Scott Redding: Die Risiken von Mikhalchiks Einsatz
Mit drei Podestplätzen, dem Sieg im verregneten Sprintrennen in Portimao und WM-Rang 6 schlug sich Michael van der Mark in seiner ersten Saison mit BMW im Vorjahr beachtlich. Der Niederländer sollte für 2022 der Maßstab sein, beurteilen welche neuen Teile der M1000RR positiv sind, und die Entwicklung vorantreiben.
Doch der WM-Dritte von 2018 (auf Yamaha) brach sich im März beim Mountainbike-Training oberhalb des Sprunggelenks mehrfach den rechten Unterschenkel. Er verpasste sämtliche Wintertests und auch den WM-Auftakt in Aragon.
Bei seinem Comeback in Assen war der 29-Jährige weit entfernt von fit, erreichte aber dennoch solide Ergebnisse.
Dann kam Estoril. Van der Mark stürzte zu Beginn von FP1 und brach sich im bereits lädierten Bein den Oberschenkelhals. Auf die Rennstrecke wird er nicht vor Anfang September in Magny-Cours zurückkehren.
In Misano an diesem Wochenende wird Michael erneut vom Ukrainer Ilya Mikhalchik vertreten, der schon in Aragon für ihn fuhr. Der 25-Jährige, hauptberuflich für BMW in der Endurance-WM und Spanischen Superbike-Meisterschaft unterwegs, könnte auch in Donington Park (15.–17. Juli) und Most (29.–31. Juli) einspringen, falls gewünscht.
Die Motorradentwicklung liegt bis zu van der Marks Rückkehr in den Händen von Teamkollege Scott Redding sowie Eugene Laverty und Loris Baz aus dem Bonovo-Team.
«Dass Michael ausfällt, ist schlimmer für ihn als für mich», erzählte Redding SPEEDWEEK.com. «Er war den ganzen Winter verletzt, kommt zurück, fährt ein Rennen, und ist wieder verletzt. Und er wird lange ausfallen, das ist für alle schlecht. So etwas wünscht man niemandem. Als ich ihn auf der Strecke liegen sah, wusste ich gleich, dass das nicht gut ist. Jetzt bin ich wieder auf mich alleine gestellt. Unglücklicherweise musste ich ohne eine Referenz in die Saison starten, jetzt legen wir den Fokus halt wieder auf mich und versuchen, so viel wie möglich zu entwickeln.»
Mikhalchik bekam für seinen achten Platz im ersten Rennen in Aragon viel Lob; das Sprintrennen fuhr er nicht zu Ende, im zweiten Hauptrennen wurde er 15.
«Er fährt, um sich vielleicht einen Platz für die Zukunft zu sichern», bringt es Redding auf den Punkt. «Er fährt nicht, um das Projekt voranzubringen. Ich würde an seiner Stelle genau das Gleiche machen und schauen, dass ich die bestmöglichen Ergebnisse hole. Er will zeigen, was er kann. Das kann aber auch negative Effekte haben. Vielleicht gelingt ihm eine hervorragende Rundenzeit. Dann denken wir, dass sein Weg der richtige ist – so wie es in Aragon war. Die Realität war aber, dass er schon so viele Jahre BMW fährt, dass er wusste, wie er mit der Situation umzugehen hat. Als er dann schneller wurde, nahmen seine Probleme zu. Sein Limit zeigte sich und wir mussten unseren Weg gehen, um voranzukommen. Sein Einsatz hat Vor- und Nachteile. Letztlich brauchen wir jemanden, der das Motorrad fährt. Nimm nur die Fahrer aus der Britischen Meisterschaft. Dort haben sie einen großartigen Level. Aber wenn du sie in die Superbike-WM bringst, schaffen 80 Prozent von ihnen den Schritt nicht. Das liegt nicht daran, dass sie es nicht könnten, sondern weil sie so an ihr Ding gewöhnt sind. Es braucht Zeit, um sich anzupassen. Ilya kennt die Strecken, das ist nicht so schlecht.»