Tobias Kroner: Stress und Ärger in Polen
Am Rande des Trainings in Cloppenburg sprach SPEEDWEEK.com mit dem 29-Jährigen, der 2012 Deutscher Speedway-Meister wurde und mit dem MSC Brokstedt 2014 den Deutschen Mannschaftstitel holte.
Wie steht es mit deinen Vorbereitungen auf die neue Saison?
Ich konnte mit meinen Vorbereitungen berufsbedingt erst etwas später anfangen. Ich mache momentan eine Ausbildung zum Industriekaufmann bei der Firma Elektro Koopmann in Cloppenburg und absolviere ein duales Studium in Lingen, einer Außenstelle der Fachhochschule Osnabrück. Das heisst, drei Monate kaufmännische Ausbildung und drei Monate Studium im Wechsel.
Also Abkehr vom Speedway-Profitum?
Richtig. Ich kombiniere zwar nach wie vor Sport und Beruf, aber nicht mehr in Polen. Polen hat mir letztlich mehr Stress und Ärger gebracht, als dass es sinnvoll für mich war. Dieser ganze Aufwand mit der Vorbereitung und den Fahrten zum Training und den wenigen Einsätzen hat mich mehr belastet, als ich mir das vorgestellt hatte. Dazu diese Ungewissheit. So wusste ich manchmal am Donnerstag noch nicht, ob ich am Freitag vielleicht 1000 km nach Süd-Polen zu einem Rennen fahren muss. Und dann haben sie dort keine Englisch sprechenden Trainer, da bevorzugen sie dann natürlich die Polen und die Russen. In den letzten Drei Jahren habe ich wirklich die Lust verloren, das vereinbarte Geld wurde teilweise auch nicht bezahlt.
Du bist dann ja auch in der zweiten polnischen Liga gefahren.
Nachdem ich gesagt hatte, ich wollte nicht mehr absolut profimäßig unterwegs sein, bin ich von der ersten in die zweite Liga runter gegangen. Die Strukturen waren da aber nicht besonders. Ich bin mit dem Zweitligisten zwar aufgestiegen in der erste Liga, wollte da aber nicht fahren. So gab es immer mehr Probleme für mich.
Ist Polen nicht das Mekka des Speedway-Sports?
Viele sagen, Polen ist die Speedway-Metropole, aber man muss auch mal hinter die Kulissen schauen. Vordergründig ist der ersten Liga alles super. Die haben Riesenstadien und das Geld ist auch da. Aber dass ist nicht bei allen Vereinen so. Die Clubs kämpfen dort auch um Sponsoren, um Fernsehzeiten und um ein gutes Produkt.
Also ist die polnische Liga für dich passé?
Ja, denn wenn du da mitfahren willst, musst du ab Mitte der Woche dort sein und trainieren und Material ausprobieren. Den Beruf kannst du dabei vergessen. Ich habe mich entschieden, den Focus auf den Beruf zu legen. Das habe das mit meinem Arbeitgeber so abgesprochen. Das heißt aber nicht, dass ich jetzt sportlich zurückstecke. Nein, wir haben viel trainiert seit Anfang März. Ich habe jetzt nicht jede Woche ein Rennen, es ist alles planbarer für mich geworden, stressreduziert. Das war mir wichtig. Und es ist das erste Jahr seit 2006, dass ich in keiner Profiliga mehr fahre. Ich habe jetzt ein richtig gutes Gefühl.
Haben sich deine sportlichen Zielsetzungen geändert?
Nein, ich will Rennen fahren. Ehrlich gesagt, habe ich mich schwer damit getan, mich vom Profitum zu lösen, denn ich sehe meine Entwicklung als noch nicht abgeschlossen. Ich verbessere mich immer noch von der Technik her, habe auch ein gutes Backup, ein gutes Team hinter mir, ich könnte immer noch wieder eine Profisaison starten. Die Prioritäten haben sich zwar mehr hin zum Beruf verschoben, aber sportlich will ich nach wie vor Erfolge, sei es national oder bei den ganzen Prädikaten wie WM- und EM-Qualifikation. Ich habe jetzt für mich mehr Planbarkeit und weniger Druck. Davon verspreche ich mir viel.
Welche Ziele hast du in der Bundesliga?
Natürlich die Titelverteidigung mit dem MSC Brokstedt. Unsere Mannschaftsaufstellung kann sich sehen lassen, wir haben auch noch was in der Hinterhand und sind gut gerüstet.
Der MSC Cloppenburg hat sich mit seinem erfolgreichen Flutlichtrennen «Night of the Fights» einen Namen in der Szene gemacht. Warum fährt der Club nicht in der Bundesliga?
Ich halte das Produkt, was Diedenbergen und Berghaupten mit den DMV White Tigers machen, für eine Alternative. Der MSC Cloppenburg und der MSC Dohren hätten auch beide das Potential dazu. Aber es ist noch nichts spruchreif. Beide Clubs fragen sich, ob sie neben ihrer Hauptveranstaltung auch in der Liga fahren können.
Langbahn ist für dich kein Thema?
Nein, da habe ich keine Ambitionen. Ich sehe, dass das Niveau dort immer weiter nachlässt. Ich habe keinen Bock darauf. Wenn sie bei der WM wieder zum Ein-Tages-Finale zurückgehen würden, wäre das für mich ein erster Schritt in die richtige Richtung. So eine Wochenend-Veranstaltung würde bestimmt ein paar Größen aus dem Speedway veranlassen, hier mitzumachen. Momentan liegt aber kein Reiz für mich vor, bei einem Langbahn-GP mitzumachen.