Tim Reeves schimpfte: «600er ist einfach der Shit»
Die WM-Saison 2015 verlief alles andere als glücklich für Tim Reeves und seinen französischen Beifahrer Gregory Cluze. Es begann gleich schlecht für die Weltmeister des Vorjahres, denn im Anschluss an das Auftaktrennen in Donington wurde ihnen der Sieg aufgrund einer vermeintlichen Attacke gegen die Birchall-Brüder wieder aberkannt.
Nach sechs Rennen hatten sich Reeves/Cluze aber wieder an die Spitze vorgekämpft und führten die WM-Wertung mit 125 Punkten vor den Finnen Pekka Päivärinta/Kirsi Kainulainen (120) und Bennie Streuer/Geert Koerts (90) aus den Niederlanden an. Im turbulenten Lauf von Brands Hatch fuhr das britisch-französische Doppel aber nach einer Aufholjagd wegen eines gebrochenen Bremshebels ins Kiesbett, die Finnen leisteten sich einen Überschlag und die Niederländer siegten.
Damit rückte das Spitzentrio enger zusammen, die Niederländer hatten spätestens hier Lunte gerochen und rechneten sich große Chancen vor heimischer Kulisse in Assen aus. So kam es dann auch. Streuer/Koerts gewannen nach einem Rennabbruch, verursacht durch einen Brand am Bike von Reeves/Cluze, die damit wieder keine Punkte machten. Die Finnen wurden Dritte.
So kam es zum Showdown in Oschersleben. Die Briten gewannen zwar beide Läufe, aber die Niederländer kamen jeweils als Zweite ins Ziel. Damit waren sie zum ersten Mal in ihrer Karriere Weltmeister, mit nur fünf Punkten Vorsprung vor Reeves/Cluze. Päivärinta/Kainulainen beendeten die Serie nach zwei dritten Plätzen mit WM-Rang 3.
Tim Reeves und Gregory Cluze werden 2016 einen neuen Anlauf in Richtung Weltmeisterschaft nehmen. Der 43-jährige Reeves aus Maidstone in der Grafschaft Kent ist sechsfacher Seitenwagen-Weltmeister. Fünfmal gelang ihm dieses Kunststück mit einem F1-Gespann, einmal mit einem F2-Gespann. Mit solch einem «kleinen» Dreirad gewann er 2013 zusammen mit Beifahrer Dan Sayle die Tourist Trophy auf der Isle of Man.
Bei der sogenannten «Battle of the Nations» in Assen, dem letzten Lauf zur Dutch Open 2015, war Tim Reeves jetzt mit seinem TT-Bike, einer 600er Honda F2, als Gaststarter dabei. Beifahrerin war Ilse de Haas aus Assen, die Freundin von Weltmeister Bennie Streuer. Die 20-Jährige, die in Groningen Management Consulting studiert, fährt in der Dutch Open normalerweise mit Colin Nicholson. Der Engländer war aber aufgrund einer Verletzung zum Zuschauen verdammt.
«So ein 600er ist einfach der Shit», schimpfte Tim Reeves nach dem ersten Lauf. Der Ausnahmefahrer kämpfte sich zwar unverdrossen durch das Feld der Hubraum- und PS-stärkeren 1000er, am Ende sprang aber «nur» Platz 4 heraus, knapp fünf Sekunden hinter den Siegern John Smits/Günther Verbrugge (NL). «Das Ding ist zwar in den Kurven wendig, aber auf den Geraden einfach nicht schnell genug», maulte Reeves später. Im zweiten Lauf führte ein Elektronikfehler kurz vor Schluss zum Ausfall.
Tim Reeves lobte später seine Beifahrerin Ilse de Haas: «Sie hat das sehr gut gemacht, auch vor dem Hintergrund, dass sie sehr leicht ist.» So schaute der Routinier vor allem nach der Schikane vor Start und Ziel immer wieder nach hinten links, ob seine Partnerin noch drin saß.
Der hübschen Niederländerin hat die Sache Spaß gemacht: «Im F2-Beiwagen muss man sich anders bewegen als in einem F1 und der Tim fährt um einiges aggressiver als Colin. Das war eine sehr gute Erfahrung.» 2016 will Ilse de Haas wieder mit Colin Nicholson in der Dutch Open fahren. Dazu sind einige Gaststarts in der IDM geplant.
Und Tim Reeves abschließend zur Reglements-Diskussion, in F1-Gespanne künftig 600ccm-Motoren einzubauen: «In der WM will die Dinger außer den Birchalls keiner haben.»