Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Die MotoGP-Stars und der Zahn der Zeit

Von Sharleena Wirsing
Wenn die neue MotoGP-Saison Ende März in Katar startet, wird Colin Edwards mit 40 Jahren der älteste Pilot in der Startaufstellung sein. Auch Valentino Rossi zählt dann bereits 35 Lenze.

Wenn man als Rennfahrer das Alter von 35 Jahren erreicht hat, durchbricht man damit eine imaginäre Schallmauer. «Alter gibt Erfahrung», wusste schon der römische Dichter Ovid. Doch im Rennsport stellt das Alter die Fahrer auch vor neue Herausforderungen. Jüngere Talente rücken nach, die technischen Entwicklungen schreiten immer schneller voran und meist sinkt mit mehr Erfahrung auch die Risikobereitschaft. Im Hinblick auf Valentino Rossis Rückkehr zu Yamaha, die nicht so erfolgreich verlief, wie von den Fans und wohl auch Rossi selbst erhofft, wurde oftmals sein Alter als einer der Gründe herangezogen: Rossi habe den Biss verloren.

Altern ist ein immer weiter voranschreitender und nicht wieder umkehrbarer Prozess, dem auch Rennfahrer unterliegen. Doch welche konkreten Nachteile hat das Alter nun für einen WM-Piloten? Oder bringt es sogar den ein oder anderen Vorteil mit sich?

Erfolg und die Überzeugung, dass es klappen kann

In Deutschland gibt es einen Mann, der diese Fragen aus erster Hand beantworten kann. Er ist der älteste 250-ccm-Weltmeister in der Geschichte der Motorrad-WM, der letzte Weltmeister der 350-ccm-Klasse und der bisher erfolgreichste deutsche WM-Pilot. Mit 38 Jahren holte der Bayer Toni Mang 1987 seinen fünften WM-Titel. «Ein gewisses Maß an Erfolg gehört natürlich dazu. Wenn ich ständig nur hinterhergefahren wäre, hätte ich wahrscheinlich früher aufgehört. Erfolg, der durch eine ausreichende Anzahl von Sponsoren honoriert wird, ist die halbe Miete, um über eine lange Zeit motiviert zu bleiben. Man muss davon überzeugt sein, dass es unter gewissen Umständen wieder klappen könnte», weiß Mang.

Der älteste Pilot im MotoGP-Feld, Colin Edwards, erreichte 2013 den 14. WM-Rang. 2014 tritt er mit 40 Jahren zu einer weiteren WM-Saison an. «Colin muss wirklich Spaß an der ganzen Sache haben, denn ich denke nicht, dass finanziell viel für ihn herauskommt. Er fährt wohl aus Spaß an der Freude. Wenn er nicht die Motivation aus sich selbst ziehen könnte, hätte er wohl schon aufgehört», vermutet der fünffache Weltmeister Toni Mang.

Rossi: Crewchief-Wechsel als neue Motivation

Bei Rossi, der sich kürzlich von seinem langjährigen Crewchief Jeremy Burgess trennte, ist die Situation eine andere, sagt Mang: «Er ist in der Position, dass es ja nochmal klappen könnte und an Geld mangelt es ihm sicher nicht. Da er meist nicht weit von der Spitze entfernt ist, bleibt er auch motiviert. Man darf ihn nicht vergessen und muss abwarten. Auch den Wechsel der Crew darf man nicht unterschätzen, denn das kann ihm völlig neue Motivation verschaffen. Das ist vielleicht ein Grund für ihn, sich nochmal richtig zu schinden und sich in einem neuen Umfeld wieder voll zu motivieren.»

«Wenn man so lange in der WM fährt, dann hat man unglaublich viel Erfahrung, aber eben nicht nur positive», gibt der heute 64-jährige Mang zu bedenken. «Man sammelt auch Erfahrungen im negativen Sinne. Ein Arzt sagte einmal zu mir: ‹Jeder Sturz macht dich langsamer. Auch wenn man nicht verletzt wird, macht er langsamer.› Das ist wahr. Negative Erfahrung kann man nur schwer übergehen und ausblenden, aber sie darf nicht das eigene System durchdringen. Die positive Erfahrung muss überwiegen, je länger man fährt.»

Fünf Jahre nach seinem vierten WM-Titel schaffte es Toni Mang, nach einem Ausflug in die 500-ccm-Klasse und drei Jahren mit teilweise unterlegenem Material, nochmals an die Spitze und holte seinen fünften Titel. «Ich habe 1987 nicht mit dem Titel gerechnet. Er war sicher in meinem Hinterstübchen das Ziel, aber das hätte ich nie laut ausgesprochen», erinnert sich Mang. Auch Valentino Rossi spricht seit seiner Ducati-Zeit nicht mehr von Titeln, sondern von Podestplätzen und Siegen.

Neben Edwards, Rossi und Mang gab es in der Geschichte der Motorrad-WM natürlich noch viele weitere Piloten, die auf eine lange und erfolgreiche Karriere zurückblicken können. Jeremy McWilliams fuhr zwölf Jahre in der Motorrad-WM und nahm mit 41 Jahren 2005 in Brünn an seinem letzten Grand Prix teil. 2007 war ein weiterer Einsatz für das Team Ilmor SRT geplant, doch McWilliams verletzte sich und das Team zog sich aus der WM zurück, bevor der damals 43-Jährige wieder fit war.

«Capirex» fuhr über zwei Jahrzehnte auf WM-Niveau

Der dreifache Weltmeister Loris Capirossi absolvierte 22 Jahre in der Weltmeisterschaft und trat nach der Saison 2011 mit 38 Jahren zurück. Seitdem arbeitet er für MotoGP-Promoter Dorna als Sicherheitsberater. Seinen Spitznamen «Capirex» bekam Loris Capirossi übrigens von Kenny Roberts jr. Weil er über zwei Jahrzehnte auf WM-Niveau fuhr, wurde der Italiener von einigen als «Dinosaurier» bezeichnet. Dadurch erhielt er den Spitznamen «Capirex», in Anlehnung an den Tyrannosaurus rex.

Auch der langjährige Aprilia-Testfahrer und Grand-Prix-Sieger Marcellino Lucchi glänzte bei seinen GP-Einsätzen bis ins hohe Rennfahreralter. Im Rennen in Mugello 1998, das wegen Regens abgebrochen und neu gestartet werden musste, verwies er als Wildcard-Pilot seine Aprilia-Werksteam-Kollegen Valentino Rossi, Tetsuya Harada und Loris Capirossi auf die Plätze und wurde mit 41 Jahren und 65 Tagen viertältester Sieger eines 250-ccm-WM-Laufs. Mit 47 Jahren fuhr er 2004 in Malaysia seinen letzten Grand Prix.

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