HRC-Teammanager: Ein gutes Bike allein reicht nicht
2019 kehrte die Honda Racing Corporation, zuständig für alle Werksauftritte des japanischen Motorrad-Herstellers, in die Superbike-WM zurück. In der ersten Saison gab es eine enge Zusammenarbeit mit dem Moriwaki-Team, seit 2020 gibt es das Team HRC, beheimatet in Barcelona. Damals wurde auch die speziell auf die Superbike-WM zugeschnittene CBR1000RR-R eingeführt, welche sich aber nicht als der große Wurf erwies. Lediglich drei dritte Plätze durch den ehemaligen Honda-Werksfahrer und heutigen WM-Leader Alvaro Bautista, zurück bei Ducati, stehen auf der Habenseite.
Für 2022 brachte Honda ein neues Homologationsmodell der CBR1000RR-R Fireblade SP, deren Änderungen im Motor aber keinerlei Verbesserungen für den Rennsport bringen, wie HRC-Teammanager Leon Camier im Exklusiv-Interview von SPEEDWEEK.com verriet.
Der Engländer will die blamablen Ergebnisse von Honda in den vergangenen Jahren auch nicht an einzelnen Punkten festmachen. «Wir müssen uns weiter verbessern», betont Camier. «Yamaha hat sechs Jahre gebraucht, bis sie um den WM-Titel kämpfen konnten. Plus Toprak. Die Regeln sind sehr restriktiv und es braucht viel Zeit, um sämtliche Details perfekt hinzubekommen, bis das Team auf optimalem Level ist. Jeder Aspekt zählt. Schau dir an, was Kawasaki über die Jahre geleistet hat.»
Camier hat als Teammanager nicht nur den Job Brückenbauer zwischen den Fahrern Xavi Vierge und Iker Lecuona sowie den Technikern zu sein, in seine Verantwortung fallen auch Teile der Personalpolitik. «Das ist keine leichte Aufgabe», gibt der 35-Jährige zu. «Ein Fahrer kommt zum Rennen. Wie kann er sich verbessern? Über die Vorbereitung. Über anderes Training, mit verschiedenen Motorrädern, durch die Erwerbung zusätzlicher Fähigkeiten. Dann kommt er an die Rennstrecke und muss mit dem Umfeld klarkommen, das er hat. Leute im Team, die nicht die richtige Einstellung haben, faul sind oder keine Verantwortung für ihre Entscheidungen übernehmen, sind fehl am Platz. Du kannst deine Hausaufgaben aber so gut machen wie möglich, gewisse Dinge findest du erst heraus, wenn jemand in eine bestimmte Situation gerät. Erst dann siehst du, ob du die richtige Entscheidung mit demjenigen getroffen hast.»
Von 2021 auf 2022 wechselte Honda zwei Personen in der Box, außerdem die Fahrer. Inzwischen geht es nur noch ums Feintuning. Dabei helfen sollen die zusätzlichen Testtage, welche Honda ebenso wie BMW als Hersteller unter Konzessionsregeln erhält. Ducati, Yamaha und Kawasaki haben zehn Testtage pro Fahrer und Saison, BMW und Honda Stand 17. April sechs mehr.
«Es ist schwierig, eine Rennstrecke zu mieten», hielt Camier fest. «Unsere Fahrer waren nie zuvor in Estoril, Donington Park, Magny-Cours, San Juan und Mandalika, das ist nicht ideal. Ich habe versucht, Testzeit zu finden, in Estoril sind aber keine Tage verfügbar. In Misano und Magny-Cours gibt es bis Oktober null verfügbare Tage. Wenn wir zu einem Track-Day gehen, können wir nichts testen, das ist unmöglich, Zeitverschwendung. Wir schauen, wie wir so viele Tage wie möglich nutzen können, wenn vielleicht auch nicht alle. Wir brauchen Streckenzeit, aber auch neue Teile, wenn wir das Gefühl haben, mit unserem Paket anzustehen.»