Formel 1: Abschied in der Unterhose

Yamaha wollte Bassani: Scheitern in letzter Minute

Von Ivo Schützbach
Wird Axel Bassani unterschätzt?

Wird Axel Bassani unterschätzt?

Im Herbst 2022 hatte Axel Bassani einen unterschriftsreifen Vertrag von Yamaha für die Superbike-WM 2023 vorliegen. Manager Alberto Vergani erzählt, wieso sein Schützling durch den Rost fiel.

Yamaha bildet sich zurecht einiges darauf ein, dass sie junge Fahrer über die weltweiten R3-Cups in die Supersport-300-WM bringen, von wo aus sie bei entsprechender Leistung in die Supersport-WM und bis in die Superbike-WM gelangen können.

Immer wieder bekommen auch Fahrer aus nationalen Meisterschaften eine Chance, wie 2020 Garrett Gerloff, der als Dritter der US-Serie MotoAmerica in die Superbike-WM befördert wurde. Oder Bradley Ray, der 2022 Britischer Superbike-Champion wurde und dieses Jahr im Team Motoxracing SBK fährt.

Yamaha hat aber auch keine Skrupel, herausragende Talente von anderen Herstellern zu verpflichten, wenn diese verfügbar werden. Als Toprak Razgatlioglu nach der Saison 2019 von Kawasaki nicht im Werksteam untergebracht wurde, ging er zu Yamaha.

Andrea Locatelli, Dominique Aegerter und Lorenzo Baldassarri wurden von Yamaha-Teams aus der Moto2- in die Supersport-WM gebracht und fahren heute alle Superbike.

Ebenfalls ein kluger Schachzug war die Verpflichtung von Remy Gardner, der 2021 Moto2-Weltmeister wurde, und den KTM nach nur einer MotoGP-Saison abservierte.

Dass Gardner zu Yamaha wechseln wird, wurde während des Magny-Cours-Wochenendes Mitte September 2022 bekannt. Für Manager Alberto Vergani keine schöne Erinnerung, er stand kurz davor, seinen Schützling Axel Bassani beim japanischen Hersteller unterzubringen.

Der Italiener hatte seine erste Superbike-WM-Saison 2021 überraschend auf Platz 9 beendet und verbesserte sich im Vorjahr sogar auf Position 7. Der heute 23-Jährige zählt zu den größten Superbike-Talenten und hat in 88 Rennen fünf Podestränge sowie 59 einstellige Platzierungen erobert. Im kleinen, aber sehr fähigen Ducati-Privatteam Motocorsa ist er aktuell WM-Fünfter.

«Fast hätten wir bei Yamaha unterschrieben, dann tauchte aber Gardner auf», erinnerte sich Vergani im Gespräch mit SPEEDWEEK.com. «Ich war in Magny-Cours und hatte den Vertrag in Händen. Als ich las, dass Gardner zu Yamaha geht, rief mich Andrea Dosoli an. Ich fragte ihn, ob er mich anrufe, weil er Gardner verpflichtet hat. Andrea sagt ja – und entschuldigte sich. Sie schätzen Axel, ich weiß aber nicht, ob sie für nächstes Jahr Platz für ihn haben. Es gibt keine konkreten Gespräche.»

Von den fünf Superbike-Werksteams ist für 2024 nur BMW besetzt; bei Ducati, Kawasaki und Yamaha gibt es noch einen freien Platz, bei Honda zwei. Vergani musste in den vergangenen Wochen aber feststellen, dass keines dieser Teams Bassani auf der Einkaufsliste hat.

«Die Realität ist, dass wir mit Motocorsa weitermachen», sagt der Italiener. «So oder so, das ist eine gute Option. Wenn du vorne fahren willst, musst du auf einer Ducati sitzen.»

Bei Yamaha hat Locatelli einen Vertrag für das Pata-Werksteam; die Verträge mit Domi Aegerter und Remy Gardner werden demnächst verlängert. Ob einer der beiden für 2024 vom Giansanti Racing Team ins Werksteam befördert wird und dort den Platz von Razgatlioglu einnimmt, der zu BMW geht, ist offen.

Denn Yamaha könnte sich auch für einen MotoGP-Fahrer wie Franco Morbidelli oder Fabio Di Giannantonio entscheiden, sollte dieser in der Königsklasse nicht mehr unterkommen. Oder für Scott Redding, der die Superbike-WM mit Ducati in den Jahren 2020 und 2021 auf den Plätzen 2 und 3 beendet und bis heute 12 Siege sowie 40 Podestplätze erobert hat. Denn im zweiten erfolglosen Jahr mit BMW sehnt sich der Engländer zunehmend nach einem konkurrenzfähigen Motorrad.


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