Revolution in der Superbike-WM: Kawasaki ist zu stark
2018 soll in der Superbike-WM eine Einheits-ECU von Magneti Marelli kommen
Für die Superbike-Weltmeisterschaft 2018 bahnt sich ein Umbruch an. Promoter Dorna ist der jahrelangen Überlegenheit von Kawasaki längst überdrüssig geworden, sie ist ihr ein Dorn im Auge. Selbst die veränderte Startreihenfolge für den zweiten Lauf hat die Grünen nicht eingebremst, Weltmeister Johnny Rea eilt trotz dessen weiterhin von Sieg zu Sieg.
Bei den bisherigen Rennen in der Saison 2017 haben Kawasaki und Ducati 35 von 36 Podestplätze erreicht, Yamaha einen.
Die gegnerischen Hersteller vermuten, dass Kawasaki in der Superbike-WM ein Budget finanziert, mit dem sie jederzeit ein MotoGP-Engagement aufrechterhalten könnten. Kawasaki ist aber nach der Saison 2008 aus der Königsklasse ausgestiegen.
Jetzt herrscht in der Superbike-Commission schon in vielen Belangen Einigkeit und Übereinstimmung. Für 2018 wird aller Voraussicht nach eine Einheits-ECU von Magneti Marelli (Hardware und Software) zwingend eingeführt, und zwar eine leicht abgespeckte MotoGP-Version. Dazu wird über ein Technik-Reglement verhandelt, das stark an die Superstock-Klasse angelehnt sein soll.
Beim Barcelona-GP war zu hören: Die Dorna-Manager haben bereits die Rennchefs von Ducati (Gigi Dall’Igna), Aprilia (Romano Albesiano), Yamaha (Andrea Dosoli), Honda, Althea BMW (Genesio Bevilacqua), MV Agusta und Kawasaki über ihre Absichten informiert.
Fakt ist: Kawasaki, Ducati, Yamaha und MV Agusta verwenden schon jetzt eine Motoren-Steuerung von Magneti Marelli, Honda beim 8h-Langstrecken-Motorrad für Suzuka ebenfalls. Nur in der Superbike-WM setzt Honda auf eine Cosworth-ECU, Aprilia auf die hauseigene APX, BMW auf Bosch.
Die vier Hersteller, die bereits auf Marelli vertrauen, verfügen über eine MLE-Version, das stand ursprünglich für «Mid Level ECU».
Übrigens: Für die Supersport-WM 300 ist die Einheits-ECU für nächstes Jahr bereits beschlossene Sache.
Ob Aprilia, BMW und Honda mit der Zwangsbeglückung durch Magneti Marelli restlos einverstanden sind, bleibt abzuwarten. Honda hat sich einst auch in der MotoGP hartnäckig – aber erfolglos – gegen die Einheits-Elektronik gesträubt, weil jene von Honda der Konkurrenz überlegen war.
Was freilich in SBK keineswegs der Fall ist.
Über Privilegien wird nachgedacht
Es wird bei den Superbikes auch über gewisse technische Privilegien für Neueinsteiger oder Privatteams nachgedacht, so wie es sie in MotoGP in der Open-Class gab und jetzt für die «concession teams» wie KTM und Aprilia. Diese Vorteile verfallen erst nach einer gewissen Anzahl von Podestplätzen.
In der Superbike-WM existieren für Neueinsteiger oder Hersteller mit neuen Motorrädern keine Erleichterungen wie mehr Motoren, zusätzliche Testtage oder Ähnliches. Deshalb brauchte Ducati mit der Panigale zweieineinhalb Jahre bis zum ersten Sieg, Yamaha fährt die neue R1 das dritte Jahr (davon eines in der BSB, IDM und Endurance-WM), auch Honda hat mit der neuen Fireblade viel Mühe.
Auf jeden Fall soll Kawasaki eingebremst werden.
Jahrelang lebten die Superbike-Teams finanziell in Saus und Braus, es gab keine Einschränkungen bei den Testtagen und der Anzahl Motoren. Die Topteams verheizten in der Flammini-Ära bis zu 30 Motoren pro Fahrer im Jahr, als in MotoGP bereits maximal fünf Motoren (erstmals 2010) eingesetzt werden durften, um die Kosten zu senken.
Heute sind in der Superbike-WM sieben Motoren pro Fahrer und Saison erlaubt, dazu acht private Testtage.
Kombi-Preise für Veranstalter
Die Dorna stieg im September 2012 als neuer SBK-Promoter ein und sorgte seither für ein breites Startfeld, es gibt sieben Hersteller. 2018 könnte mit Suzuki ein achter hinzukommen. Beim Kalender schließt die Dorna Package-Deals mit GP-Veranstaltern ab, für die Superbike-WM werden heftige Rabatte gegeben, um einen brauchbaren Kalender erstellen zu können. In Laguna Seca tritt die Dorna selbst als Promoter auf und verliert Geld, aber die Werke brauchen einen SBK-Lauf in den USA.
Jerez, Aragón und Katar sind drei Rennen, die nur dank eines Kombi-Preises im SBK-Kalender stehen, auch mit dem Lausitzring-Promoter ging die Dorna finanzielle Kompromisse ein. Auch die Red Bull Ring-Betreiber sollen noch ein Angebot bekommen. San Juan in Argentinien ist fix neu im Kalender für 2018. Buriam soll unbedingt im SBK-Kalender gehalten werden, auch wenn sie sich für 2018 Hoffnungen auf einen MotoGP-Event machen. Nur Sepang ist bei den Superbikes endgültig ausgestiegen – zu geringes Zuschauerinteresse.
In Japan ist Suzuka zu gefährlich, Honda hat für Motegi kein Interesse.
Jetzt sollen die Kosten für die Werke und Teams weiter gesenkt werden, gleichzeitig soll die Chancengleichheit erhöht werden.
Die Dorna, die Hersteller und die FIM sind sich einig, dass die Superbike-WM von den Kosten und vom Aufwand her hinter MotoGP die zweite Geige spielen muss.
Flammini hatte das anders gesehen, er ließ teilweise echte Prototypen wie die Bimota-V2-Suzuki, die Petronas-Dreizylinder und andere Gefährte zur WM zu, ob die für die Homologation erforderlichen Stückzahlen (bei Bimota und Petronas waren das 150 Exemplare) wirklich gebaut wurden, interessierte ihn nie. Die FIM machte jahrelang gute Miene zum bösen Spiel.
Corrado Cecchinelli, Director of Technology bei der Dorna, soll jetzt mit Magneti Marelli Gespräche führen und für 2018 so bald wie möglich ein Konzept für eine Einheits-Elektronik auf den Tisch legen.
Wenn das Kawasaki Racing Team mit den geplanten Maßnahmen nicht einverstanden ist, dann nimmt SBK-Promoter Dorna offenbar auch einen Rückzug des Team Green in Kauf.