Russland-GP: Kann der Sport endlich Frieden stiften?
Russland und die Ukraine befinden sich nach wie vor in einem tiefgreifenden politischen Konflikt.
Der Grand-Prix der Ukraine 2014 in Dimitrov (Gebiet von Donezk) wurde von Youthstream abgesagt.
In dem am 4. Juli 2014 von der FIM und Youthstream vorgelegten provisorischen Kalender für 2015 wurde ein Russland-Grand-Prix als «TBA» (to be announced) ohne Ortsangabe angekündigt.
Damit erhält Russland auf sportlicher Ebene eine Chance, sich als weltoffenes und liberales Land zu präsentieren.
Aber darum geht es nicht. Den Zuschlag bekommt, wer bezahlen kann. Das ist auch nichts Ehrenrühriges. Ein Grand-Prix kostet eine Menge Geld, ohne jeden Zweifel.
Aber im Falle der Länder Russland und Ukraine sind noch ein paar andere Faktoren mit im Spiel.
Tatsache ist: Russland hat eine lange sportliche Tradition im Motocross: Erinnert sei an den Weltmeister von 1974, 1977 und 1978: Guennady Moisseev.
Guennady Moisseev ist Russe.
Moisseev war der erste KTM-Weltmeister. Team-Buddy und «Wasserträger» des Russen aus Sankt Petersburg: Vladimir Kavinov.
Vladimir Kavinov ist Ukrainer.
Moisseev und Kavinov gewannen gemeinsam mit ihrer Mannschaft, zusammen mit Chudiakov und Korneev, das Motocross der Nationen 1978 in Gaildorf.
Vladimir Kavinov lebt heute noch in der ukrainischen Hauptstadt Kiev. Die Geschichte der beiden Motocross-Sportler ist beispielhaft für die Verhältnisse im früheren Sowjetreich: Nicht nur durch den Sport sind die beiden Nationalitäten traditionell verbunden. Feindseligkeiten gab und gibt es selten.
Das scheint allein Sache der Regierungen zu sein.
So tobt seit mehr als einem halben Jahr in der Ukraine ein übler Bürgerkrieg. Ein Machtkampf der Großmächte. Die Menschen, die Gesellschaft und auch der Sport sind die Leidtragenden: Siehe Grand-Prix von Donezk!
Russland hat aktuell 3 Fahrer in beiden WM-Klassen am Start: Alexander Tonkov rangiert nach dem 13. MX2 Grand-Prix auf Platz 8. Vsevolod Brylyakov erzielte bereits Achtungserfolge. Grand-Prix-Sieger Evgeny Bobryshev laboriert zwar momentan an seiner Verletzung, ist aber bereits ein «alter Hase» in der Premiumklasse MXGP.
Im finnischen Hyvinkää stattete am letzten Grand-Prix-Wochenende eine Delegation aus der russischen Region Krasnodar einen offiziellen Besuch ab, darunter Alexander Dzheus, Generaldirektor des Kinder-, Jugend- und Sportzentrums «Orlyonok».
Es wurde die Absicht erklärt, in «sehr naher Zukunft» Rennen der FIM Junioren WM und MXGP zu veranstalten.
Motocross-Sport soll nun auch im Zentrum «Orlyonok» gefördert werden. Es ist geplant, ein Trainigszentrum mit der dazugehörigen Infrastruktur aufzubauen, um mit Hilfe der Medienpräsenz die Vorzüge des Sportzentrums und der Region Krasnodar einer größeren Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Auch von Youthstreams Jugendförderprogramm zeigten sich die Russen angetan: Sie besuchten die «MXGP Academy» und verfolgten die Rennen der EMX-Europameisterschaft.
«Orlyonok» war früher ein russisches Pionier- und Trainingslager aus Sowjetzeiten, das bereits1960 eröffnet wurde. Es ist zu einem modernen Freizeit- und Sportzentrum ausgebaut worden. Jährlich kommen heute noch ca. 20.000 (!) Kinder und Jugendliche aus allen Regionen Russlands und internationale Gäste in das Feriengebiet.
Orlyonok liegt an der nordöstlichen Schwarzmeerküste und befindet sich 45 km entfernt von der Stadt Tuapse in der Region Krasnodar, direkt am Schwarzen Meer.
So besteht die Hoffnung, dass der Ukrainer Kavinov und der Russe Moisseev bei einem künftigen Russland-Grand-Prix eine Ehrenrunde drehen und gemeinsam daran erinnern, was beide Nationalitäten, Russen und Ukrainer, verbindet. Eine großartige Chance!
Youthstream, die FIM und KTM können hier ein deutliches Zeichen setzen: Als Ehrengäste des Grand-Prix könnten sie fast 40 Jahre nach den ersten WM-Erfolgen der Russen und Ukrainer gemeinsam für Frieden und Toleranz eintreten!
Genügend Gründe sind also vorhanden.
Der erste WM-Titel von Moisseev für KTM ist auch einer.