Formel 1: Nächste Verstappen-Strafe kommt

Lance Stroll Steckbrief

Lance Stroll

Lance Stroll

Rennfahrer
  • Vorname: Lance
  • Nachname: Stroll
  • Spitzname: k.A.
  • Webseite: www.lancestroll.com
  • Twitter: lance_stroll
  • Nationalität: Kanada
  • Geburtsdatum: 29.10.1998 in Montreal, Quebec, Kanada (26 Jahre und 2 Tage)
  • Familienstand: Ledig
  • Wohnort: Genf
  • Größe: 180 cm
  • Gewicht: 70 kg
  • Hobbys: Hockey, Golf, Surfen, Skifahren, Snowboard
  • Lieblingssportart(en): Motorsport
  • Lieblingsstrecke: Zandvoort
  • Lieblingsmusik: Ja nach Stimmung!

Über Lance Stroll

Letzte Aktualisierung:

Die Geschichte von Lance Stroll muss bei seinem Vater Lawrence begonnen werden, denn mit seinem Sohn lebt der Unternehmer aus, was ihm versperrt geblieben ist – eine Karriere als Profirennfahrer.Lawrence Stroll aus Montreal ist seinem eigenen Vater in die Bekleidungsindustrie gefolgt, der hatte seinem Sprössling vorgelebt, wie man Selfmade-Millionär wird – indem er einige der bekanntesten Modemarken der Welt nach Kanada brachte. 1990 ging Lawrence Stroll mit Silas Chou aus Hong-Kong ein Bündnis ein, was zur Gründung der Firma «Sportswear Holdings» führte.

Die beiden investierten ihr Geld in eine damals wenig bekannte Firma namens Tommy Hilfiger – heute eines der renommiertesten Mode-Labels der Welt. Auch Chou ist ein Schwergewichtler: seiner Familie gehört eines der grössten Textilfabrikations-Netzwerke von ganz Asien. Stroll und Chou inhalierten den Schmuckhersteller Asprey, sie mieteten sich in New York im Trump Tower ein. Kein Zweifel: Lawrence Stroll denkt in grossen Dimensionen.

Strolls Vermögen bewegt sich im Bereich von 2 Milliarden Euro, der Börsengang der Marke Michael Kors katapultierte ihn unter die 1000 reichsten Menschen der Welt.
2014 war sogar die Rede davon, dass sich Stroll mit Geschäftspartnern an den Rechten am Formel-1-Sport beteiligen wolle. Daraus wurde letztlich nichts.

Stroll ist bekennender Rennsportfan, hat eine stattliche Sport- und Rennwagensammlung, besitzt die Rennstrecke von Mont-Tremblant bei Montreal und was für ihn zu spät kommt, erlebt er durch seinen Sohn Lance Stroll: Der 15-Jährige war Mitglied der Ferrari-Fahrerakademie und wurde seit Karttagen von Ferrari unterstützt, dann seilte er sich überraschend zu Williams ab.

Stroll ging den klassischen Weg, begann aber relativ spät mit dem Kartsport, als Neunjähriger. Er eroberte mehrere Titel in Kanada und auch den Sieg in der prestigeträchtigen Florida Winter Tour. Als Elfjähriger wurde er von Luca Baldisserri, dem früheren Renningenieur von Michael Schumacher, in die Fahrerakademie von Ferrari geholt.

2014 wechselte Stroll in den Automobilsport – Florida Winter Series, dann italienische Formel 4. Papa Lawrence Stroll kaufte sich eigens in den Prema-Rennstall ein, um seinem Sohnemann weiter die motorsportliche Ausbildung zu garantieren.

Stroll junior bedankte sich mit dem Formel-4-Titel 2014, mit dem Toyota Racing Series-Titel 2015 (einer Winterserie in Neuseeland), 2015 trat er in der Formel-3-EM an. Der Junge zeigte weiter sein Talent, kann aber auch ungestüm sein – in Belgien löste er eine Highspeed-Massenkarambolage aus und wurde dafür von den Rennkommissaren für ein Rennen gesperrt.

Dann kam die Nachricht eines verblüffenden Transfers: Stroll zog als Entwicklungsfahrer zu Williams. Offenbar war Papa Lawrence Stroll zu unsicher, ob sein Sohn bei Ferrari je den Sprung ins Formel-1-Cockpit schaffen würde. Der Unternehmer sieht Williams als Abkürzung. Es geht noch weiter: Luca Baldisserri glaubt so fest an das Ausnahmetalent Stroll, dass er bei Ferrari kündigte und sich fortan um die Karriere des jungen Québecois kümmert.

Wieso lässt ein junger Fahrer Ferrari sausen? Lance Stroll: «Wir hatten verschiedene Gründe für diese Entscheidung. Zunächst einmal hat Williams eine lange Tradition bei der Arbeit mit jungen Piloten. Sie haben vielen Rookies eine GP-Chance ermöglicht. Das war uns wichtig, denn bei Ferrari erkannten wir einen anderen Ansatz. Sie möchten lieber erfahrene Piloten im Kampf um den WM-Titel.»

«Williams entsprach einfach eher dem, was wir suchten, und wir wurden mit offenen Armen empfangen. Das Programm als Entwicklungsfahrer besteht in vielen Stunden im Simulator, im Lernen an den Rennstrecken als Teil des Rennstalls, und hoffentlich komme ich auch mit dem aktuellen Auto zum Fahren. Das ist für mich praxisnaher als die Arbeit bei Ferrari eher eine Art Trainingslager – viel Arbeit im Kraftraum, mentale Vorbereitung, aber weniger Formel-1-bezogen.»

2016 eroberte Stroll auf überzeugende Art und Weise den Formel-3-EM-Titel. Sein Vater finanzierte überdies private Testfahrten mit einem 2014er Williams auf verschiedenen Rennstrecken rund um die Welt. Das zeigte Williams: Der Junge ist reif für die Formel 1. Im Herbst verkündete Williams, dass Lance Stroll in Australien 2017 sein GP-Debüt geben werde, als erster Formel-1-Kanadier seit Jacques Villeneuve.

Stroll selber ist ganz pragmatisch, was seine finanzielle Hilfe angeht: «Aus meiner Sicht funktioniert das so – zunächst brauchst du jemanden, der dich unterstützt. Die Familie oder ein Sponsor. Das hilft für den Schritt vom Kart in den Rennwagen oder von Kanada nach Europa. Aber dann bist du auf dich alleine gestellt. Geld kauft keine Siege. Egal wie viel Unterstützung du hast, am Lenkrad drehst du selber, aufs Gaspedal trittst nur du. Und wenn du das zu wenig gut machst, dann reicht es nicht. Geld eröffnet Gelegenheiten, einen Sitz in der Formel 4, im Go-Kart, in der Formel 3. Aber du brauchst Ergebnisse, um die Superlizenz zu erlangen. Nur dann darfst du in die Formel 1. Und diese Punkte habe ich mir erkämpft.»

«Geld hat Türen geöffnet, keine Frage. Wir reden hier von einem extrem teuren Sport. Es gibt unzählige Piloten, welchen diese Chance verwehrt bleiben, Fahrer, die sehr talentiert sind, aber wegen Geldmangels irgendwann stranden. Ich bin mir dessen sehr wohl bewusst. Ich finde das schade, aber das ist nun mal so. Ich habe für den Schritt in die Formel 1 hart gearbeitet, und ohne meine Siege und Titel wäre ich jetzt nicht bei Williams.»

Aber wieso die Eile? Wieso 2017 kein weiteres Jahr in der GP2, wo doch sein bisheriger Rennstall Prema 2016 in dieser Kategorie dominiert hat?

Der 18jährige Lance Stroll antwortet: «Wir haben im Laufe meiner Karriere immer einen Schritt um den anderen getan und uns auf die aktuelle Aufgabe konzentriert. Die Tatsache, dass ich den Formel-3-Titel mit einem stattlichen Vorsprung holen konnte, sowie die guten Tests im 2014er Rennern haben dazu geführt, dass wir die Stufe GP2 als nicht notwendig erachten.»

«Die Tests mit dem alten Williams helfen sehr. Ein 2014er Formel-1-Auto zu fahren ist besser als keines. Zudem konnte ich in Ruhe mit den Technikern arbeiten. Als grösste Herausforderungen sehe ich das Reifen-Management und Spritsparen. Das kenne ich noch nicht.»

Die Saison 2017 begann schwierig: Bei Testfahrten landete der junge Kanadier mehrfach neben der Bahn, die ersten drei Rennen fiel Lance allesamt aus. Erst im siebten WM-Lauf – ausgerechnet in seiner Heimatstadt Montreal – konnte Stroll die ersten Punkte einfahren, als Neunter.

Dann war der Knoten geplatzt: Ausgerechnet im Chaos-GP von Baku behielt der junge Stroll die Nerven und wurde Dritter – mit 18 Jahren und 239 Tagen der zweitjüngste Fahrer auf einem Formel-1-Siegerpodest nach Max Verstappen!

In Österreich folgte die dritte Punktefahrt in Serie (Zehnter), auch in Monza, Singapur und Malaysia fuhr der Kanadier drei Mal in Folge in die Top-Ten – als Siebter, Achter und Achter. In Italien konnte Lance aus Reihe 1 ins Rennen gehen. Im Abschlusstraining hatte er auf nasser Bahn sensationell die viertschnellste Zeit erzielt, aber weil beide Red Bull Racing-Piloten rückversetzt werden mussten, startete er neben Lewis Hamilton, als jüngster Formel-1-Fahrer in Reihe 1 mit 18 Jahren und 310 Tagen.

Die WM schloss Lance Stroll auf dem zwölften Rang ab, nicht übel, wenn wir daran denken, dass sein erfahrener Stallgefährte Felipe Massa nur drei Punkte mehr holte und nur um einen Rang besser klassiert war.

Für 2018 hatte sich Stroll vorgenommen: «Ich muss konstanter werden und vor allem im Training zulegen.» Das war ein frommer Wunsch, denn Williams baute das schlechteste Auto im Feld. In Interlagos spottet der junge Stroll über die jämmerliche Saison mit Williams: «Williams ist kein Wettbewerber in diesem Jahr, Williams kämpft nur ums Überleben. Es ist wirklich sehr schwierig. Das Auto ist einfach nicht gut genug.»

«Wir mussten oft schon nach dem ersten Quali-Segment zusammenpacken. Dann hatte wir Rennen, zu welchen ich gut gestartet bin, am im Verlaufe des Grand Prix wurde ich zurückgereicht. Wir sind das ganze Jahr im Hintertreffen. Seit Australien gibt es so gut wie keine Entwicklung. Ich glaube nicht, dass wir den Wagen in irgendeiner Form verbessert haben.»

«Wenn ich mir dann anschaue, was beispielsweise Sauber erreicht hat. Die lagen zum Beginn des Jahres mit uns auf Augenhöhe, dann aber haben sie Riesenschritte nach vorne getan. Bei uns ging es nur ums Überleben.»

Sich selber stellt der Millionärssohn ein gutes Zeugnis aus: «Ich bin als Pilot gereift. In meinem zweiten Formel-1-Jahr habe ich weiter Erfahrung sammeln können, ich habe viele Informationen verinnerlicht, auch wenn es ein schwieriges Jahr ist. Aber so geht das nun mal in diesem Sport. Du musst akzeptieren, dass es problematische Jahre gibt, das gehört zum Spiel.»

Stroll wurde in der WM Drittletzter, nur Brendon Hartley und Sergey Sirotkin schnitten noch schlechter ab. Lance konnte nur zwei Mal punkten (Achter in Baku, Neunter in Monza), dann hatte sein Vater Lawrence genug gesehen – er holte seinen Sprössling zu jenem Rennstall, den der Unternehmer zusammen mit einer Firmengruppe übernommen hatte und jetzt nicht mehr Force India hiess, sondern Racing Point.

Der junge Stroll ersetzte dort den Franzosen Esteban Ocon, erste Punkte gab es gleich beim Debüt in Australien, als Neunter. Es folgten Punkte in Baku, Montreal, Hockenheim, Spa-Francorchamps und Suzuka, Highlight war Rang 4 im Chaos-GP von Deutschland, wo Stars reihenweise von der Bahn segelten, Stroll aber die Nerven behielt. Der Kanadier belegte WM-Schlussrang 15.

In der Corona-beeinträchtigten Saison 2020, erneut an der Seite des Mexikaners Sergio Pérez, gelangen Stroll drei Coups: Er wurde beim Grossen Preis von Italien in Monza Dritter, nach sieben Punktefahrten in Serie lag er auf dem grandiosen vierten WM-Zwischenrang.

Der Rhythmus wurde mit einem üblen Unfall im Toskana-GP von Mugello gebrochen, beim WM-Lauf auf dem Nürburgring konnte Lance nicht mitfahren, er war positiv auf Corona getestet worden.

In der Türkei folgte – wieder bei ganz schwierigen Pistenverhältnissen – die sensationelle erste Formel-1-Pole Position von Stroll, als erster Fahrer seines Landes auf dem ersten Startplatz seit Jacques Villeneuve 1997. Im Rennen war Lance chancenlos: Ein beschädigter Frontflügel führte zu übermässigem Reifenverschleiss.

Das dritte Highlight dann beim Grand Prix von Sakhir: erneut dritter Platz. Stroll wurde eindrucksvoller WM-Elfter, mit 75 Punkten.

2021 wurde aus Racing Point dann Aston Martin. Lance Stroll konnte nicht an die Leistungen des Vorjahres anknüpfen und musste sich in der WM seinem neuen Stallgefährten Sebastian Vettel geschlagen geben. Bestes Ergebnis aus immerhin neun Punktefahrten – Platz 6 in Katar. Stroll wurde WM-13.

Der Rückwärtsgang setzte sich 2022 fort, Aston Martin hatte beim Beginn der neuen Flügelwagen-Epoche kein gutes Auto gebaut. Wieder hatte der erfahrene Vettel die Nase vorn, wieder war Platz 6 für Stroll das beste Ergebnis, dieses Mal in Singapur.

Beim Grossen Preis der USA in Austin (Texas) kollidierte Stroll ausgerechnet mit jenem Fahrer, der ab 2023 sein neuer Stallgefährte ist, mit Fernando Alonso. Stroll erhielt von den Rennkommissaren eine 30-Sekunden-Strafe und wurde in der Startaufstellung des Mexiko-GP um drei Ränge zurückversetzt.

Für Formel-1-Champion Jacques Villeneuve viel zu wenig. «Er sollte für den Vorfall mit Fernando Alonso für ein Rennen gesperrt werden. Solch ein Zucken auf den Geraden ist das Gefährlichste, was es gibt, und das Letzte, was man sehen möchte. Das ist erbärmlich und sehr gefährlich. Denn auf diese Weise kann man einen schweren Unfall verursachen. Und zwar, weil man sich bewusst dafür entscheidet, und nicht, weil man einen Fehler macht. Das ist wirklich inakzeptabel.»

Eine ganze Reihe von Gegner beschwerten sich in der Saison 2022 über das eher rustikale Fahrverhalten von Stroll. Und es gingen auch Augenbrauen hoch, als Sebastian Vettel den Saisonbeginn wegen Corona verpasste, Nico Hülkenberg in Bahrain in den Aston Martin stieg – und gleich mal schneller fuhr als Stroll.

Der sechsfache GP-Sieger Ralf Schumacher: «Stroll sollte sich fragen, ob er sich nicht ein anderes Hobby sucht. Das war ja wirklich peinlich.»

Die Frage ist: An welchem Punkt reisst auch dem Papa der Geduldsfaden? Denn eines scheint schon vor der Saison 2023 festzustehen – wenn Stroll zwei Jahre lang gegen Vettel den Kürzeren zog, dann wird er sich auch gegen seinen neuen Stallgefährten Fernando Alonso nicht durchsetzen.

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