Vor 40 Jahren: Egon Müller wurde zum Speedway-Gott
Egon Müller 1983: Wheelie zum WM-Titel
Nach vier Durchgängen hatte Egon Müller im Speedway-Weltfinale 1983 im Motodrom Halbemond in Norden die maximale Punktzahl 12, im letzten Durchgang hätte ihm Platz 2 gereicht, um Champion zu werden.
Müller hatte gegen Mitch Shirra, Tony Kasper und Hans Nielsen von Startplatz 2 einen miserablen Start, fuhr aber in der ersten Kurve an der Innenlinie an Kasper und Shirra vorbei. Ende der dritten Runde fiel der souverän in Führung liegende Nielsen mit Kettenriss aus und Müller wurde als einer von wenigen Fahrern mit Maximum Weltmeister.
Bitter für Nielsen: Ohne den Ausfall wäre er im Stechen mit Billy Sanders um Platz 2 gestanden, so wurde der Däne nur Siebter. Sanders wurde hinter Müller mit 12 Punkten Vizeweltmeister, Michael Lee (11) holte Bronze.
«Egon hat sich richtig auf dieses Rennen vorbereitet», erinnert sich Müllers damaliger Konkurrent Karl Maier (66), der als zweiter Deutscher im Weltfinale mit acht Punkten Neunter wurde. «Für mich war damals Sandbahn die Sandbahn und Speedway war die Rutscherei. Mir war nicht klar, dass ich Weltmeister hätte werden können, weil Norden ja eine große und lange Speedwaybahn ist. Ich war zwar auch eine Woche zuvor oben beim Trainieren, es hat aber halt nicht gereicht. Müller dagegen hat sich das ganze Jahr über zusammen mit seinem Tuner Otto Lantenhammer auf diese Bahn eingeschossen.»
Der Bayer gegenüber SPEEDWEEK.com weiter: «Am Samstag im Training war die Bahn noch arschglatt, wie Beton. Eine totale Rutscherei, gestaubt hat es, als stünde man in der Wüste. Über Nacht wurden viele Kubikmeter Wasser draufgefahren, die Bahn war 30 cm tief, ein kleiner Sandbahnacker. Deshalb haben die Speedway-Profis alle ein bisschen alt ausgesehen. Und das hat Egon ausgenützt. Das muss man aber auch erst machen. Ich glaube nicht, dass ich das Talent gehabt hätte, um diesen Titel zu gewinnen. Da muss ich auf dem Teppich bleiben. Mein Leben war immer die Sand- und Grasbahn. Speedway bin ich halt gefahren, weil es dazu gehörte. Wenn du für Deutschland Einzel-WM gefahren bist und die deutsche Flagge hochgehalten hast, das war ja was. Der Stellenwert war damals anders.»
«Für mich hat keiner die Bahn gemacht, sie war einfach ein bisschen loser als sonst, weil sie neuen Belag draufgebracht hatten und der nicht fest wurde», hält der heute 74-jährige Müller fest. «Der Einzige, der nachts um 22 Uhr noch mit dem Schraubenzieher um die Bahn gelaufen ist und alle Flecken abgestochen hat, das war ich. Ich habe in mein Buch eingetragen, wo die weichen Stellen sind und ich mir Antrieb suchen kann – und wo ich auf keinen Fall hinfahren darf. Das Buch habe ich heute noch. Wenn du die Zeichnung der Bahn siehst, wo ich den Griff eingetragen habe, dann siehst du eine unmögliche Ideallinie – aber sie hat funktioniert.»
«Ich habe mein Ding gemacht, war über zehn Jahre lang auf der Sand- und Grasbahn unschlagbar», unterstreicht Müller. «Dann wurde ich auch noch Weltmeister im Speedway. Die werden mir aber noch 100 Jahre lang vorhalten, dass ich die Bahn gekauft habe, dass sie die Bahn für mich gebaut haben. Das wird heute noch in England gelabert. Damals gab es mit Michael Lee, Billy Sanders, Erik Gundersen und Hans Nielsen wirklich hochkarätige Titelanwärter. Sie mussten aber alle anerkennen, dass sie an diesem Tag nicht schnell genug waren – so einfach ist das.»