Juli oder August keine Rennen veranstalten können», blickt Ciabatti zurück. «Ich habe zwischendurch sogar befürchtet, dass die Pause bis September dauern könnte. Jetzt bin ich natürlich mehr als glücklich, wenn ich sehe, dass sich die Situation gebessert hat.»
Italien verzeichnete gestern noch 270 Neuinfektionen und beklagte 72 weitere Todesopfer. Insgesamt waren es bisher 33.846.
«Man kann noch kein endgültiges Urteil abgeben. Aber in einigen Ländern wurde die Virusverbreitung sehr stark eingedämmt, der Virus wurde fast ausgelöscht», ist sich Ciabatti bewusst. «Plötzlich ist die Bedrohung geringer geworden. Aber selbst die Wissenschaftler haben keine einleuchtende Erklärung dafür. Klar, in manchen Ländern hatten wir einen strengen Hausarrest. Aber selbst in Ländern, in denen keine so strengen Maßnahmen getroffen wurden, sinken die Fallzahlen. Es hat sicher damit zu tun, dass sich die Menschen jetzt im Frühjahr mehr im Freien bewegen und die Infektiosität deshalb geringer geworden ist. Im Freien ist die Ansteckungsgefahr auf jeden Fall geringer.»
Ciabatti: «Wie auch immer, blicken wir auf das Positive: Die Fallzahlen nehmen von Tag zu Tag ab. Auch die Lockerungsmaßnahmen haben zu keiner Zunahme an Neuerkrankungen geführt. Denn wir haben uns an die Vorschriften gewöhnt, und wenn wir Abstand halten und die Maske tragen, können wir uns an die neue Normalität gewöhnen. Heute sehen wir ja klarer. Zu Beginn der Pandemie gab es viel Unsicherheit, auch von der WHO her. Zuerst hieß es, die Masken bringen nichts, dann hörte man widersprüchliche Empfehlungen. Die Gesundheitsbehörden haben uns manchmal verunsichert. Es war ein Durcheinander. Aber es ist uns gelungen, den Virus zu schwächen.»
Die genauen Termine werden frühestens Mitte Juni verlautbart, denn bisher stehen nur die Schauplätze fest. Die Reihenfolge und Termine der Grands Prix im September, Oktober und November müssen noch mit den Behörden und Veranstaltern abgestimmt werden. Es sollen möglichst wenige Kollisinen mit der Formel-1-WM stattfinden.
Nach der Doppelveranstaltung in Jerez soll Brünn am 9. August folgen, dann Spielberg am 16. und 23. August. Aber der Termin auf dem Masaryk-Ring ist noch nicht in Stein gemeisselt.
Das erste Misano-Stelldichein ist für 6. September geplant. Am selben Sonntag findet der Formel-1-GP in Monza statt. Aber wegen des gedrängten Restprogramms lassen sich solche Termin-Kollisionen nicht vermeiden. Trotzdem würde Streckenbetreiber und Misano-World-Circuit-Direktor Andrea Alvani lieber am 13. und 20. September fahren.
Da sogar die Tour de France von 29. August bis 20. September nachgeholt werden soll, macht sich auch Le-Mans-GP-Promoter Claude Michy noch Hoffnungen auf einen WM-Lauf auf dem Circuit Bugatti. Er bemüht sich um einen Termin am 11. Oktober. Das Datum für den Catalunya-GP kann sich ebenfalls noch ändern, falls der Frankreich-GP zustande kommt. Die Valencia-Veranstaltungen sind für 8. und 15. November vorgesehen.
«Ich bin überzeugt, das wir in diesem Jahr noch zwölf MotoGP-Rennen abwickeln werden», sagt Ciabatti.
Die vorläufigen restlichen GP-Termine 2020:
19. Juli: Jerez 1
26. Juli: Jerez 2
09. August: Brünn
16. August: Spielberg 1
23. August: Spielberg 2
06. September: Misano 1
13. September: Misano 2
27. September: Aragón 1
04. Oktober: Aragón 2
11. Oktober: Le Mans (nicht bestätigt)
25. Oktober: Barcelona-Catalunya
08. November: Valencia 1
15. November: Valencia 2
Danach könnte noch ein Übersee-Trip nach Buri Ram/Thailand (29. November) und Sepang/Malaysia (6. Dezember) stattfinden, falls in diesen Ländern bis dahin wieder MotoGP-Events mit Zuschauern erlaubt werden.
Die Übersee-Rennen in Motegi (Japan) und Phillip Island (Australien) wurden bereits abgesagt. Auch mit den Absagen in Austin/Texas und Termas de Río Hondo/Argentinien wird gerechnet.
In Europa wurden Mugello, Sachsenring, Assen, KymiRing und Silverstone ersatzlos gestrichen.