Bridgestone: 15.000 MotoGP-Reifen pro Jahr
Thomas Scholz
Der Deutsche Thomas Scholz (51), Chief Coordinator bei Bridgestone Motorsport, kümmert sich um die gesamte Logistik für die Einheitsreifen in der MotoGP-WM.
Bridgestone produziert circa 15.000 MotoGP-Reifen pro Jahr. «Bei den Rennen hatten wir bisher rund 900 Reifen dabei, auch in Übersee», erzählt Thomas Scholz. «2013 werden es vermutlich 1100 Reifen sein.» Die Bridgestone-Truppe kommt in Europa mit vier Lkw-Sattelzügen zu den Rennen.
Aus dem finanziellen Aufwand pro Saison wird bei Bridgestone ein Riesengeheimnis gemacht. Experten schätzen ihn auf rund 25 Millionen Euro.
Die MotoGP-Teams erhalten die Reifen für alle Rennen, GP-Trainings und offiziellen Testtage (13 pro Jahr ) kostenlos. Für die nicht offiziellen Tests erhält jedes Werksteam maximal 240 Testreifen – für die Stammfahrer und das Testteam zusammen. Ducati verheizte 2012 genau 235 Testreifen. Ein Ein-Fahrer-Team wie LCR-Honda verfügt über ein Testkontingent von maximal 120 Reifen für jene Tests, die ausserhalb der 13 offiziellen Testtage abgespult werden.
Bridgestone hat den neuen «Circuit of the Americas» (COTA) in Austin/Texas für 12. Februar angemietet. «Wir wollen dort mit den amerikanischen CR-bikes ein paar Grunddaten von der Strecke sammeln» erläutert Scholz. «Danach dann beim HRC-Test Mitte März können wir die Rennreifen für das Rennen vom 21. April festlegen.
Wir haben Thomas Scholz rund zwei Wochen vor dem ersten Sepang-Test (5. bis 7. Februar) noch ein paar weitere Fragen gestellt.
Wie sehen die Reifen-Kontingente aus pro Grand Prix (vorne und hinten) aus?
Für vorne der extraweiche Reifen von 2012 nicht mehr angeboten, da die neuen Standardmischungen und die veränderte Auswahl bei den Rennen dies für 2013 nicht mehr nötig machen. Dadurch verfügen alle Fahrer automatisch über einen zusätzlichen Reifen bei den zwei Standardversionen.
Hinten werden bei fast allen Rennen drei Spezifikationen angeboten. Beispielsweise A/B/C; dabei erhalten die CR-Teams die Mischungen A/B, MotoGP-Teams die Mischungen B/C.
In Katar beim ersten Rennen wird es aber vermutlich nur zwei Mischungen geben, da es letztes Jahr gut funktioniert hat.
Insgesamt werden die Fahrer einen Hinterreifen mehr bekommen wegen dem neuen Quali-Modus – also elf statt zehn. Die genaue Aufteilung wird noch festgelegt.
Was ändert sich sonst gegenüber 2012?
Die Konstruktionen für vorn und hinten werden beibehalten. Wir werden die «harten» und «extra-harten» Mischungen ersetzen, um deren Einsatzbereich breiter zu gestalten. Dadurch sollen den Teams mehr Wahlmöglichkeiten geboten werden.
In welche Richtung geht die Entwicklung?
Zunächst müssen die neuen Mischungen noch weiteren Tests unterzogen werden.
Welche Lehren hat man aus CR-Teams gezogen? Brauchen sie andere Reifen?
Manchmal, das ist ja bei der Auswahl der möglichen Kontingenten ersichtlich.
Wie oft wird es Dual Compound-Mischungen geben? Also Reifen, die links und rechts unterschiedlich hart sind, weil es mehr Rechts- oder mehr Linkskurven gibt? Und wo werden diese Reifen eingesetzt?
Bis auf Jerez wohl auf allen Strecken. Austin werden wir im Februar und März austesten.
Welche Rennstrecken machen euch Sorgen?
Die Strecken selbst machen uns eigentlich keine Sorgen. Vielleicht abgesehen von Indianapolis, wo der Asphalt immer kritischer wird. Es geht immer nur darum, die richtige Auswahl bei den Reifen zu treffen. Kritisch wird es, wenn an einem Rennen deutlich andere Temperaturen herrschen als erwartet.
Dies gilt sowohl für zu kalt wie in Assen 2011, als auch für zu warm wie in Assen 2012.
Wird es 2013 weniger Chattering-Symptome geben?
Da wir konstruktiv an den Reifen nichts ändern werden, gibt dies den Teams eine Art Konstante, mit der sie kalkulieren können. Ich gehe davon aus, das das Problem geringer sein wird, weil die Fahrwerke weiterentwickelt werden.
Bleibt dabei nur der Faktor Rennstrecke selbst, da sich die Asphaltbeläge natürlich auch von Jahr zu Jahr ändern und die Leistung der Motorräder, wobei mehr Leistung auch mehr Druck von hinten auf vorne bedeutet, womit die Front wieder etwas empfindlicher für Chattering werden kann.
2009 war das erste Jahr mit Einheitsreifen. Inzwischen wird dieses System kaum mehr in Frage gestellt.
Ja, aber was soll ich dazu sagen? Die ersten Jahre einer Ehe sind immer sehr schön, aber wenn die Gewohnheit eintritt, werden schon kleine Probleme zu ganz grossen! Im Rahmen des vorgegebenen Reglements haben wir immer versucht, uns bestmöglich zu verbessern und aus Fehlern zu lernen. Das Wohl und die Sicherheit der Fahrer stehen bei uns ganz oben auf der Liste.
Logischerweise ist die Entwicklungsgeschwindigkeit nicht mehr so hoch wie früher. Aber wir haben bisher nie unsere Qualitätsstandards bei den Reifen nach unten korrigiert, um billiger zu produzieren. Das werden wir auch weiter nicht tun. Grundsätzlich verwenden wir die gleichen Materialien zur Herstellung wie noch 2008, als der Reifenkrieg voll im Gange war.