Erdrutsch wegen Aprilia? Mehr Hubraum wird kommen
Als 2017 die kleine Supersport-WM eingeführt wurde bekam sie zwar den Zusatz «300», um sie von der bereits vorhandenen Supersport-WM unterscheiden zu können, über den erlaubten Hubraum der Motorräder sagt diese Zahl aber nichts aus.
Die Maschinen von KTM, Kawasaki und Yamaha haben allesamt deutlich über 300 ccm. Auf Wunsch könnte Honda auch mit der CBR250RR fahren; die CBR500R ist seit Beginn homologiert.
In der Supersport-WM sind Vierzylinder-Maschinen mit 600 ccm, Dreizylinder mit 675 und Twins mit 750 ccm erlaubt. MV Agusta verlangt seit Jahren eine Anhebung des Hubraums auf mindestens 800 ccm, zum Beispiel Aprilia hätte die 660.
Bei den Superbikes würden Ducati und Aprilia gerne mit ihren 1100-ccm-V4-Maschinen fahren, aktuell sind aber nur 1000 ccm für Vierzylinder und 1200 ccm für Zweizylinder erlaubt.
Um die verschiedenen Motorräder auf einen ähnlichen technischen Level zu bringen, gibt es für alle drei Klassen ausgeklügelte Balance-Regeln, die mit verschiedenen Maximalgewichten, Maximaldrehzahlen und dem erlaubten Tuninggrad arbeiten.
Denn für SBK-Vermarkter Dorna war schon immer klar: Die erlaubten Motorräder müssen sich an den Wünschen der Hersteller und damit am Markt orientieren.
«Wir wollen unter allen Umständen verhindern, dass ein Hersteller nur deshalb nicht dabei sein kann, weil es unsere Regeln nicht erlauben», betonte SBK Managing Director Gregorio Lavilla gegenüber SPEEDWEEK.com. «Gleichzeitig soll aber auch kein Hersteller einen Vorteil haben, nur weil er sich für einen anderen Weg entschieden hat.»
Ducati passte sich mit der V4R dem aktuellen technischen Reglement an und implementierte einen Motor mit 998 ccm, während das Basismodell über 1103 ccm verfügt.
Jetzt, wo mit Aprilia ein zweiter Hersteller gerne mit 1100 ccm antreten würde, ist es vorstellbar, dass sich auch Ducati bei der Dorna und dem Motorrad-Weltverband FIM für diese Richtung stark macht.
Alle Beteiligten sind sich bewusst, dass SBK-Regeländerungen schwerwiegende Folgen haben: Für gewöhnlich orientieren sich die nationalen Championate an der Weltmeisterschaft.
«Und es stellt sich die Frage, ob es gegenüber den anderen Herstellern fair ist, die ein neues Modell nach den aktuellen Regeln entwickeln», überlegte Lavilla. «Es kann aber auch sein, dass der zusätzliche Hubraum keinen Vorteil in der Performance bietet, das sehen wir in der 300er-Klasse. Dort haben wir das mit den Balance-Regeln gut im Griff. Diese Regeln müssen passen, das ist nicht einfach umzusetzen und braucht genügend Vorlaufzeit. Deswegen will ich mich auch nicht auf 1100 ccm festlegen, es könnten auch 1200 ccm oder mehr sein. Wir müssen berücksichtigen, dass bei Serienmodellen heute Dinge wie Fahrbarkeit und Emissionen wichtig sind, der Hubraum selbst ist nicht mehr das alleinige Kriterium. Massenprodukte müssen heute außerdem kostengünstig sein, aber trotzdem über eine gewisse Performance verfügen. Wenn du alle diese Punkte berücksichtigst, dann ist der einfachste Weg, den Hubraum zu erhöhen.»
Der Spanier weiter: «Wir müssen für die Zukunft sicherstellen, dass es drei Kategorien gibt, in denen ein korrektes Verhältnis zwischen Leistung und Gewicht sichergestellt ist. Wir müssen im Sinne der Hersteller den bestmöglichen Kompromiss für den Sport finden. Dank der heutigen Balance-Regeln haben wir die richtigen Instrumente dafür, diese erlauben es uns, neue Konzepte einfacher zu akzeptieren. Es wird vorteilhaft für unsere Meisterschaft sein, wenn wir das Thema vorbehaltlos angehen.»
Seit der Gründung der Superbike-WM 1988 gab es bereits dreimal drastische Hubraumänderungen.
Bis 2003 durften Vierzylinder-Motoren 750 ccm haben und Twins 1000. Von 2004 bis 2007 waren für alle Konzepte gleichermaßen 1000 ccm erlaubt, seit 2008 dürfen die Zweizylinder mit 1200 ccm fahren.
In der Superbike-WM 2020 sehen wir zum ersten Mal alle Hersteller mit den gleichen 1000 ccm Hubraum und vier Zylindern.