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Challenge-Skandal: CCP-Boss Castagna spricht Klartext

Von Ivo Schützbach
CCP-Präsident Armando Castagna

CCP-Präsident Armando Castagna

Im Vorfeld des Speedway-GP-Challenges in Landshut gab es heftige Debatten über die Vergabe der deutschen Wildcard. Armando Castagna, höchster Bahnsport-Funktionär des Weltverbands FIM, klärt den Sachverhalt auf.

Am 5. März veröffentlichte der Deutsche Motor Sport Bund (DMSB) die Fahrereinteilung für die Speedway-Prädikatsläufe 2018. Kai Huckenbeck erhielt keinen Platz in der Qualifikation der Speedway-WM, wurde aufgrund seiner starken Leistungen vom DMSB aber für die Wildcard im GP-Challenge in Landshut am 28. Juli nominiert.

Am 29. Mai platze die Bombe: Armando Castagna, Vorsitzender der FIM-Bahnsport-Kommission CCP, teilte dem DMSB schriftlich mit, dass das CCP-Büro «nach Prüfung der Regeln die Wildcard der nationalen Föderation an Martin Smolinski vergibt.»

Der DMSB protestierte heftig, Pressesprecher Michael Kramp verlautbarte: «Wir hatten fristgerecht und unter Beachtung aller notwendigen Formalien Kai Huckenbeck als deutschen Wildcard-Fahrer für die Speedway-GP-Challenge in Landshut nominiert. Stattdessen wurde Martin Smolinski, der in der Qualifikation tatsächlich ja nur knapp gescheitert war, von der FIM mit einer Wildcard bedacht. Die FIM muss ihre Wildcard-Auswahl uns als Verband gegenüber nicht begründen.»

SPEEDWEEK.com traf sich vergangenen Samstagmorgen im Hotel Michl in Landshut mit Armando Castagna zu einem langen Gespräch. Auch Jan Staechman war anwesend. Der Däne war im GP-Challenge als FIM-Jury-Präsident tätig und ist als CCP-Mitglied ein wichtiger Entscheidungsträger. Castagna bestand auf ein Vier-Augen-Gespräch, das zu keinem früheren Zeitpunkt möglich war.

«Vor vier Jahren haben wir im Büro beschlossen, dass wir die Ergebnisse in den Qualifikationsrunden als Basis für die Wildcard-Vergabe heranziehen», begann Castagna das Gespräch. «Wir wertschätzen die Fahrer, die in der Qualirunde dabei waren. Ein Beispiel: In der Vergangenheit versuchte GP-Promoter BSI Grigorij Laguta eine Wildcard für den Grand Prix zu geben. Das habe ich grundsätzlich abgelehnt, weil er nie zuvor an den Qualifikationsrunden der Weltmeisterschaft teilnahm.»

«Was der DMSB gegenüber SPEEDWEEK.com sagte, ist falsch», hielt der Italiener fest. «Der DMSB-Bahnausschuss sollte seine interne Kommunikation verbessern. Die Kommunikation zwischen ihnen und unserem CCP-Mitglied Wolfgang Glas war furchtbar. Wolfgang Glas ist seit vielen Jahren Mitglied unseres Büros, er kennt unsere Wildcard-Politik sehr genau. Es gibt E-Mails die belegen, dass sich Wolfgang für Martin Smolinski eingesetzt hat – wie 90 Prozent des Büros. Natürlich haben wir uns für Martin Smolinski entschieden. Danach erhielten wir eine E-Mail vom DMSB, in der sie darum baten, unsere Entscheidung zu ändern und den Platz Kai Huckenbeck zu geben.»

Ein grobes Missverständnis

Weshalb hat es die CCP nicht der nationalen Föderation überlassen, ihre Wildcard zu bestimmen? Die CCP hatte ja noch drei eigene Wildcards zu vergeben.

«Der DMSB hat mit seiner ersten E-Mail von Christian Froschauer möglicherweise einen Fehler gemacht», meinte Castagna. «Er schlug uns darin Martin Smolinski für eine CCP-Wildcard vor. Wir alle gingen davon aus, dass er damit die FMNR-Wildcard meinte, jene des DMSB. Einige Tage später erhielten wir eine andere E-Mail vom DMSB, in welcher er klarstellte, dass sie Martin Smolinski für eine CCP-Wildcard vorschlagen und Kai Huckenbeck als FMNR-Wildcard. Wir hielten das für einen Witz, das kam gar nicht in Frage. Die Sache war einfach: Kevin Wölbert hatte sich bereits für das Rennen qualifiziert, wir gaben einen zweiten Platz an einen weiteren Deutschen. Weil Martin an der Qualirunde teilnahm, er nur knapp scheiterte und ein lokaler Fahrer ist – unsere Politik ist immer, den Veranstalter zu unterstützen. In diesem Punkt sind sich alle CCP-Mitglieder einig. Deshalb entscheiden wir uns manchmal gegen den Vorschlag der nationalen Föderation, das gab es in der Vergangenheit mit anderen Föderationen auch schon. Für uns ist wichtig, dass wir gute Beziehungen zu den Föderationen haben. Am Ende des Tages braucht es aber den Veranstalter, der Geld ausgibt und viel Arbeit investiert, um so ein Rennen zu organisieren. Für uns war es sehr wichtig, dass wir eine Mail vom AC Landshut erhielten, in der sie die FIM darum baten, die Wildcard an Martin Smolinski zu geben. Oder, falls das nicht möglich ist, an Leon Madsen.»

«Was mir nicht klar ist», grübelte der mehrfache Speedway-Weltfinal-Teilnehmer. «Weshalb spricht der deutsche Bahnausschuss nicht mit dem Veranstalter? Weshalb spricht der DMSB nicht mit unserem wichtigen FIM-Büromitglied Wolfgang Glas, bevor sie E-Mails verschicken?»

Glas hätte dem Bahnausschuss unumwunden gesagt, dass der DMSB nur einen Platz für einen Deutschen erhalten würde. Dass dabei ein lokaler Fahrer, der zudem in der Qualirunde am Start war, bevorzugt wird, war anzunehmen. Hat die FIM mehrere sportlich ebenbürtige Fahrer zur Auswahl, wird die Nominierung immer im Sinne des Veranstalters erfolgen.

Der Bahnausschuss beging den Fehler und versprach Huckenbeck im März die Wildcard für Landshut – aus sportlicher Sicht eine nachvollziehbare Entscheidung. Gegenüber dem 25-Jährigen wurde es so verkauft, als wäre es nur Formsache, dass er die Wildcard erhält. Dass der AC Landshut andere Interessen hat, um möglichst viele Zuschauer ins Stadion zu bekommen, ist dem Bahnausschuss mit seinem bayerischen Vorsitzenden Christian Froschauer entgangen oder es war ihm egal. Dass die FIM gegen den DMSB-Vorschlag entscheiden kann, wurde nicht einkalkuliert.

Huckenbeck erhielt gut gemeint keinen Platz in der Qualifikation, letztlich zerstörte ihm der DMSB mit seiner Unbedachtheit aber die WM-Saison.

Zwei sind unschuldig: Smolinski und Huckenbeck

«Ich schicke in Italien immer meine besten Fahrer in die WM», stellte Castagna klar. «Selbst wenn wir den Challenge in Terenzano haben, schicke ich meinen besten Fahrer in die Qualirunde. Weil es nicht sicher ist, dass er als Wildcard ausgewählt wird, ganz einfach. Mir leuchtet nicht ein, weshalb so viele Menschen in Deutschland diesen Sachverhalt nicht verstehen. In der ganzen Diskussion sind zwei Leute komplett unschuldig: Die Fahrer Martin Smolinski und Kai Huckenbeck. Der DMSB hätte Huckenbeck in die Qualifikation schicken müssen, das wäre die Antwort auf alles gewesen. Dann hätten wir möglicherweise anders entschieden, wer weiß. Ich habe mit Huckenbeck und Smolinski über den Vorfall gesprochen. Die Spekulationen, die durch unsere Entscheidung entfacht wurden, sind schrecklich. Vor allem in den Social-Media-Kanälen – von Leuten, welche die Hintergründe nicht kennen. Mir tut es leid für Kai und Martin, was vorgefallen ist. Ich kann aber versichern, dass die CCP keine Schuld trägt.»

Zukünftig werden sich die Fahrer hüten, Wildcard-Versprechen ihrer Föderation zu glauben.

Castagna: «In den Regeln ist eindeutig geschrieben, dass die nationale Föderation eine Wildcard vorschlägt – aber die CCP muss sie auch akzeptieren. Priorität hat für uns, den Wünschen des Veranstalters nachzukommen.»

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