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Reisen in Jahren von Corona: Nichts ist mehr einfach

Kolumne von Ivo Schützbach
Mit Wehmut erinnere ich mich an Zeiten, in denen man flog, wie man Bus fährt. Seit behördliche Covid-19-Auflagen die Welt beherrschen, ist ein ungeheurer Aufwand nötig, um meinen Beruf ausüben zu können.

Seit 2008 berichte ich für SPEEDWEEK.com von der Superbike-WM, in den drei Jahren davor tat ich das für eine andere Publikation. In bislang 16 Jahren habe ich vielleicht zwei Handvoll Rennen verpasst, noch nie war der organisatorische Aufwand so groß wie in meiner 17. Saison.

Seit Februar 2020 bestimmen behördliche Verbote, Einschränkungen und Verkomplizierungen wegen der Covid-19-Seuche unseren Alltag. Milliarden Menschen sind davon betroffen, viele Berufsgruppen müssen sich den Herausforderungen stellen. Oder noch deutlich bitterer: leiden seit vielen Monaten unter Berufsverbot.

Beim Auftakt der Superbike-WM in Aragon sind keine zehn Journalisten vor Ort. Das liegt zum einen daran, dass Promoter Dorna nur ausgewählte Berichterstatter zugelassen hat. Es hat aber auch damit zu tun, dass Reisen kompliziert und zuweilen unmöglich geworden ist.

Mein schottischer Kollege Gordon Ritchie erzählte mir, wen er alles anrufen musste, um aus dem United Kingdom ausreisen zu dürfen, um in Aragonien dabei sein zu können. Von dort geht es für den gesamten Tross nach Estoril in Portugal weiter. Ob Ritchie zwei Wochen später auch nach Misano/Italien reisen darf, weiß er nicht. Denn für alle Länder außerhalb der EU gelten besondere Regeln.

Von Deutschland, Österreich oder der Schweiz aus war der Trip nach Aragon nie in Gefahr, er ist aber mit erheblichem Aufwand verbunden. Mich hat es mindestens einen Arbeitstag gekostet, um neben den üblichen Erledigungen wie dem Buchen eines Flugs, Mietwagens und Hotels auch die heute notwendigen Zusatzaufgaben zu erfüllen.

Vorab galt es sämtliche Einreisebestimmungen für Spanien, Portugal und Deutschland zu lesen. Dass ich bereits im April und November bei Tests in Aragon und Barcelona dabei war half mir wenig, da sich die Bestimmungen ständig ändern.

Um auf dem Luftweg nach Spanien zu gelangen, ist inzwischen kein teurer PCR-Test mehr notwendig, es reicht auch der etwas günstigere Antigen-Test. Weitergeholfen hat mir das nicht, weil die Dorna vor dem erstmaligen Eintritt ins Fahrerlager einen negativen PCR-Test verlangt.

Also habe ich für den Tag vor meinem Abflug am Donnerstagmorgen einen Termin für den Test ausgemacht, glücklicherweise gibt es inzwischen Labors, die das Ergebnis unter zehn Stunden liefern. Ich habe aber auch schon 52 Stunden auf ein Testergebnis gewartet und deshalb den Flug verpasst. Damals durften die Tests bei Ankunft nicht älter sein als 48 Stunden, mathematisch wäre das also sowieso nicht aufgegangen. Inzwischen gelten die PCR-Tests in den meisten Ländern 72 Stunden.

Die Lufthansa bietet mittlerweile an, dass man derartige Unterlagen vorab hochladen kann. Das funktioniert aber auch nur dann, wenn der zeitliche Ablauf passt. Nach der Gepäckabgabe und der Sicherheitskontrolle am Flughafen erfolgt jetzt auch noch die Kontrolle, ob man einen negativen Test vorweisen kann, bevor man zu seinem Gate darf. Entweder in digitaler oder Papierform.

Um in Spanien oder Portugal einreisen zu dürfen, muss man sich vorab digital anmelden, Gleiches gilt für Deutschland. Voraussetzung dafür ist ein negativer Test auf das Virus SARS-CoV-2, ohne den man – wie beschrieben – nicht einmal ins Flugzeug kommt.

Die Dorna hat über den Winter eine aufwändige App fürs Smartphone entwickelt, in welcher sämtliche Akkreditierungen, Verzichtserklärungen und so weiter hinterlegt sind. Vor dem erstmaligen Betreten des Fahrerlagers musste jedes Paddock-Mitglied digital ungefähr 20 Seiten Papierkram absegnen, um den Fahrerlagerpass zu erhalten und damit dieser auch freigeschaltet wird.

Im Gegensatz zu MotoGP können sich die Journalisten im SBK-Paddock relativ frei bewegen, der persönliche Zugang zu den Fahrern und Teammitgliedern ist nach wie vor möglich. Obwohl alle negativ getestet sind, herrscht sogar im Freien und bei vorgeschriebenem Mindestabstand von 1,5 Metern Maskenpflicht. Und in den Hospitalitys dürfen maximal drei Menschen am gleichen Tisch sitzen.

Obwohl in Aragon keine Zuschauer erlaubt sind, haben einige Teams ihre Hospitalitys mitgebracht und verköstigen dort ihre Mitglieder. Besonders eindrucksvoll ist der neue, zweistöckige Palast von Puccetti Kawasaki, dem Team von Philipp Öttl.

Um die Gefahr einer Corona-Infektion zu verringern, sind alle Paddock-Mitglieder angehalten, ihre Freizeit im Hotel zu verbringen und Kontakte zu Außenstehenden zu vermeiden. Wenigstens sind die Restaurants geöffnet, sodass die Verpflegung kein Problem darstellt.

Bevor der Tross kommende Woche nach Estoril weiterzieht, müssen zumindest all jene zum Testen, die von Barcelona nach Lissabon fliegen. Auf dem Landweg gibt es anscheinend keine Grenzkontrollen. Wie die portugiesische Polizei reagiert, wenn man doch in eine Kontrolle gerät und keinen negativen Test vorweisen kann, vermag niemand in Aragon zu beantworten.

Selbst kleine Teams mit einem Fahrer kalkulieren dieses Jahr mit Mehrkosten von ungefähr 10.000 Euro alleine für PCR-Tests. Hinzu kommen steigende Kosten für Flüge und der gewaltige zeitliche Mehraufwand für die Organisation.

Als Reiserückkehrer muss man in vielen Ländern 10 oder sogar 14 Tage in Quarantäne, obwohl man einen negativen PCR- oder Antigen-Test vorweisen kann. Nur wer beruflich unterwegs ist und unter eine der vielen Ausnahmebestimmungen fällt, bleibt davon verschont.

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