IBPM/Schleizer Dreieck: Ein Titel, der keiner war
Zur Sammlung der erfolgreichen Veranstaltungen im Jahr des 100jährigen Bestehens der Strecke sollte ein weiterer sportlicher Höhepunkt hinzugefügt werden. Und, so viel sei vorausgeschickt, dieser Plan ging voll und ganz auf, Teilnehmer und Besucher wurden bestens unterhalten. Dabei zeigte sich das Dreieck wettertechnisch eher von der kratzbürstigen Seite, am Trainingsfreitag wechselten sich in schöner Regelmäßigkeit nasse und trockene Abschnitte. Für viele Fahrer, von denen der Großteil noch nie in Schleiz gefahren war, wurde das eine heftige Herausforderung. «Respekt an die Teilnehmer, die das ganze Wochenende inklusive der zahlreichen Rennen ohne größere Unfälle meisterten», lobte anschließend der Veranstalter. Auch der Samstag zeigte sich durchwachsen und forderte volle Konzentration. Erst am Sonntag sollte sich das Wetter ändern und wenigstens die Hauptrennen unter (fast) perfekten Bedingungen stattfinden lassen.
BMW Cup
Der Mann des Wochenendes im BMW RR Cup hieß Thomas Heckel. Der Franke aus Naila liebt die Strecke abgöttisch und lässt keine Gelegenheit aus, auf dem Schleizer Dreieck zu fahren. Seine dadurch vorhandene Streckenkenntnis wandelte er in den Zeittrainings dann auch 1:1 in eine Pole-Position um, satte 1,9 sec vor dem Trainingszweiten Marko Nickel. In Reihe 1 ordnete sich Thomas Schüller als Dritter ein. Cup-Leader Andy Lorch stand hinter Andre Krüger und vor Erik Thomsen auf Platz 5.
Im Rennen am Samstag zeigte Heckel die gleiche Dominanz, fuhr im Schnitt eine Sekunde schneller pro Runde als die Konkurrenz und gewann unangefochten. Thomas Schüller zog gleich in der ersten Runde an Marko Nickel vorbei und fuhr den zweiten Platz sicher ein. Nickel hatte Andre Krüger unmittelbar im Gefolge, hielt sich aber auf Rang 3. Spektakulär gestaltete sich der Kampf um Platz 5. Michael Baczynski gelang es in der letzten Runde, mit Erik Thomsen und Andy Lorch zwei der am schwersten zu überholenden Fahrer des Feldes mit einem Mal zu schnappen.
In der ADVANCED-Wertung war es zum letzten Mal Thomas Schüller, der die maximale Punktzahl erreichte. Es war sein drittes Podium der Gesamtwertung und so wird er ab diesem Zeitpunkt nur noch in dieser gewertet. Platz 2 erreichte Sebastian Lorch, Dritter wurde Jörg Gerhard.
Das Hauptrennen am Sonntag gestaltete sich an der Spitze ähnlich wie am Samstag. Heckel fuhr voraus und ließ den Abstand zu Thomas Schüller Runde für Runde wachsen. Der verwaltete auch eher den Vorsprung auf die Verfolgergruppe, in der sich Andy Lorch, Erik Thomsen, Marko Nickel und Andre Krüger einen fernsehreifen Kampf über die gesamten 13 Runden lieferten. Lorch behielt final die Nase vorn, Erik Thomsen wurde Vierter, Marko Nickel und Andre Krüger folgten. Nun ohne Schüller ging der Sieg in der ADVANCED an Sebastian Lorch, Kjell Kleymann erreichte Platz 2 vor Tim Widding, der damit sein erstes Podium der Saison feiern durfte.
Aktueller Punktestand
Gesamtwertung
#116 Andreas Lorch 238 Punkte
#84 Marko Nickel 213 Punkte
#44 Andre Krüger 169 Punkte
ADVANCED
#144 Thomas Schüller 235 Punkte
#150 Sebastian Lorch 119 Punkte
#901 Christopher Schnitger 106 Punkte
Superbike 750
In der Superbike 750 hatte Simon Knispel die letzten beiden Läufe in Assen gewonnen und sich damit in der Meisterschaft wieder an das Duo Kellerer-Knüpfer herangearbeitet, die sich in der Meisterschaftsführung bis dato regelmäßig abwechselten. Das Zeittraining beendete er als Fünfter hinter dem Schleiz-erfahrenen Chris Kirschbaum, Peter Kellerer, Matthias Knüpfer und Marcel Lorenz. Die Rennen bestritt man wieder gemeinsam mit der Triumph Series, was sich gewöhnlich als sehr harmonisch zeigt. Dieses Mal leider nicht. Nach einer Kollision mit einem T-Cup-Fahrer ging Knispel in Rennen 1 zu Boden und verletzte sich so, dass er auch am Rennen 2 nicht teilnehmen konnte. Marcel Lorenz war schon in Runde 3 mit Sturz ausgeschieden, er allerdings ohne das Zutun eines anderen Fahrers. Vorn hatte sich Chris Kirschbaum auf und davon gemacht, Kellerer folgte mit rund 5 sec Rückstand auf Rang 2. Knüpfer, der gerne viel mehr Trainingszeit am Dreieck gehabt hätte kam mit gewaltigem Abstand auf den dritten Platz.
Am Sonntag lief das Rennen fast identisch ab. Kirschbaum fuhr einen klaren Start-Ziel-Sieg ein, Kellerer hatte wieder 5 sec Rückstand als Zweiter. Knüpfer konnte zwar den Abstand auf Kellerer im Vergleich zu Rennen 1 um satte 13 sec verringern, gereicht hat es aber wieder nur zu Platz 3. Führungswechsel Nr. 3 in der Meisterschaft, Kellerer liegt nun wieder vorn.
Spannende Aussichten für die letzten Rennen zeigt der Punktestand der Meisterschaft. Es wird eng zwischen Kellerer und Knüpfer, wobei auch Chris Kirschbaum noch gewinnen könnte. Das würde aber den Totalausfall beider vor ihm liegenden Fahrer voraussetzen, was wenig wahrscheinlich ist.
Aktueller Punktestand
#51 Peter Kellerer 237 Punkte
#18 Matthias Knüpfer 234 Punkte
#157 Chris Kirschbaum 196 Punkte
Superbike Open
Der Meisterschafts-Zweite Danijel Peric fehlte wieder wegen seiner Verpflichtungen innerhalb des Livestream-Teams der IDM, die am Red Bull Ring übrigens mit ähnlichen Wetterbedingungen kämpfte wie die IBPM in Schleiz. Seinem Dauerrivalen Rene Hennemann fehlten nur 47 Punkte, um den Titel klarzumachen. Dachten alle…
Im Zeittraining, welches aus der schnellsten Rundenzeit der Trainings am Freitag und der aus dem speziellen Zeittraining am Samstag bestand, konnte Hennemann den zweiten Startplatz mitnehmen, die Pole markierte Andre Krüger, der Doppelstarter aus dem BMW RR Cup. Gute Voraussetzungen also für Rene, die Sache nach Hause zu bringen und vorzeitig Meister zu werden. Gleich neben ihm stand der Belgier Geoffrey Possen, der das Schleizer Dreieck trotz Erstbefahrung Zitat «megageil» fand. Direkt hinter Hennemann hatte sich mit Alexander Steinhaus auf der fünften Position der einzige Fahrer platziert, der in den Titelkampf noch entscheidend eingreifen konnte.
Im Samstagsrennen lief es dann auch wunschgemäß. Krüger fuhr zwar vornweg und gewann, aber «Henne» wurde Zweiter und kam so dem Gesamtsieg 20 Punkte näher. Possen wurde Dritter, Steinhaus Vierter, gefolgt von Markus Witte. Bis auf den Sturz von Marc Pfefferkorn in der siebten Runde blieben dramatische Szenen in diesem Rennen aus.
Für das Rennen am Sonntag änderte sich die Reihenfolge in der ersten Reihe, Hennemann auf Pole vor Steinhaus auf der zweiten Position und Krüger auf Platz 3. Am Start, bei dem Krüger wegen Arm-pump fehlte ging alles gut und während der Streckensprecher noch darüber sinnierte, ob Hennemann nun taktieren würde kam der schon mit Volldampf als Erster über Start-Ziel. Nix Taktik, Attacke war angesagt. Hennemann zog das Rennen auch in dieser Form durch, doch Steinhaus hielt Tuchfühlung und es war bis zum Ziel nicht ganz klar, ob er noch einen Angriff fahren würde. Am Ende tat er es nicht und blieb nach einem stark gefahrenen Rennen Zweiter. Den letzten Podestplatz und damit seinen zweiten der Saison holte sich Markus Witte, bei dem eine klare Tendenz nach oben zu verzeichnen ist. Geoffrey Possen ärgerte sich, denn er hatte auf einen Platz auf dem Treppchen spekuliert, blieb aber trotz erheblichen Engagements als Vierter vor Jannic Langer unbelohnt. Auf die weiteren Top Ten- Platzierung kamen Dennis Stankowski, Erik Thomsen, Ricardo Töpfer, Martin Helbig und Robert Rininsland.
In der Meisterschaft schien nun alles klar zu sein. Hennemann hatte vor dem Rennen noch 27 Punkte gebraucht, um im Vergleich mit Danijel Peric uneinholbar vorn zu liegen. Dementsprechend brach im Vierzigmann Racing Team nach seinem Sieg und 35 Punkten Zuwachs frenetischer Jubel aus, Freudentränen wurden vergossen und der Fahrer bei der Siegerehrung als Meister gefeiert. Alles schien wunderbar, bis man einen intensiveren Blick auf die Tabelle warf. Da kam das Erwachen.
Still und heimlich hatte sich Alexander Steinhaus mit den in Schleiz erworbenen Punkten in der Tabelle an Peric vorbei auf Platz 2 geschoben und liegt nun 54 Punkte hinter Hennemann. 60 Punkte sind beim Finale in Oschersleben noch zu vergeben. Sollte also Hennemann nicht antreten oder ausfallen und Steinhaus beide Rennen gewinnen, wäre es Pustekuchen mit dem Titel. «Wir haben mehrfach nachgerechnet und sogar das Streichresultat berücksichtigt. Es bleibt dabei, Rene muss mindestens 4 Punkte in Oschersleben einfahren und darf erst dann als Meister gekrönt werden. Eine Wahnsinns- Dramatik, wie man sie sich als Veranstalter für das Finale nur wünschen kann. Tut mir leid für Rene, es freut mich aber auch für Alexander Steinhaus, der die ganze Saison gut gepunktet hat und immer ein bisschen im Schatten des Zweikampfes Peric-Hennemann stand. Ich freu mich riesig auf Oschersleben», so das Statement von Michael Dangrieß.
Aktueller Punktestand
#39 Rene Hennemann 214 Punkte
#60 Alexander Steinhaus 160 Punkte
#29 Markus Witte 149 Punkte
Supersport
Für einen Großteil der Supersport- Piloten war dieses Wochenende das berühmte erste Mal auf dem Schleizer Dreieck. Dementsprechend groß war die Aufregung vor den ersten Trainings, Nervosität lag in der Luft. Wie oben schon geschrieben tat das Wetter, was es konnte, um die Eingewöhnung auf der thüringischen Traditionsstrecke zu erschweren. Das Freitagstraining war dann zeitentechnisch auch eher zum Vergessen, nur ein paar wenige Minuten war die Strecke trocken. Alle Hoffnungen lagen auf Samstag und darauf, dass wenigstens das separate Zeittraining trocken sein würde. Der erste Versuch, das Zeittraining durchzuführen, scheiterte noch an einer Ölspur, deren Beseitigung einige Zeit in Anspruch nahm. Im zweiten Anlauf stellte Till Belczykowski sein Können erneut unter Beweis und seine Yamaha R6 mit einer 1:31,8 min auf die Pole. Für Konkurrent und Kumpel Tim Holtz, dessen Motorenproblem offenbar behoben war, reichte es zu Platz 2 im Grid. Nick Fischer landete auf den dritten Startplatz. Meisterschaftsleader Norick Tschauder eröffnete die zweite Reihe vor Robert Conrads und Martin Köhler.
Rennen 1: Till Belczykowski verliert den Start und kommt nur als Dritter aus der ersten Runde wieder. Die Führung schnappt sich Tim Holtz, der jetzt im Rennen auch gut eine Sekunde schneller fährt als im Zeittraining. Dahinter taucht schon Norick Tschauder auf, aber dessen Intermezzo auf Platz 2 bleibt auf diese Runde beschränkt. Belczykowski schickt ihn in der zweiten Runde auf Rang 3. Nick Fischer bleibt in der Verfolgergruppe auf Tuchfühlung und schafft es, Norick in der letzten Runde auf Platz 4 zu verweisen. Dem im Genick hängen Robert Conrads und Rene Liebschner, die mit jeweils nur wenigen Metern Abstand Fünfter und Sechster werden. Holtz gewinnt mit sechs Sekunden Vorsprung auf Belczykowski souverän.
Im Rennen am Sonntag ist es Rene Liebschner, der von Platz 4 kommend einen perfekten Start erwischt und sich an die Spitze setzt. Die hielt er auch für drei Runden, dann war es wieder Tim Holtz, der in Führung ging und das Rennen nach 12 Runden als Sieger beendete. Liebschner verlor noch drei weitere Positionen und wurde am Ende Fünfter. Trotzdem stark, wie er sich gegen die jungen Wilden behauptete. Rang 2 ging wieder an Till Belczykowski, der einen beruhigend großen Abstand von sieben Sekunden auf Nick Fischer als Drittem herausfuhr. Knapp dahinter kamen Norick Tschauder und Rene Liebschner fast gleichauf über die Linie, nur 7 Tausendstel trennten die beiden im Resultat. Robert Conrads wurde dieses Mal Sechster. Die Meisterschaft entscheidet sich beim Finale in Oschersleben zwischen Tschauder, Fischer und (theoretisch) Belczykowski.
Aktueller Punktestand
#848 Norick Tschauder 203 Punkte
#19 Nick Fischer 179 Punkte
#5 Till Belczykowski 148 Punkte
In der Ladies Challenge ging der Sieg im ersten Umlauf an BMW-Cup-Pilotin Aline Lorch, Patricia Kok und Katja Witte wurden Zweite und Dritte. Aline stürzte leicht im Training vor Lauf 2, konnte aber in dessen Folge nicht am zweiten Rennen teilnehmen. Patricia Kok holte sich wieder einmal die Trophäe für die beste Frau, dahinter ordneten sich Katja Witte und Henriette Gladiator ein.
Nächstes Event: Motorsportarena Oschersleben 02.-03. September 2023