Grausamer Motorsport – die Gefahr wird oft vergessen
Heute in Jerez: Das Rennen endete schlimmst möglich
So oft in dieser Saison hätte es schon schlimm ausgehen können. Wenn 15 oder mehr Teenager auf Messers Schneide und engstem Raum um die Plätze kämpfen, dann wird das von manchen Kommentatoren als «Schachspielen bei Highspeed» bezeichnet. Nicht wirklich treffend – es ist mehr wie Kegeln.
Wenn einer stürzt, ist es reines Glück, wenn er nicht einen anderen mitreißt oder gleich mehrere in den Crash verwickelt. Fast alle tödlichen Unfälle passieren, wenn die nachfolgenden Bikes dem gestürzten Fahrer nicht ausweichen können. Auch bei drei von den jüngsten vier im GP-Sport – Shoya Tomizawa (2010), Marco Simoncelli (2011), Luis Salom (2016) und Jason Dupasquier (2021) – war das der Fall. Und auch heute bei Dean Berta Vinales in Jerez. Das ist der eine unglückliche Umstand, den das ganze Sicherheitsequipment nicht mildern kann.
Die brutale Erinnerung daran, welch ernsthafte Gefahr der Motorradrennsport birgt, bekommen wir so selten geliefert, dass man es dazwischen schnell vergisst und verharmlost.
Wenn das Opfer noch dazu ein Teenager ist und man als Vater oder Mutter auch als Außenstehender den Schmerz mitfühlt, ist der Schock noch größer. Dasselbe gilt für seine Altersgenossen, seine Rivalen auf der Strecke. Dieses «Mir wird es nicht passieren»-Gefühl ist mit einem Schlag weggewischt.
Dann kommt das «Warum, warum nur». Das Gefühl, dass diese Draufgänger irgendwie vor sich selbst geschützt werden sollten, dass – wenn ein Teenager-Kopf noch keine risikoscheuen Strategien entwickeln kann – Erwachsene einschreiten und Verantwortung übernehmen sollten.
Dieses verlockende Argument hält den Tatsachen aber nicht stand. Diese Supersport-300-Kids sind im professionellen Motorradrennsport, rundum betreut, mit erstklassiger medizinischer Versorgung auf erstklassigen Strecken, viel besser aufgehoben, als sie es da draußen wären, beim nächtlichen Parcours oder beim Base-Jumping…
MotoGP-Pilot Miguel Oliveira brachte es einmal perfekt auf den Punkt: «Ich wünschte, dieser Sport könnte nicht so grausam sein… Aber es ist unsere Leidenschaft.»