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Superbike Katar: Das Land ist eine einzige Baustelle

Kolumne von Ivo Schützbach
Arabien ist anders als Europa. Katar ist bezaubernd, überraschend, modern und altmodisch zugleich. Was einem so auffällt, wenn man ein Superbike-Rennen besucht.

Die Fahrkultur der Katari steht der der Italiener kaum nach. Nur, dass viele Italiener Auto fahren können, in Katar diese Art der Fortbewegung aber erst die letzten Jahre zur Regel wurde. Es hat schon einen Grund, dass Italien Ascari hat, wir Schumi und die Katari – niemanden.

Doch als weltoffener Schwabe ist man ja anpassungsfähig. Schließlich hat man schon mehr gesehen, als nur das Ländle. Also raubt man Vorfahrten, blinkt und hupt wie es einem in den Sinn kommt und sieht alles ein bisschen lockerer, als man das zuhause tut. Nur sollte man nicht gerade dem regierenden Scheich die Vorfahrt nehmen. Oder einem seiner 87 Neffen. Oder einem vom Staatsschutz. Aber so viele Katari gibt es in Katar ja nicht. Die Ausländer sind bei weitem in der Überzahl, da falle auch ich nicht weiter auf.

Im Auto fällt einem auf: Schaltgetriebe sind in Arabien out. Warum auch arbeiten, wenn es auch so geht. Ist wie in den USA. Wobei, an Bequemlichkeit gewöhnt man sich ja schnell. Also: Radio an. Spätestens jetzt kommt das große Erwachen. Es gibt nur einen internationalen Sendern, der rauscht leider dauernd. Weit entfernt höre ich Britney Spears quieken. Doch im Gegensatz zu dem arabischen Katzenjammer, der sonst auf allen Sendern läuft, ist die Skandalnudel geradezu ein Ohrenschmaus. Okay, bei Musik kann man über Geschmack streiten. Aber sorry, die Katari haben keinen.

Erschließung der Wüste

Sehr beeindruckend in Katar ist der Mix aus Moderne und Traditionalismus. Die Katari bauen zwar auch wie die Weltmeister, sind aber lange nicht so abgehoben wie die Herrscher in Dubai oder Abu Dhabi.Obwohl der Leitsatz lautet: «Nur das Beste für Katar.»

2022 soll in Katar die Fußball-Weltmeisterschaft sein, die Stadt ist eine einzige Baustelle. Seit 2009 die Superbike-WM zum letzten Mal hier war hat sich alles verändert. Lag die Rennstrecke früher weiter außerhalb von Doha, sind es jetzt nur noch wenige Kilometer bis zum Stadtrand. Und ist erst einmal Losail City fertig, ist auch die Wüste zwischen Doha und der Strecke zugebaut.

Ich frage mich, wer in den ganzen neuen Stadien spielen und in den Luxushotels wohnen soll, wenn das Fußball-Spektakel vorbei ist. Wobei Katar weiterhin mächtig wächst. Bestand die Bevölkerung 1950 aus 47.000 Einwohnern, leben im 11.600 Quadratkilometer großen Staat inzwischen über zwei Millionen Menschen. Katar ist nur ein Drittel so groß wie Baden-Württemberg.

In Katar wird nicht Formel 1, sondern Superbike-WM und MotoGP gefahren. Man ist stolz auf die Rennstrecke, schließlich gab es früher keine Motorsport-Kultur im Land. Langsam erwacht diese aber zum Leben – und wird von höchster Regierungsstelle unterstützt. Das normale Volk interessiert sich – bis auf die neunundsechzig Zuschauer an der Strecke – zwar nicht für die Rennen, die Tageszeitungen sind aber gut gefüllt.

Nichts als Sand

Die Fahrer genießen die Anonymität in Katar. Bei keinem anderen Rennen im Jahr geht es im Fahrerlager so ruhig und relaxt zu. Es ist wie bei Testfahrten, nur dass es auch WM-Punkte gibt. Nützt man die so gewonnene Freiheit, um das Land wenigstens ein bisschen zu erkunden, gibt es einiges zu entdecken.

Da wäre der Himmel – den man leider nie richtig sieht. Hat man in Südafrika oder in der Karibik einen Blick aufs Weltendach, als könne man die Milchstraße mit Händen greifen, sieht man in Arabien nur Sand. Die Sonne, oder alternativ der Mond, sind ständig verschleiert. Kein Wunder, bei dem vielen Sand, den es im Wüstenland gibt.

Die Wüste selbst ist beeindruckend. Die unendliche Weite und Leere. Nutzen sie manche zum Meditieren und um das innere Selbst zu finden, kommen mir bei so viel Sand eher Motocross-Motorräder in den Sinn. Oder Sandbahnrennen. Was könnte man hier für prächtige Sandbahnrennen fahren! Das müsste man den Herren bei der FIM mal sagen. In Arabien spielt die Musik! Es sollte nur nicht deren eigene sein.

Wenn man bei Nacht schon keine Sterne sieht, dann doch zumindest die märchenhaften Bauten. Zinnen und Türme werden von Strahlern erleuchtet. Man fühlt sich wie in 1000 und 1 Nacht. Sindbad segelt im Geiste an einem vorbei. Ornamente zieren die Häuser, aufdringliche Farben sind tabu. Zwischen Wohngegenden und Natur herrscht ein fließender Übergang, alles ist aus einem Guss.

Nur ob die Bauten für die Ewigkeit sind, frage ich mich.

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