Toprak bei BMW: Das erwarten Bautista, Rea, Sykes
Toprak Razgatlioglu zu BMW: Genialer Schachzug oder Himmelfahrtskommando?
Dass ein Paket erst dann siegfähig ist, wenn Motorrad und Fahrer perfekt miteinander harmonieren, erlebten wir in der Superbike-WM schon häufiger. Weltmeister Álvaro Bautista und die Panigale V4R sind ein ideales Beispiel dafür. Der Spanier gewann 43 von 84 Rennen mit Ducati, sein aktueller Teamkollege Michael Rinaldi nur vier von 146. Der zweiterfolgreichste Pilot in der V4-Ära ist Scott Redding mit zwölf Siegen aus 61 Rennen.
Ähnlich verhält es sich bei Toprak Razgatlioglu und Yamaha. Erst mit der Verpflichtung des schlaksigen Türken im Jahr 2020 wurde aus der R1 ein Sieger-Motorrad. Dass der Weltmeister von 2021 für kommende Saison zu BMW wechselt, ist für die Japaner ein großer Verlust. Nun fragen sich Fans und Experten gleichermaßen, ob der Ausnahmekönner aus Alanya auch mit der M1000RR Siege und WM-Titel wird einfahren können.
Am besten kann dies vielleicht Garrett Gerloff einschätzen, der für die Superbike-WM 2023 von GRT Yamaha zu Bonovo action BMW wechselte. Der Texaner kennt beide Motorräder und hatte bei Yamaha Einblick in die Daten von Razgatlioglu. «Was Toprak in das Projekt einbringen kann, spricht Bände», ist der 27-Jährige überzeugt. «Wir machen Fortschritte mit dem Motorrad und wenn Toprak das erkennt, dann sind wir offensichtlich auf einem guten Weg. Er ist verschiedene Motorräder gefahren, er ist ein starker Fahrer und ist unglaublich talentiert. Ich bin schon gespannt zu erfahren, was ihm gefällt und was nicht. Für mich war der Wechsel keine so große Herausforderung. Ich war beeindruckt, wie sich das Vorderrad anfühlte, was für Toprak gut sein wird, da er immer das Vorderrad belastet. Für ihn wird die BMW eine Rakete sein. Die Leistung, die das Motorrad im Vergleich zur Yamaha hat, ist ziemlich beeindruckend. Wenn du auf die Gerade kommst und das Ding von der Leine lässt … das wird ihm gefallen!»
Der erste Top-Pilot, der von BMW verpflichtet wurde, war Tom Sykes. Als der langjährige Kawasaki-Pilot 2019 beim bayerischen Hersteller unterschrieb, steckte das Projekt noch in seinen Anfängen. Als Ersatz für den verletzten Michael van der Mark erlebt der Weltmeister von 2013 derzeit die aktuelle M1000RR. «Es ist eine sehr große Verpflichtung; das ist spannend! Wir kennen Toprak, er ist ein Weltmeister. Es wird sehr interessant werden», meinte der Engländer. «Ich selbst hatte in den ersten beiden Saisons bei BMW meine eigenen Erwartungen und Vorstellungen davon, wohin sich das Projekt entwickeln würde. Ich denke, Toprak und Kenan haben die gleichen Erwartungen, und dafür wünsche ich Toprak alles Gute – er ist ein feiner Kerl. BMW versucht immer, sich zu verbessern, wie jeder andere auch, also werden wir sehen, wohin dieses Projekt mit ihnen zusammen führt.»
Keinen Zweifel hat Jonathan Rea. Der Rekordweltmeister weiß um das Talent und die Fähigkeiten von Razgatlioglu und sieht auch die Bemühungen von BMW. «Man sieht an der Entwicklung des Motorrads und den vielen neuen Modellen, die in kurzer Folge auf den Markt kommen, dass BMW ein Hersteller ist, der konkurrenzfähig sein will», betonte der Kawasaki-Star. «Toprak ist ein unglaubliches Talent und superschnell, also ist er vielleicht das fehlende Glied, um BMW an die Spitze zu bringen. Ich bin mir sicher, dass es eine sehr spannende Herausforderung für ihn sein wird.»
So sieht das auch der aktuelle Weltmeister. «Ich denke nicht, dass es eine verrückte Idee ist, das Team zu wechseln», meinte Álvaro Bautista. «Toprak kennt die Yamaha sehr gut und er weiß um sein Potenzial. BMW strengt sich mächtig an, um konkurrenzfähig zu sein. Die Tatsache, dass sie Toprak verpflichtet haben, ist ein Signal, dass sie um Siege kämpfen wollen. Sie bekommen einen der besten Fahrer in der Weltmeisterschaft. Sie werden sich sehr anstrengen, um ein konkurrenzfähiges Motorrad zu haben. Wenn bei dieser Art von Fahrer etwas nicht funktioniert, ist es für das Motorrad und das Team, denn Toprak ist ohne Zweifel bereit, um Siege zu kämpfen.»
Eher skeptisch äußerte sich dagegen Scott Redding, der bei ROKit BMW möglicherweise Razgatlioglus Teamkollege sein wird. «Für mich und alle anderen war sein Wechsel eine ziemliche Überraschung», wunderte sich der Engländer. «Ich weiß nicht, was er einbringen kann. Es ist ein ziemliches Rätsel für mich, vor allem wenn ich mir seinen Fahrstil ansehe, der ziemlich interessant ist. Die Zeit wird es zeigen. Allzu viel kann ich nicht sagen.»