Scott Redding: Viel Lob für Most – und heftige Kritik
Ende April unterschrieben die Verantwortlichen in Most mit Promoter Dorna einen Fünf-Jahres-Vertrag für die Ausrichtung der Superbike-WM und ihrer Rahmenklassen. Ein so langfristiger Deal erlaubt Investitionen, für den ersten Event am zweiten August-Wochenende wurden rund 600.000 Euro in die Hand genommen, um die Rennstrecke zu modernisieren.
Unter anderem wurden auf der Start-Ziel-Geraden 200 Meter eines neuen, härteren Trinidad-Naturasphalts verlegt. Die restliche Strecke war seit 2015 über fünf Jahre hinweg frisch asphaltiert worden. Mehrere Auslaufzonen wurden verbreitert und mit insgesamt 4500 Tonnen Kies befüllt. An 22 Stellen wurden die Leitplanken mit Einlässen versehen, damit Bergungsfahrzeuge oder Krankenwagen möglichst kurze Wege haben. Aus Italien wurden 550 Meter Airfences eingekauft, für das SBK-Wochenende werden die Streckenmarkierungen neu lackiert, außerdem wird das Autodrom für die Zeitnahme in vier statt bislang zwei Sektoren unterteilt.
Trotz dieser Bemühungen und Verbesserungen gab es während und nach dem IDM-Wochenende Mitte Juni bezüglich der Sicherheit einige Kritik.
Vizeweltmeister Scott Redding war danach mit einer Ducati Panigale V4S bei einem Track-Day dabei und berichtete von seinen Erfahrungen. Mit 1:34er-Runden war der Engländer so schnell, wie die Besten der IDM im Qualifying.
«Das Streckenlayout ist sehr schön», lobte der siebenfache Laufsieger. «Die erste Schikane ist nicht eben großartig, aber okay, sie wollen die Geschwindigkeit vor der Linkskurve herunterbringen. Der Asphalt in der ersten Kurve ist völlig zerstört und es gibt null Grip. Sollte es nass sein, wird das zu einem Riesenproblem. Davon abgesehen ist die Strecke schön, sehr flüssig. Es gibt zwei Plätze, die sehr gefährlich sind: Dort ist man sehr schnell und es gibt kaum Auslaufzone bis zur Barriere. Selbst wenn du dort Airfences platzierst, werden die kaum helfen.»
«Mit Covid hatte die Dorna alle Hände voll zu tun, eine Weltmeisterschaft auf die Beine zu stellen», meint Redding zum neuen Austragungsort Most, der nur wenige Kilometer hinter der deutschen Grenze liegt. «Das wird gute Rennen geben, es gibt schnelle und langsame Streckenabschnitte. Ich habe Strecken immer sehr schnell gelernt, muss aber ehrlich zugeben, dass ich arg gestrauchelt bin. Das liegt daran, weil es keine Strecke ist, wie wir sie gewöhnt sind.»
Strecken wie Brands Hatch, Monza und Imola wurden auch aus Sicherheitsgründen aus dem SBK-Kalender gekippt, jetzt kommt Most hinzu.
«Die Schikane wurde nur eingebaut, weil es in der ersten Kurve einen Sturz gab und der Fahrer mit seinem Motorrad einen Abhang hinunterfiel», erzählte Redding. «Es gab dort schon einige Vorfälle. Ich verurteile die Dorna und die FIM deswegen nicht, wir müssen es versuchen. Aber die Strecke ist nicht geeignet für die Superbike-WM. Selbst für eine BSB-Strecke ist Most… In BSB gibt es einige verfängliche Stellen, mit Most ist es das Gleiche. Diese Strecke ist nicht für den Speed und den Level gebaut, auf dem wir uns bewegen. Ich hatte schon mit dem Serienmotorrad das Gefühl, dass ich zu schnell bin für dieses Strecke. Mit dem Superbike werde ich noch einmal drei oder vier Sekunden schneller sein. Die meiste Zeit werden wir in den Kurven gutmachen. Mal sehen.»
Der 28-Jährige gegenüber SPEEDWEEK.com abschließend: «Ein Fünf-Jahres-Vertrag kommt mir zu lang vor. Wenn wir so lange dort fahren, muss viel für die Sicherheit getan werden. Trotzdem fürchte ich mich. Manchmal werden Dinge erst beachtet, wenn etwas Schlimmes passiert. Dann überlegen die Leute auf einmal. Seit ich mir den Oberschenkel gebrochen habe, fahre ich nicht mehr auf Autorennstrecken – weil sie nicht sicher sind. Vor meinem Unfall habe ich nie darauf geschaut, ich habe es nicht einmal registriert. Nach dem Oberschenkelbruch nannte ich mich selbst einen absoluten Idioten. Wäre dieser Unfall zehn Sekunden früher passiert, wäre ich heute nicht mehr hier. Ich dachte aber nie, dass mir so etwas passieren kann. Ich habe daraus gelernt. Deshalb sollten wir genau schauen, welche Strecken sicher sind und welche nicht. Ich hoffe, dass in Most alles gut geht. Ich bin noch nicht um die Strecke gelaufen, ich kenne sie nur vom Fahren. Wenn ich sie abgehe, sehe ich womöglich noch mehr. Aber noch einmal: Ich respektiere, dass sie versuchen, eine Meisterschaft zusammenzufügen, das ist das Wichtigste. Unabhängig davon, was ich sage.»
Kalender der SBK-WM 2021:
21.–23. Mai Aragon/Spanien
28.–30. Mai Estoril/Portugal
11.–13. Juni Misano/Italien
02.–04. Juli Donington Park/Großbritannien
23.–25. Juli Assen/Niederlande
06.–08. August Most/Tschechien
20.-22. August Navarra/Spanien
03.–05. September Magny-Cours/Frankreich
17.–19. September Barcelona/Spanien
24.–26. September Jerez/Spanien
01.–03. Oktober Portimao/Portugal
15.–17. Oktober San Juan/Argentinien
12.–14. November Lombok/Indonesien