Jules Cluzel gibt zu: Angst trieb ihn in die Rente
Jules Cluzel an seinem letzten Rennwochenende in der Supersport-WM
Jules Cluzel ist mit 24 Siegen einer der erfolgreichsten Supersport-Piloten, nur Rekordweltmeister Kenan Sofuoglu und Dominique Aegerter haben mehr Siege eingefahren. 2012, 2014 und 2016 wurde er Vizeweltmeister. Häufig waren Stürze und die daraus folgenden Verletzungen Ursache dafür, dass der 34-Jährige keine Weltmeisterschaft gewann. Nach Platz 11 im zweiten Lauf auf Phillip Island 2022 hing der Familienvater Helm und Lederkombi an den Nagel.
Der Übergang in den Ruhestand war für Cluzel frustrierend, das verriet der Franzose im Gespräch mit unseren von Paddock-GP. «Was mich an meinem Karriereende sehr enttäuscht hat, war, dass ich erwartet hatte, den ein oder anderen Anruf zu bekommen – aber es passierte nichts. Ich musste mich anbieten und das fand ich schade», schmunzelte Cluzel rückblickend. «Da ich auch den Radsport mag, habe ich mit Dan Martin gesprochen, einem erfolgreichen Radsportler, der auch aufgehört hat. Er hat mir gesagt, dass er bei seinem Karriereende keinen Anruf bekommen hat, obwohl er so etwas wie die Formel 1 für den Radsport war. Es ist also überall das Gleiche, was mich ziemlich beruhigt hat.»
Cluzel führte vor einigen Monaten die ausbleibenden Erfolgserlebnisse als Grund für seinen Rücktritt an. Nun spricht er offen über seine Beweggründe. «Es war die mentale Verfassung, schlechte Gedanken seit einigen Jahren, wiederholte Verletzungen, die oft auch mit den Fehlern meiner Konkurrenten zusammenhingen. All das führte dazu, dass ich müde geworden bin, weil ich mich von all diesen Verletzungen erholen muss», erzählte der Franzose. «Es war auch Angst. Die Angst, dass ein Fahrer beim Bremsen einen Fehler macht. Es war nicht die Angst vor einem Sturz, sondern was die anderen Fahrer tun könnten. Und so, mit all diesen gemischten Gefühlen, war es schließlich für mich die richtige Entscheidung, aufzuhören. Ich fühlte mich im Pulk nicht mehr sicher.»
Cluzel weiter: «Ich dachte nicht immer ans Aufhören, aber es machte mir nicht mehr so viel Spaß. Und ich hatte Schwierigkeiten, vor allem in den Jahren mit dem GMT, wo ich mich regelmäßig und vor allem 2022 im Mittelfeld wiederfand, was mir seit Jahren nicht mehr passiert war. Ich merkte, dass es im Mittelfeld keinen Respekt gab und ich mich nicht sicher fühlte. Das ist schade, denn wenn wir gut abgeschnitten hätten, wäre ich vielleicht mit Fahrern mit mehr Erfahrung weiter vorn gelandet, wie es in meiner Zeit überwiegend der Fall war. So, das war's, das hat die Entscheidung aufzuhören beschleunigt. Ich habe es nicht bereut, auch wenn ich mein Leben als Rennfahrer trotzdem vermisse. Mein Leben als Sportler, mich auf ein Ziel vorzubereiten, Weltmeister zu werden. Das war ziemlich cool und das ist etwas, was ich vermisse.»