Formel 1: Welche Wunderkinder abstürzten

Vinales (13.) nach Silverstone-GP in Erklärungsnot

Von Thomas Kuttruf
Der als Fünfter bestplatzierte Aprilia-Fahrer der MotoGP-Tabelle wurde beim englischen GP einmal mehr Opfer der rasant schwindenden Haftung. Im Finale prügelte er sich mit Yamaha- und Honda-Piloten um die letzten Punkte.

Für den Aprilia-Werksfahrer war der Trip zum England-GP das Gegenteil von erfreulich. Mit Ausnahme des ersten freien Trainings am Freitagmorgen, als Vinales Platz 2 belegte, stand der Spanier im dunkelsten Schatten seines Teamkollegen Aleix Espargaro. Denn der Veteran des RS-Projektes bewies auch in England, dass der 2024er-Prototyp alles andere als eine Fehlkonstruktion ist. Sowohl in der Quali als auch im Rennen schmiss Espargaro die bestehenden Rundenrekorde um. Als Dritter im Sprint und Sechster im GP ergaben auch die Ergebnisse ein positives Bild.

Vinales hingegen holte selbst im kurzen Sprint nur zwei WM-Zähler. Beim Jubiläums-GP ging dann nichts mehr zusammen. Ab Rennmitte fiel «Top Gun» wie ein Stein und wurde als 13. sogar von Fabio Quartararo einkassiert, der beim Start zehn Plätze hinter der Startnummer 12 Aufstellung bezogen hatte. Vinales rettete sich nur 0,2 Sekunden vor Johann Zarco auf der Kunden-Honda über den Zielstrich. Auf Sieger Enea Bastianini verlor Maverick Vinales am Sonntag fast 27 Sekunden, auf Espargaro waren es 18.

Die erste Frage, die sich aufdrängte – bewegten die beiden Spanier das gleiche Motorrad? Vinales hatte die Antwort parat: «Grundsätzlich sind die Bikes identisch und auch die Abstimmungen liegen nicht sehr weit auseinander. Allerdings hat Aleix in Silverstone bereits die letzte Version der neuen Aerodynamik verwendet. Für mich hat das nicht funktioniert. Auch Oliveira und Fernandez (Trackhouse) setzten die neue Aero ein.»

Folglich war die Stimmung bei Vinales im Keller. Denn obwohl er als Fünfter immer noch der beste Aprilia-Pilot der Rangliste ist, sieht sich der 29-Jährige in der Einbahnstraße: «Für mich schaut es jetzt so aus, als ob wir immer weiter rückwärts arbeiten. Ich habe jetzt seit vier Rennen in Folge das Phänomen von extrem unkontrolliertem Reifenverschleiß. Im Sprint mit dem weichen Hinterreifen ist es nicht so schlimm. Denn am Samstag konnte ich auch attackieren. Im GP hingegen mit dem Medium-Reifen war das Rennen für mich nach sechs Runden vorbei. Die Performance war weg und ich bin komplett eingebrochen. Meine Rundenzeiten waren auf einmal zwei Sekunden langsamer und ich konnte nichts dagegen machen – ich bin wie immer am Limit gefahren», so Vinales.

Mit schlüssigen Erklärungen tut sich der Rennfahrer aus Figueres schwer: «Ich würde nicht behaupten, dass die Konkurrenz jetzt einen Schritt nach vorne gemacht hat. Ich meine, dass der Speed an der Spitze im Moment super schnell, aber konstant ist. Wir dagegen sind immer weiter zurückgefallen. Leider weiß ich auch nicht, was es ist, aber dieser unkontrollierte Gripverlust braucht eine Erklärung. Es wäre gut, wenn das Werk jetzt einmal stoppt und sich die Zeit nimmt, das Problem genau zu verstehen.»

Dass die Reifen selbst die Ursache des starken Leistungsabfalls sind, schließt «Top Gun» aus: «Hätten die Reifen einen Fehler, dann wäre das Problem immer vorhanden. Aber es ist ja so, unser Speed ist da. In den ersten Runden kann ich mithalten und auch angreifen. Es muss also eine andere Ursache geben. Es ist so frustrierend, dass wir das eigentliche Potenzial aktuell zurückfahren.»

Fakt ist: 2025 wird sich Vinales mit diesem Problem, zumindest bei Aprilia, nicht mehr befassen. Der Spanier wechselt gemeinsam mit Silverstone-Triumphator Enea Bastianini auf die KTM RC16 und ins Team Tech3-Racing. Auch Aleix Espargaro wird seine Aprilia-Heimat verlassen. Nach acht Jahren im Renneinsatz auf der RS-GP sitzt der zweifache Familienvater im nächsten Jahr als Testpilot auf der Honda RC213V.

Ergebnisse MotoGP Silverstone, GP-Rennen (4. August):

1. Enea Bastianini (I), Ducati, 20 Runden in 39:49,929 min
2. Jorge Martín (E), Ducati, +1,931 sec
3. Francesco Bagnaia (I), Ducati, +5,866
4. Marc Márquez (E), Ducati +6,906
5. Fabio Di Giannantonio (I), Ducati, +7,736
6. Aleix Espargaró (E), Aprilia, +9,514
7. Alex Márquez (E), Ducati, +9,741
8. Marco Bezzecchi (I), Ducati, +14,016
9. Pedro Acosta (E), KTM, +16,386
10. Franco Morbidelli (I), Ducati , +23,609
11. Fabio Quartararo (F), Yamaha, +24,202
12. Jack Miller (AUS), KTM, +25,767
13. Maverick Viñales (E), Aprilia, +26,751
14. Johann Zarco (F), Honda, +26,953
15. Takaaki Nakagami (J), Honda, +37,278
16 Augusto Fernandez (E), KTM, +37,605
17. Luca Marini (I), Honda, +47,507
18. Remy Gardner (AUS), Yamaha, +59,139
- Raúl Fernández (E), Aprilia, 1. Runde nicht beendet
– Miguel Oliveira (P), Aprilia, 1. Runde nicht beendet
– Brad Binder (ZA), KTM, 1. Runde nicht beendet
– Joan Mir (E), Honda, Aufgabe nach 12 Runden

Ergebnisse MotoGP Silverstone, Sprint (3. August):

1. Enea Bastianini (I), Ducati, 10 Runden in 19:49,929 min
2. Jorge Martín (E), Ducati, +1,094 sec
3. Aleix Espargaró (E), Aprilia, +2,023
4. Brad Binder (ZA), KTM, +8,644
5. Pedro Acosta (E), KTM, +8,777
6. Alex Márquez (E), Ducati, +9,043
7. Jack Miller (AUS), KTM, +11,504
8. Maverick Viñales (E), Aprilia, +11,689
9. Fabio Di Giannantonio (I), Ducati, +11,828
10. Miguel Oliveira (P), Aprilia, +13,328
11. Fabio Quartararo (F), Yamaha, +15,373
12. Raúl Fernández (E), Aprilia, +18,234
13. Augusto Fernandez (E), KTM, +18,326
14. Johann Zarco (F), Honda, +18,492
15. Luca Marini (I), Honda, +19,050
16. Joan Mir (E), Honda, +19,674
17. Takaaki Nakagami (J), Honda, +29,302
18. Remy Gardner (AUS), Yamaha, +31,070
– Marc Márquez (E), Ducati, 1 Runde zurück
– Francesco Bagnaia (I), Ducati, 6 Runden zurück
– Marco Bezzecchi (I), Ducati, 1. Runde nicht beendet
– Franco Morbidelli (I), Ducati, 1. Runde nicht beendet

WM-Stand nach 20 von 40 Rennen:

1. Martin 241 Punkte. 2. Bagnaia 238. 3. Bastianini 192. 4. Marc Marquez 179. 5. Vinales 130. 6. Acosta 122. 7. Binder 114. 8. Di Giannantonio 104. 9. Aleix Espargaro 99. 10. Alex Marquez 92. 11. Bezzecchi 61.12. Morbidelli 61. 13. Oliveira 51. 14. Quartararo 49. 15. Raul Fernandez 46. 16. Miller 38. 17. Augusto Fernandez 15. 18. Zarco 14. 19. Mir 13. 20. Nakagami 10. 21. Rins 8. 22. Pedrosa 7. 23. Marini 1

Konstrukteurs-WM:
1. Ducati, 352 Punkte. 2. Aprilia 192. 3. KTM 178. 4. Yamaha 53. 5. Honda 26.

Team-WM:
1. Ducati Lenovo Team, 430 Punkte. 2. Prima Pramac Racing 302. 3. Gresini Racing MotoGP 271. 4. Aprilia Racing 229. 5. Pertamina Enduro VR46 Racing Team 165. 5. Red Bull KTM Factory Racing 156. 7. Red Bull GASGAS Tech3 137. 8. Trackhouse Racing 97. 9. Monster Energy Yamaha MotoGP 57. 10. LCR Honda 24. 11. Repsol Honda 14.

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