So tritt RNF mit Oliveira und Raúl Fernández 2023 auf
Razlan Razali erkannte als damaliger Chief Executive Officer (CEO) des Sepang International Circuits vor rund 15 Jahren, dass er ein lokales und regionales Nachwuchs-Projekt starten müsse, um talentierte malaysische Rennfahrer zu entdecken, zu fördern und als Lokalmatadore für den Heim-GP aufzubauen. Denn ohne malaysische Beteiligung gab es in Sepang jahrelang eine niederschmetternde Zuschauerkulisse.
Die aufwändigen Bemühungen zahlten sich bald aus, denn Zulfahmi Khairuddin setzte sich im Auswahlverfahren durch und bestritt 2010 im fünfköpfigen (!) Caponera-Aprilia-Team seine erste WM-Saison, einer seiner Teamkollegen war Jonas Folger. Zulfahmi heimste vier 15. Plätze ein und kam 2011 ins Ajo-Derbi-Team, er wurde mit 30 Punkten 125-ccm-WM-Achtzehnter, ehe er 2012 im Red Bull KTM Ajo Team in der neuen Moto-3-Viertakt-WM den Durchbruch schaffte.
Das Highlight: Beim Sepang-GP 2012 startete Khairuddin von der Pole-Position – und verspielte den Sieg gegen Sandro Cortese nur um 0,028 Sekunden!
Razlan Razali jubelte dann als GP-Veranstalter 2012 in Sepang auch über den dritten Platz im Regenchaos durch den völlig unbekannten malaysischen Moto2-Wildcard-Fahrer Hafizh Syahrin, der zuerst auf Platz 4 landete und nach der Disqualifikation von Anthony West auf Rang 3 gespült wurde.
Ein Jahr später waren die Tribünen auf dem Sepang Circuit schon prächtig gefüllt. In den Jahren vor Corona war der Event jeweils ausverkauft – mit rund 100.000 Besuchern am Sonntag, erstmals 2013 und 2014.
Razali erwies sich als Manager mit Visionen und deshalb dauerte es nicht lange, bis er 2018 mit Hilfe des staatlichen heimischen Mineralölkonzerns ein eigenes GP-Team für die Moto3- und Moto2-Klasse gründete.
Und als sich beim Mugello-GP 2018 abzeichnete, dass sich Marc VDS Honda nach den Querelen mit Teammanager Michael Bartholemy aus der Moto-WM zurückziehen würde und auch das Aspar-Ducati-Team wegen Pleiten mit Geldgebern wie Drive M7 Schulden in Millionenhöhe angehäuft hatte, packte Petronas-Teamprinzipal Razali entschlossen zu – und übernahm für 2019 die beiden kostbaren MotoGP-Plätze von «Aspar» Martinez.
Traumstart mit Yamaha
Da Tech3-Teamchef Hervé Poncharal nach 18 Jahren seine MotoGP-Partnerschaft mit Yamaha beendete und für 2019 zu KTM wechselte, einige sich Razali mit Yamaha zur Bildung des einzigen Kundenteams, Petronas stieg für drei Jahre als Hauptsponsor ein. Auch in den zwei kleinen GP-Klassen und im MotoE-Weltcup blieb der Rennstall aktiv.
In Übereinstimmung mit Yamaha wurde das neue Petronas Yamaha SRT Team, das sich im Besitz des Sepang Circuits befand, für 2019 mit den Piloten Fabio Quartararo und Franco Morbidelli besetzt. Der Franzose hatte sich schon mit 14 und 15 Jahren die Meistertitel in der spanischen CEV Repsol-Meisterschaft gesichert, er galt als Zauberlehrling und gewann 2018 auch den Barcelona-GP auf einer Speed-up im Team von Luca Boscoscuro, nach einem zweiten Platz in Assen wurde sein MotoGP-Aufstieg besiegelt, gegen einige Widerstände, denn es standen auch Routiniers wie Dani Pedrosa und Bradley Smith zur Diskussion. Morbidelli hatte die Moto2-WM 2017 gewonnen und sich 2018 als Rookie im Marc VDS-Honda-MotoGP-Team wacker geschlagen.
Der Rest ist bekannt: Fabio Qartararo schlug in der MotoGP-Klasse wie eine Bombe ein, obwohl ihn Teammanager Wilco Zeelenberg im Winter darauf vorbereitet hatte, dass er sich im ersten Teil der Saison als Neuling mit letzten Plätzen abfinden müsse.
Aber «El Diablo» verblüffte die Experten schon beim Saisonstart in Doha mit der schnellsten Rennrunde. Beim vierten Event in Jerez stand er erstmals auf der Pole-Position – wie 2019 auch in Barcelona, Assen, Buriram, Sepang und Valencia. Fabio beendete die WM als fabelhafter Gesamtfünfter – und erhielt für 2020 einen Yamaha-Werksvertrag, musste aber bei Petronas bleiben, weil das Factory Team mit Valentino Rossi und Maverick Viñales besetzt war.
Razlan Razali war nicht nur für diese Erfolge verantwortlich, er bescherte Malaysia nicht nur das erste MotoGP-Team, sondern fädelte auch den Deal für Hafizh Syharin mit dem neuen Red Bull KTM Tech3 Team ein, womit der Landsmann als erster Malaysier der Geschichte zum Stammfahrer in der «premier class» wurde.
In der Corona-Saison 2020 fand die Petronas-Yamaha-Erfolgsstory ihre Fortsetzung. Denn Fabio Quartararo gewann die beiden Auftaktrennen in Jerez im Juli und kam als WM-Leader nach Brünn, doch dann folgte wegen des Ventilskandals eine Schwächephase von Yamaha.
Doch Morbidelli und Quartararo feierten bei nur 14 Rennen je drei MotoGP-Siege, «Franky» flitzte in der WM hinter Joan Mir auf den zweiten Gesamtrang.
Wechselnde Hauptsponsoren
In der dritten Saison 2021 flauten die Petronas-Erfolge etwas ab, denn Quartararo war ins Yamaha-Werksteam befördert worden, wo er die WM souverän vor Bagnaia gewann. Rossi und Morbidelli bildeten 2021 das Petronas-Kundenteam. Doch «Morbido» mühte sich auf der älteren «A-spec»-M1 ab, schaffte nur einen Podestplatz in Jerez und musste nach der Dutch-TT in Assen eine längere Pause wegen einer Knie-Operation hinnehmen. Der achtfache Weltmeister Valentino Rossi erreichte in seinem letzten MotoGP-Jahr nur WM-Rang 18.
Die wahre Hiobsbotschaft erreichte Petronas-Yamaha-Teamchef Razlan Razali jedoch vor dem Spielberg-GP im August 2021: Petronas kündigte den Rückzug per Saisonende an.
Razlan Razali musste sich innerhalb weniger Wochen vom Teammanager zum Teameigentümer verwandeln. Er gründete in England die Firma RNF Racing; die drei Buchstaben stehen für seine Kinder Razlan, Nadia und Farouk, übernahm den Dorna-Vertrag und führte das Team auf eigene Rechnung fort.
Mit dem italienischen Energiekonzern WithU fand Razali rasch Ersatz für die drei Jahre 2022 bis 2024. Als Fahrer wurden Morbidelli und Dovizioso engagiert. WithU-Chef Matteo Ballerin hoffte, der dreifache MotoGP-Vizeweltmeister würde in der WM unter den Top-3 mitfahren. Doch «Dovi» versagte, fand sich mit der Yamaha nie zurecht und zog sich nach dem Misano-GP zurück.
Durch den Ukraine-Krieg und die folgende Energiekrise gerieten WithU und der Mutterkonzern Energy Europe bereits im April 2022 ins Trudeln. Im August wurde der Drei-Jahres-Vertrag aufgelöst.
Im vergangenen September einigte sich Razali mit den CryptoDATA-Tech-Chefs Ovidiu Toma (er ist CEO) und seinem Global Strategy-Experten Bogdan Maruntis dank der Vermittlung der Dorna auf eine neue Partnerschaft. Der Hauptsponsor aus Rumänien übernahm auch gleich die Mehrheitsanteile an der Rennfirma RNF.
Neues Kapitel mit Aprilia
Schon im Mai 2022 hatte Razali statt Yamaha einen neuen MotoGP-Hersteller gefunden und sich für zwei Jahre mit Aprilia Racing geeinigt. Im August stand dann die neue Fahrerpaarung fest: Razali und Aprilia engagierten den fünffachen MotoGP-Sieger Miguel Oliveira aus Portugal sowie den hochtalentierten Raúl Fernández, der 2021 als Moto2-Rookie acht GP-Siege feierte, einen mehr als Marc Márquez als Moto2-Neuling 2011.
Am Sonntag beim Valencia-GP 2022 rückten Dovi-Ersatz Cal Crutchlow und Darryn Binder schon mit einem farbenfrohen CryptoDATA-Design aus. Die orangen Akzente waren bereits ein Hinweis auf die Teamfarben 2023, die am Montag vor dem Saisonauftakt in Portugal im Rahmen einer virtuellen Teamvorstellung mit einem animierten Kurzfilm enthüllt wurden. Die Lackierung dominiert jetzt der aus dem Vorjahr bekannte Blauton in Kombination mit einem dunklen Grün.
«Unsere neuen Farben symbolisieren den Übergang von unseren früheren Tagen zum neuen Team, das wir heute sind. Ein Team aus erfahrenen, leidenschaftlichen und innovativen Personen, die von dem Ziel angetrieben werden, eine Top-Performance abzuliefern», machte Razali deutlich. «Wir wollen Gamechanger im Sport sein. Unsere Marke verkörpert Energie, die ansteckend ist und unser unaufhaltsames Streben befeuert, auf und neben der Strecke zu Champions zu werden.»
Was ist das Ziel für diese Saison auf der Strecke? «Ich kann nicht leugnen, dass wir dringend Ergebnisse holen und konkurrenzfähig sein wollen, gerade weil die vergangenen zwei Jahre für uns sehr schwierig waren – und weil die ersten zwei Jahre für uns fantastisch waren. Wir wissen also, wie es ist, wenn man gewinnt. Und wir wissen definitiv, wie es sich anfühlt, wenn man verliert, das ist keine schöne Position», schickte Razali offen voraus.
«Gemeinsam mit Wilco Zeelenberg und mit Massimo Rivola ist es uns gelungen, die Fahrer zu holen, die wir wollten. Wir glauben an unsere Fahrer. Raúl wollten wir schon ein Jahr früher zu uns holen, aber das konnten wir nicht. Besser spät als nie», ergänzte der RNF-Teamchef. «Dass Miguel dazugekommen ist, war ein echter Bonus. Er war ursprünglich gar nicht auf unserer Liste, aber als wir erfahren haben, dass er das Angebot von seinem Team abgelehnt hat, sind wir sofort an Miguel herangetreten – und er hat auch fast sofort zugesagt.»
«Wir schätzen uns glücklich, diese zwei Fahrer zu haben, und natürlich erwarten und wollen wir, dass sie konkurrenzfähig sind. Dieses Wochenende, der Heim-GP von Miguel, ist wahrscheinlich die beste Gelegenheit, um etwas Magisches zu schaffen. Er hat in Portugal ja 2020 gewonnen», betonte Razali.
Neben CryptoDATA sind der neue Sponsor Sterilgarda Alimenti sowie der Schriftzug «Wispr» prominent platziert. Das ist die App von CryptoDATA für das firmeneigene Blockchain-Network, zur Übertragung verschlüsselter Nachrichten und Daten, aber auch für Anrufe und Videokonferenzen.
Max Biaggi spielt im neuen Aprilia-Kundenteam übrigens keine Rolle, er half einzig bei der Vermittlung des Sponsors Sterilgarda, zuvor Namensgeber des Max Racing Teams, wie Razali am Rande der Teamvorstellung klarstellte.
Um seine Position als Teamprinzipal muss sich Razali weiter keine Sorgen machen. Der Malaysier versicherte: «Natürlich erforderte der Eigentümerwechsel nicht nur die Zustimmung der Dorna, sondern die Dorna hat diese Zustimmung an bestimmte Bedingungen geknüpft. Darunter eine finanzielle Garantie bis 2026 und dass ich bis 2026 und darüber hinaus Teamchef bleibe.»
Während Razali im sportlichen Bereich des Teams weiter das Sagen haben wird, wird CryptoDATA Tech das letzte Wort in punkto Marketing und Sponsoring haben.