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Hakan Carlqvist - der verkannte 'Superschwede'

Von Thoralf Abgarjan
In seiner aktiven Zeit verglich man Hakan Carlqvist wegen seines eisernen Willens öfter mit der Boxerlegende Cassius Clay. Seinen ersten WM-Titel holte er 1979 mit Husqvarna, die ihn abgeschrieben hatten.

Hakan Carlqvist wurde nur 63 Jahre alt. Im Vergleich zu Fahrerpersönlichkeiten wie Stefan Everts (10 WM-Titel) oder Antonio Cairoli (8 WM-Titel) mögen Carlqvists zwei WM-Titel aus dem Jahre 1979 (250cc, Husqvarna) und 1983 (500cc, Yamaha) auf den ersten Blick unspektakulär erscheinen. 

Doch Carlqvist hat die Motocross-Szene mehr bereichert als Andere, er hat Motocross-Geschichte geschrieben.

An seinen legendären 'beerstop' im Jahre 1988 in Namur haben wir erinnert.

In Schweden ist Carlqvist bis heute ein Star und auch bis heute einem breiten Publikum bekannt. Sogar Schwedens Premier Stefan Löfven hat sich zum Tode Carlqvists im TV geäußert.

'Carla' war ein echter Charakterkopf, wie es ihn heute in der weichgespülten Medienwelt kaum noch gibt, mit gelebter Leidenschaft für den Sport und auch einer gehörigen Portion Sturheit.

Begonnen hat 'Carla' mit Fußball, er spielte Eishockey und entdeckte das Downhill-Fahren. Für heutige Verhältnisse sehr spät, erst im Alter von 16 Jahren, interessierte er sich für Motorräder und begann auf einer 125er Straßenmaschine. 1971 kaufte er sich eine Penton-KTM-Geländemaschine und gewann damit prompt sein erstes Motocross-Rennen. Der gelernte Glashändler entwickelte sich Schritt für Schritt in Richtung einer MX-Profikarriere und stieg 1974 mit der spanischen Marke
Ossa in die WM ein.

Hakan Carlqvists Erfolge in der 250cc Klasse:
1974: WM-Rang 25 (Ossa)
1975: WM-Rang 23 (Ossa)
1976: WM-Rang 15 (Ossa)
1977: WM-Rang 17 (Husqvarna)
1978: WM-Rang 7 (Husqvarna)
1979: Weltmeister (Husqvarna) vor Hudson und Kavinov

1977 bekam er von Husqvarna eine Werksmaschine angeboten. Doch es reichte am Ende in der WM nur für Platz 17. Deshalb bekam er von Husqvarna im Folgejahr 1978 nur noch Serienmaterial und Ersatzteile zur Verfügung gestellt. Husqvarna hatte den Glauben an Carlqvist verloren, doch die schwedische Kämpfernatur gewann 1978 seinen ersten 250cc-WM-Lauf beim Saisonstart in Spanien. Danach lief es zwar nicht mehr rund, doch es reichte am Ende immerhin für WM-Platz 7. Weltmeister 1978 wurde zum dritten Mal und nach 1977 zum zweiten Mal in Folge der Sowjetrusse Guennady Moiseev auf KTM.

Zu Hause in Schweden wurde er zu jener Zeit nur noch von seinem Landsmann Torleif Hansen geschlagen, der 1978 auf Kawasaki WM-Zweiter wurde.

Husqvarna glaubte nicht mehr an Carlqvist. Nach zähen Verhandlungen erhielt er für die Saison 1979 wieder Werksmaterial. Aber er startete ohne Gage. Husqvarna war lediglich bereit, ihm Bonuszahlungen für zählbare WM-Resultate zu gewähren. Carlqvist war bereits 25 Jahre alt. «Nach all meinem Pech stand das Geld für mich an zweiter Stelle», erinnerte sich 'Carla', «denn ich wusste, dass ich ein Siegertyp war.»

Bereits beim Saisoneröffnungsrennen in Spanien gewann er den zweiten Lauf vor Neil Hudson (Maico), der 1979 sein härtester Gegner wurde. Doch nach Doppelsiegen in Halle (NL), Holice (CSSR), Szczecin (Polen), Lavaur (Frankreich) und Bielstein wurde er 1979 sogar vorzeitig zum Weltmeister gekürt und sein Arbeitgeber musste für die Bonuszahlungen tiefer in die Tasche greifen als ihnen lieb war.

«Endlich konnte ich mich endlich nur noch ums Fahren kümmern» erinnerte sich Carlqvist. «Vorher habe ich alles selbst erledigt. Einen Werksmechaniker - Tommy Jansson - zur Verfügung zu haben, der mir den Rücken frei hielt und mir dazu noch eine mentale Unterstützung bei der Rennvorbereitung gegeben hat, hat mir enorm geholfen.»

Die Freundschaft zu Tommy Jansson sollte ein Leben lang halten.

Die Medien nannten ihn nach seinem WM-Titel nur noch 'Superschwede' und verglichen ihn wegen seines eisernen Willens und seiner gelegentlichen Launen gern mit dem legendären Boxweltmeister Cassius Clay.

Carlqvist suchte nach dem WM-Sieg die nächste Herausforderung. Er wechselte 1980 in die 500er Klasse, die damals als die 'Königsklasse' des Motocross galt. Carlqvist verließ Husqvarna, ging zu Yamaha und wurde 1980 WM-Dritter hinter dem Belgier André Malherbe (Honda) und dem Amerikaner Brad Lackey. Er holte Laufsiege in Vissefjärd (Finnland) und Gaildorf

Nach einem weiteren dritten WM-Rang 1982 setzte sich Carlqvist 1983 erst im Saisonfinale in St. Anthonis (Holland) gegen André Malherbe durch, den später im Jahre 1988 das Schicksal bei der Paris-Dakar-Rally heimsuchte und der seither vom Hals ab querschnittsgelähmt ist.

Ein solches Schicksal blieb 'Carla' zum Glück erspart, doch auch er war gezeichnet von den Folgen des Extremsports und weiteren Unfällen: Er fiel vom Dach seines Hauses und stürzte bei Filmaufnahmen mit der Husaberg schwer.

All das hat er überstanden, seinen Schlaganfall am 6. Juli 2017 leider nicht.

Hakan Carlqvists Erfolge in der 500cc Klasse:
1980: WM-Rang 3 (Yamaha) hinter Malherbe und Lackey
1981: WM-Rang 3 (Yamaha) hinter Malherbe und Noyce
1982: WM-Rang 8 (Yamaha) nach Verletzungspech
1983: Weltmeister vor Malherbe, Noyce und H. Everts
1984: WM Rang 10 (Yamaha)
1985: WM Rang 16 (Yamaha)
1986: WM Rang 8 (Yamaha)
1987: WM Rang 12 (Kawasaki)
1988: WM Rang 10 (Kawasaki), letzter GP-Sieg mit 'beerstop'

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