Henry Jacobi (Yamaha): «Ohne Zuschauer unvorstellbar»
Henry Jacobi beim MXGP-Auftakt 2020 in Matterley Basin
Am Dienstag veröffentlichte WM-Promoter Infront Moto Racing ein Kalender-Update, das in der Szene für Stirnrunzeln sorgte. Nachdem der Neustart jetzt für den 2. August in Orlyonok/Russland geplant ist, soll die Saison bis auf den 29. November ausgedehnt werden – ein Zeitpunkt, zu dem die MXGP-Piloten eigentlich schon längst auf die kommende Saison hinarbeiten sollten, die mit den Vorbereitungsrennen traditionell Ende Januar beginnt. In der Motocross-WM ist es deshalb durchaus üblich, dass die Verträge am 31. Oktober auslaufen.
Und während nicht nur die Privatteams längst darauf drängen, die kostspieligen Übersee-GP 2020 ganz zu streichen, scheinen aktuell sowohl China als auch die zwei Indonesien-GP und Argentinien noch im Terminplan auf. Dazu kommt: Die Frachtkisten müssten auch für die Reise nach Russland oder in die Türkei gepackt werden.
Als MXGP-Rookie Henry Jacobi am Dienstagabend im Instragram-Live-Interview von SPEEDWEEK.com eine halbe Stunde lang Rede und Antwort stand, waren die jüngsten Terminverschiebungen natürlich ein großes Thema: «Meine persönliche Meinung ist, dass der Kalender – wie alle anderen – wieder komplett umgekrempelt wird. Russland hatte am Sonntag fast 11.000 Neuinfizierte und dort soll der erste Grand Prix sein, da weiß ich nicht ganz, ob das so stattfinden wird», gab der Thüringer zu bedenken.
In der MotoGP-WM plant WM-Promoter Dorna einen Neustart für den 19. Juli, allerdings in Form von Geisterrennen. In der MXGP-WM, in der die Einnahmen aus dem Verkauf der TV-Rechte fehlen, ist dieses Szenario noch schwieriger umzusetzen. «Ein Motocross-Rennen ohne Zuschauer stattfinden zu lassen ist für uns Motocrosser eigentlich unvorstellbar. Der Veranstalter selbst lebt eigentlich nur von den Zuschauern. In der Bundesliga, der Formel 1 oder MotoGP – die sind um vieles größer als Motocross. Deswegen kann ich mir vorstellen, dass man es da noch kompensiert bekommen wird, aber ich denke nicht, dass das bis zu uns ‚kleinen‘ Motocross-Leuten durchdringt», grübelte der Yamaha-Pilot aus dem Team SM Action M.C. Migliori.
Vorerst gilt es also abzuwarten. «Ich weiß auch nicht genau, wie sie es dann machen werden. Aber es sieht leider noch nicht wirklich vielversprechend aus», seufzte Jacobi.
Der Grand Prix im Talkessel von Teutschenthal steht aktuell ohne Termin da, aber wurde zumindest – im Gegensatz zu Maggiora und Saint-Jean-d’Angély – noch nicht restlos gestrichen. «Wir versuchen alles», ließ der MSC Teutschenthal wissen. Auch Jacobi hofft noch auf einen Heim-GP: «Ich denke auch, dass Teutschenthal zentral in Europa gelegen ist. Falls es nach der Coronakrise weitergeht, werden dann wohl nur die zentraleren Länder angefahren. Ich hoffe nicht, dass wir dann nach Indonesien, China oder Argentinien müssen. Um den Werken auch einfach ein bisschen unter die Arme zu greifen, werden die Rennen wohl irgendwo hier in Europa ausgetragen.»
Bis die WM wieder ins Rollen kommt, kann sich der 23-Jährige auch sehr gut vorstellen, die ADAC MX Masters (er war 2018 Gesamtsieger) zu bestreiten: «Auf jeden Fall, wenn es wieder Masters-Rennen gibt, bin ich beim ersten dabei. Denn ich muss Rennen fahren und ich will Rennen fahren. Und es wäre auch einfach schön, wieder dabei zu sein.»
Der durch die Coronakrise völlig umgekrempelte MXGP-Kalender sorgt außerdem dafür, dass nach dem «Motocross of Nations», eigentlich der traditionelle Saisonabschluss, plötzlich noch acht weitere Grand Prix anstehen. Viele Fans fragen sich deshalb, ob die Top-Fahrer am 26. und 27. September in Ernée trotzdem an den Start gehen und vor allem vollen Einsatz zeigen werden.
«So sollte es eigentlich sein, dass man, wenn man gefragt wird, für sein Land dabei ist», hält Jacobi fest. «Allerdings weiß ich nicht, wie es ist, wenn man um die WM kämpft wie zum Beispiel Tim Gajser, der mit Slowenien wahrscheinlich nicht um den Nations-Titel kämpft. Da weiß ich nicht, ob er sich das antut. Ich denke aber, dass es auch mitten in der Saison funktionieren wird. Allerdings weiß man auch noch nicht, ob es überhaupt stattfindet. Man hofft es natürlich und ich würde dann auch gerne für Deutschland auflaufen.»
Motocross-WM-Kalender 2020 (Stand: 12.5.2020):
01.03.2020 - Großbritannien, Matterley Basin, EMX125, WMX
08.03.2020 - Niederlande, Valkenswaard, EMX250, WMX
02.08.2020 - Russland, Orlyonok, EMX250, EMXOpen
09.08.2020 - Lettland, Kegums, EMX250, EMXOpen
16.08.2020 - Schweden, Uddevalla, EMX125, EMX250
23.08.2020 - Finnland, Iitti-Kymi-Ring, EMX125, EMX250, EMX2T
06.09.2020 - Türkei, Afyonkarahisar, EMXOpen, WMX
13.09.2020 - China, Shanghai
20.09.2020 - noch nicht bestätigt
04.10.2020 - Italien, Arco/Pietramurata, EMX250, EMX2T
11.10.2020 - Spanien, Xanadú, EMX125, WMX
18.10.2020 - Portugal, Agueda, EMX125, EMX250
25.10.2020 - Belgien, Lommel, EMX125, EMX250
01.11.2020 - Indonesien, Jakarta
08.11.2020 - Indonesien, tba
22.11.2020 - Argentinien, Neuquen
29.11.2020 - noch nicht bestätigt
Noch ohne Termin:
Tschechien, Loket, EMX65, EMX85, EMX2T
Deutschland, Teutschenthal, EMX250, EMXOpen
Italien, Imola, EMX125, WMX
Gestrichen:
Frankreich, St Jean d'Angély, EMX125, EMXOpen
Italien, Maggiora, EMXOpen, WMX
Motocross der Nationen:
27.09.2020 - Frankreich, Ernée