Serie: Wohin steuert die Motocross-WM ab 2014?
Faszinierend und gefährlich: Start des Superfinales in Thailand
Die Chancen stehen gut, dass sich Ende Juni die Form der Motocross-WM massiv verändert. Zehn Jahre nach dem Wechsel der Klassen 125, 250 und 500 ccm (elf Jahre, wenn wird das verrückte Jahr mit 125, MXGP und 650 dazuzählen) zu MX1 und MX2 und der MX3 als nachträglichem Einfall steht der GP-Sport vor dem nächsten grossen Schritt. Der Wechsel vor zehn Jahren wurde gemacht, um die technischen Unterschiede zwischen Vier- und Zweitaktern zu regeln. Der jetzt geplante Schritt wird nötig, um den Sport an die rasante Entwicklung der modernen, digitalen Welt anzupassen. Im Zentrum dabei steht das Fernsehen.
Viele dürften sagen, dass es ein notwendiges Übel sei. Aber es gibt keinen Zweifel, dass heutzutage Live-Übertragungen in jeder Sportart eine wichtige Basis für das kommerzielle Überleben darstellen. Die beteiligten Hersteller und Firmen fahren Rennen, um Produkte zu verkaufen. Der TV-Bildschirm ist dafür die beste Plattform für diesen Verkaufskanal.
Das Experiment mit dem Superfinale, in dem 2013 bei den vier Überseerennen in Katar, Thailand, Mexiko und Brasilien die jeweils 20 besten Fahrer der MX1 (Königsklasse mit 450-ccm-Viertaktern) und der MX2 (250 ccm) gemeinsam zum zweiten Lauf starten, ist ein Versuchsballon für das Format, das womöglich ab 2014 in allen Rennen angewendet wird. GP-Promoter Youthstream hat aus dem ursprünglichen Die-Besten-gegen-die-Besten-Charakter des Superfinales rasant einen Testlauf für eine einstündige TV-Show gemacht. Fernseh-Imperien wie das mächtige Al-Jazeera-Network im Mittleren Osten sind interessiert an einem 60-minütigen Liveprogramm, viel mehr als an den zunehmend unrealistischen vier Stunden, den ein GP derzeit beansprucht.
Das ist eine heftige Reduktion. «Wir haben alle dasselbe Ziel», erklärt Pit Beirer, bei KTM Head of Motorsports. «Wir wollen eine starke MX2- und MX1-Meisterschaft, wir wollen ein grösseres Stück vom TV-Kuchen und wir wollen, dass der Sport wächst. Aber diese Ziele werden wir nicht erreichen, wenn wir alles so lassen wie es bisher ist. Ich denke, das neue Format war eine gute Idee, etwas Neues für die Zukunft zu probieren. Ich muss anfügen, dass die Idee mit dem Superfinale von einem meiner Kollegen aus der Industrie stammt und nicht von Youthstream. Wir alle dachten uns, es wäre eine gute Idee und habe ihr eine Chance eingeräumt. Nach zwei Rennen wissen wir nun, dass es daran einige positive und einige negative Punkte gibt.»
Das Superfinale und wie es weitergeht
Nach Katar und Thailand konnten zwei grosse Vorteile des neuen Formats festgestellt werden. Der erste war, dass die Startgatter für die beiden Überseerennen voll waren. Die düstere wirtschaftliche Situation in Europa und die relativ gute Lage in anderen Märkten (Yamaha verkauft in Thailand fast 1,5 Mio. Motorräder, Suzuki 80.000) sind förderlich für ein volles Startfeld und kommt sowohl Youthstream, die auf der Suche nach potenten Veranstaltern sind, und den Werken entgegen. Die Hersteller hoffen, ihre Promotion in Regionen (Brasilien, Indien, Osteuropa) zu verstärken, die andere Motorradrennserien nicht zwingend abdecken.
Ausserdem ist es nicht negativ, dass eine «Welt»-Meisterschaft neue Länder besucht, solange eine Kostenstruktur für die Reisen der Teams sichergestellt ist. Der erste kleine Schritt dazu ist die für 2013 eingeführte Frachtunterstützung. Aber um das Ziel von Youthstream zu erreichen, nur noch 50 Prozent der Rennen in Europa durchzuführen und die andere Hälfte in Übersee, dürfte die Kostenseite verkomplizieren. Das Superfinale löste das kurzfristige Problem der mageren Startfelder, die MX1 wartete mit über 20 Piloten auf, die MX2 mit 30.
Der zweite und vielleicht grösste Vorteil war die Action. «In Katar gab es fantastischen Rennsport zu sehen, auf der ganzen Linie», sagt Steve Guttridge, der Rennsport-Manager bei Kawasaki Motor Europe. «Der Letztplatzierte war womöglich noch nie zuvor auf dem letzten Rang gelandet!»
«Wir haben das neue Superfinale eingeführt, und es kam grossartigen Rennsport dabei heraus», bestätigt Honda-Offroad-Manager Roger Harvey. «Diese 40 Fahrer auf der Startlinie zu haben, hat dies ermöglicht.»
Grosse Verwirrung mit den Ranglisten
Wie Beirer erwähnte, brachte das Superfinale auch ein paar Nachteile mit sich. Die Unterscheidung zwischen den beiden Klassen, zwei Rennergebnisse und zwei GP-Ranglisten in einem einzigen Lauf sind eine Flut von Informationen, die aufgeschlüsselt werden wollen. Vor allem die TV-Präsentation dieser Tabellen muss schlank und begreifbar sein, um das Rennen selber und das grössere Bild zu vermitteln.
Dieser Aspekt ist verständlicherweise bei Youthstream noch immer ein laufender Prozess. Dass das Superfinale als ultimatives «Ein-Rennen-Spektakel» designt wurde, ist die Ironie des Ganzen. Dass Tony Cairoli in Katar den Lauf gewann und auf das oberste Treppchen des Podests stieg, obwohl er die GP-Wertung nicht gewonnen hatte, war ein klassisches Beispiel, wie Youthstream-Präsident Giuseppe Luongo die Leute zum Umdenken bewegen will.
Der Italiener hat ausserdem bekanntgegeben, dass die Strecke so gestaltet wurde, um das Level der 450er und 250er anzugleichen, damit das MX2-Feld nicht hoffnungslos ans Ende des Feldes zurückfällt. «Wir denken, dass es eine gute Idee war, bei den Überseerennen die Klassen zusammenzulegen. So konnten alle ein wenig Kosten sparen und wir hatten ein volles Gatter mit Topfahrern, nicht ein Mix aus sehr langsamen und schnellen Piloten», sagte Beirer. «Wir sind aber nicht sicher, wie es in Zukunft weitergeht. Wir haben herausgefunden, dass die Sichtbarkeit der MX2-Klasse im gemischten Superfinale sehr gering ist. Die MX2-Klasse ist eine sehr wichtige Kategorie unseres Sports und wir müssen sicherstellen, dass es eine gute Basis für die Talente gibt, den ersten Schritt im der GP-Welt machen zu können.»
Das andere Fragezeichen gegen das Vermischen der Klassen (diese Formel funktioniert irgendwie beim jährlichen Nationen-Cross, obwohl auch dort ein für Laien undurchsichtiges Punktesystem angewendet wird) ist die Sicherheit. Der gemeinsame Start in Losail war gleichzeitig sensationell und sensationell beängstigend und die riesigen Sprünge und Wellen-Sektionen eine Woche später in Si Racha zeigten schonunglos die verschiedenen Fähigkeiten und Sprungdistanzen der Bikes auf. Im Fahrerlager ist man sich einig, dass die ersten Runden im Superfinale aufregend, aber gleichzeitig auch sehr unübersichtlich sind.
«In Katar hatte ich einen guten Start, es schaute okay aus. Aber in Thailand steckte ich im Pulk fest, das war verrückt», sagte Suzuki-RM-Z450-Pilot Kevin Strijbos. Cairoli hatte sich nach zwei Starts darauf festgelegt, dass ein durchgemischtes Startgatter sicherer für die erste Kurve wäre. Jetzt belegen die MX2-Piloten die besten 20 Startplätze, dahinter folgen die 20 MX1-Fahrer. Andere sprechen sich sogar für die umgekehrte Prozedur aus: Mit den MX1-Fahrern auf den guten Startplätzen würde sich rasch eine klarere Trennung herausbilden. Wieder andere Stimmen brachten die alte «Fünf-Sekunden-Regel» ins Spiel, bei der die MX2-Fahrer fünf Sekunden Vorsprung kriegen. Das würde die wilden Aktivitäten auf der ersten oder den ersten beiden Runden einschränken.
Teil 2 der grossen Story über die Zukunft der Motocross-WM: «Das Ende der MX2-Klasse?» – bald auf SPEEDWEEK.com!