Davies über Rea: «Seine Arroganz sprengte den Rahmen»
Chaz Davies (7) im Streit mit Jonathan Rea
Jonathan Rea gelang in Assen in der Superpole mit 1:33,505 min ein grandioser Rundenrekord, auf seiner Auslaufrunde freute sich der Nordire über sein Meisterstück – und stand dabei seinem WM-Widersacher Chaz Davies im Weg, der mit seiner Ducati Panigale auf seiner letzten schnellen Runde war.
Im Vorbeifahren gab Davies Rea einen Klapps, im Parc fermé stellte der Weltmeister den Waliser deswegen zur Rede. Es folgte ein heftiges Wortgefecht, kurz hatte es den Anschein, als würden sich die zwei an die Gurgel gehen – das Fernsehen hielt live drauf.
Rea machte Davies zum Vorwurf, dass er ihn «geschlagen» habe, Davies unterstellte Rea, dass er auf ihn gewartet und seine schnelle Runde absichtlich ruiniert habe. Beide Fahrer schilderten später ausführlich ihre Sicht der Dinge, für die Medien war es ein gefundenes Fressen in einer Superbike-Weltmeisterschaft, die von zwei Werks-Kawasaki und zwei Werks-Ducati dominiert wird.
Wer dachte, das Thema wäre damit vom Tisch, der irrt.
Episches Manifest von Chaz Davies
Am 3. Mai legte Davies auf seiner Facebook-Seite mit einem ausführlichen Text nach. «Die Sachverhalte lassen sich nicht einfach in fünf Sätzen niederschreiben», sagte der Waliser in Imola im Gespräch mit SPEEDWEEK.com.
Die wichtigsten Inhalte des Manifests: Davies legt dar, dass Rea in seiner Outlap deutlich langsamer fuhr als üblich. Er schreibt, dass der Nordire sich in Kurve 6 nach ihm umgesehen habe, sich also darüber im Klaren war, dass er kam. Letztlich behauptet er, dass der Weltmeister sie beide in voller Absicht in Gefahr gebracht hat.
«Es hätte leicht passieren können, dass keiner von uns in der Startaufstellung steht, hätte ich ihm nicht ausweichen können», so Davies. «Von einem Neuling erwarte ich mehr Fairplay, von einem Weltmeister ganz zu schweigen. Fehler passieren. Ich stand anderen auch schon aus Versehen im Weg und habe mich anschließend dafür entschuldigt. Ich bekam am Samstagabend nach dem Vorfall einige Mitteilungen von anderen Fahrern auf mein Handy in denen sie schrieben, dass sie mit der #65 in der Vergangenheit das gleiche Problem hatten. Wenn er dich als Bedrohung sieht, dann spielt er diese Karten aus. Ich genieße die Kämpfe, die intensive Rivalität und habe riesigen Respekt vor seinem Können und was er erreicht hat. Dieses Mal ging er aber viel zu weit.»
Davies: «Warum soll ich noch höflich sein?»
«Ich schrieb das nicht, um von Rea eine Reaktion zu bekommen», hielt Davies fest. «Ich wollte, dass die Leute verstehen, was wirklich passierte. Im Fernsehen war in erster Linie ich stinksauer im Parc fermé zu sehen, es wurden nicht alle Fakten auf den Tisch gelegt. Genau das fand ich aber wichtig. Hätte er sich gleich entschuldigt, wäre die Situation sofort bereinigt gewesen. Aber seine Arroganz sprengte jeden Rahmen. Wenn es ihm einen Kick verpasst, dass er andere Fahrer in Gefahr bringt, schön für ihn. Meine Reaktion fiel nicht so aus, weil ich frustriert war, sondern wegen dem, was ich als schmutzige Fahrweise bezeichne.»
Interessant: Davies nennt Rea in seiner Niederschrift nicht einmal beim Namen, schreibt nur #65. Dabei fährt der zweifache Weltmeister seit Februar 2016 mit der Nummer 1.
Der Waliser weiß auch, dass dieser Vorfall der Superbike-WM viel Promotion brachte, die Leute haben endlich wieder etwas zu reden und erinnern sich an die Zeiten von Fogarty, Edwards, Chili, Kocinski und Slight, zwischen denen erbitterte Rivalität herrschte.
«Wenn du dem Weltmeister eine mitgibst, dann ist das sofort eine große Sache», ist sich Davies bewusst. «Mir liegt aber nichts daran, so für Schlagzeilen zu sorgen, ich kämpfe fair. Aber wenn mich Leute anpissen, warum soll ich dann noch höflich sein?»
Und warum nennst du ihn nur noch #65? Davies: «Vielleicht habe ich vergessen, dass er die Nummer 1 ist.»
Immerhin, auf dem Podest in Imola gaben sie sich nach dem Samstag-Rennen die Hand, in der Paddock-Show am Freitag würdigten sie sich noch keines Blickes. «Nach allem was in Assen passiert ist, war das eine nette Geste von ihm», räumte Sieger Davies ein. «Wir sind Gegner und nicht die besten Kumpels. So lange wir gegeneinander kämpfen, werden wir das auch nicht werden. Wir gehen in naher Zukunft auch nicht zusammen ein Bier trinken. Gegenseitiger Respekt ist im Rennsport aber wichtig, diesen habe ich in Assen vermisst. So lange er mich respektiert, bin ich glücklich. Dann ziehe ich auch meinen Hut vor ihm, wenn er gewinnt.»