Vor Australien-GP: Casey Stoner zeigt neues Interesse
Blickt wieder lachend nach vorne: MotoGP-Doppelweltmeister Casey Stoner
Der Australier Casey Stoner war Hauptdarsteller eine der erfolgreichsten und zugleich außergewöhnlichsten Rennfahrer-Dramaturgie überhaupt. Noch als Kind siedelte Stoner mit seiner Familie vom fünften Kontinent nach Europa, mit dem klaren Ziel einer Profi-Karriere in der Motorrad-WM.
Nach kurzen Aufenthalten in der britischen und spanischen Meisterschaft saß Stoner als 15-Jähriger erstmals auf einer GP-Maschine und debütierte per Wildcard in der kleinsten WM-Klasse. Nur ein Jahr später, wir sind im Jahre 2002, war Stoner bereits als Fixstarter zu finden – allerdings gleich in der 250er-Weltmeisterschaft.
Zur besseren Ausbildung beschloss der junge Australier mit Teamchef Lucio Cecchinello für 2023 den Rückschritt in die 125er-Kategorie – was sich als größer Fortschritt herausstellen sollte. Auf der 125er-Werks-Aprilia gelang der Durchbruch mit dem ersten GP-Sieg. Der hoffnungsvolle Australier wurde daraufhin von KTM geholt und zum Werksfahrer befördert. Noch unter Zweitakt-Guru Harald Bartol schenkte Stoner im Herbst 2004 den Österreichern in der Hitze von Malaysia den ersten GP-Sieg auf Asphalt der Geschichte.
Halten konnte das Innviertel das Supertalent nicht. Stoner holte noch einmal Luft in der Viertelliter-WM, wurde mit LCR sofort Vizweltmeister, um mit der Cecchinello-Mannschaft 2006 in der MotoGP anzugreifen. Alles Weitere ist auch jüngeren Fans der MotoGP-Geschichte bekannt: Casey Stoner katapultierte sich über rohes Talent trotz oft heftigster Abflüge an die Spitze der MotoGP-Welt.
Dem Ducati-Werk aus Bologna lieferte er die erste Krone während der umstrittenen 800er-Motoren-Ära ab (2007). Auch Honda wurde von dem Australier 2011 mit der Meisterschaft beschenkt. Mit 38 Siegen in der Königsklasse wirbelte Stoner in kurzer Zeit viel Staub auf. Denn bereits am Ende des Jahres 2012 verkündete der Athlet mit 27 Jahren seinen Rücktritt.
Als Grund gab Stoner gesundheitliche Probleme an. Noch während seiner Zeit als Ducati-Werksfahrer litt der Pilot unter Schwächeanfällen und Antriebslosigkeit. Das unter «Fatigue Syndrom», zu Deutsch Müdigkeitsschwäche, bekannte Krankheitsbild hatte den hinter Mick Doohan erfolgreichsten Rennfahrer seines Landes zum Frührentner gemacht.
Mit Spannung wurde ein Comeback des Aussies beim 8h-Rennen von Suzuka verfolgt. Im Sommer 2015, Stoner war noch keine 30 Jahre alt, startete er für Honda – flog nach einem technischen Defekt in Führung liegend ins Aus und ließ es mit etlichen Schrammen endgültig bleiben.
Spätestens nach dem letzten Renneinsatz ließ Casey Stoner den Rollanden herunter. Mit seiner Frau Adriana zog sich der zweifache Champion konsequent ins Privatleben zurück und tauchte nur in seltenen Ausnahmen in der Öffentlichkeit auf. Die Isolation erklärte sich auch aus der anhaltenden gesundheitlichen Situation.
In dem von Ducati betriebenen Podcast «Ducati Diaries» erzählte der trotz seiner Zurückgezogenheit weiter sehr populäre Stoner von der bedrückenden Krankheit: «Ich versuche immer noch, das chronische Müdigkeitssyndrom zu überwinden. In den letzten Jahren ist es besser geworden, aber ich hatte immer noch viele Höhen und Tiefen, lange Perioden, in denen ich nur auf der Couch gesessen habe. Ich würde das wirklich gerne beenden.»
Stoner weiter: «Deshalb habe ich mich von der Welt der MotoGP und dem Sport im Allgemeinen so gut wie komplett getrennt. Es war zu schwer zu ertragen, weil ich nicht in der Lage war, irgendwelche Dinge in Angriff zu nehmen. Eine Menge Depressionen hat sich darüber eingestellt. Also habe ich entschieden, mich von der Motorrad-Industrie zu trennen.»
Nach dem düsteren Rückblick hat sich der 38-Jährige nun wieder geöffnet. Casey Stoner gibt sich guter Dinge: «Ich interessiere mich langsam wieder mehr für die Szene, jetzt, wo ich mehr Energie habe. Ich sehe wieder deutlich mehr, was passiert.»
Der Australier kann sich sogar eine zukünftige Aufgabe vorstellen, die über den Teilzeit-Job als TV-Experte hinausgeht: «Ich würde gerne einige Fahrern auswählen und mit ihnen arbeiten. Ich habe eine Menge zu geben, ich habe eine ganz andere Perspektive. Ich habe das Gefühl, dass es bestimmte Dinge in der MotoGP gibt, die ich besser gemacht habe als andere – und es gibt Dinge, von denen ich weiß, dass ich sie nicht gut genug gemacht habe. Ich habe Situationen erlebt und dabei auch manches gelernt, das ich noch nie jemandem verraten habe.»
Stoner, der beim Australien-GP 2024 im Fahrerlager von Phillip Island erwartet wird, sagte zum Abschluss: «Es würde mir nichts ausmachen, mit den richtigen Leuten zu arbeiten, um meine Erfahrung an jemanden weiterzugeben, der es verdient.»