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Ben Birchall: «Es wäre seltsam, Tom atmen zu hören»

Von Simon Patterson
Ben (li.) und Tom Birchall zeigen Emotionen auf dem Siegertreppchen

Ben (li.) und Tom Birchall zeigen Emotionen auf dem Siegertreppchen

Ben Birchall ist drauf und dran Dave Molyneux als erfolgreichsten Seitenwagen-Piloten bei der Tourist Trophy abzulösen. SPEEDWEEK.com-Korrespondent Simon Patterson unterhielt sich mit ihm und seinem Bruder Tom.

In kürzester Zeit haben sich Ben und Tom Birchall bei der Tourist Trophy den Legendenstatus verdient. 2009 kamen sie erstmals auf die Isle of Man, um sich auf dem Snaefell Mountain Course zu beweisen. Vier Jahre später standen die dreifachen Weltmeister erstmals auf der obersten Stufe des Siegertreppchens. Seither haben die Brüder bei der TT neue Maßstäbe gesetzt. Sie sind nicht nur das bisher einzige Seitenwagenteam, das den über 60 Kilometer langen Kurs unter 19 Minuten bewältigt hat, es hat auch jedes Rennen gewonnen, wenn sie die Zielflagge gesehen haben.

SPEEDWEEK.com-Mitarbeiter Simon Patterson nützte abseits des Trainings für die diesjährige Tourist Trophy die Gelegenheit, sich ausführlich mit den zwölffachen TT-Siegern zu unterhalten.

Hast Du den schwierigsten Job bei der TT?
Tom: Es ist erwiesenermaßen ein schwieriger Job, aber es ist einer, den ich liebe und den ich als Herausforderung empfinde. Es ist nichts, was ich auf die leichte Schulter nehme, definitiv nicht. Es ist nicht leicht zu wissen, dass ich das Leben des Fahrers in der Hand habe. Das nehme ich natürlich sehr ernst.

Die Leute haben den Eindruck, dass ein Beifahrer nur ein Idiot ist, der sich auf die Seite des Motorrads setzt und ein bisschen herumhüpft, aber das ist es überhaupt nicht. Man muss ruhig und kalkuliert seinen Job erledigen. Es gibt eine echte Beziehung zu dem Kerl, der am Lenker sitzt. Der ist in meinem Fall zufälligerweise mein Bruder, was mir persönlich sehr entgegenkommt und auch im Team zu guten Ergebnissen führt.

Ich bin nicht der Dorftrottel! Klar gehören in gewisser Weise der Adrenalinkick und die Jagd danach dazu. Ich habe aber keine Schraube locker. Manche würden sagen, dass man schon ein Sandwich zu wenig für ein Picknick haben muss, um das zu tun! Aber wer nichts wagt, der nichts gewinnt!

Bei der TT geht es um Streckenkenntnis und deine muss besser sein als die von anderen
Tom: Ich würde nicht sagen, dass es mehr ist, denn Ben hat viel mehr im Kopf, was die Gangwechsel angeht, welche Drehzahlen er haben will und wo er auf der Strecke sein will. Wenn Ben das Messer ist, versuche ich, dieses Messer zu schärfen. Ich versuche, es so gut wie möglich zu machen, damit er dort sein kann, wo er auf der Strecke sein will. Ich trage meinen Teil dazu bei.

Ich kenne die Strecke anders als wahrscheinlich jeder andere. Das ermöglicht es mir, meinen Job besser zu machen. Die Streckenkenntnis verändert sich; sie hat sich gestern Abend verändert, als ich ein paar zusätzliche Dinge gelernt habe. Unebenheiten, die aufgetaucht sind, Bäume, die gefällt worden sind, Absperrungen, die eine andere Farbe haben. Ich arbeite an solchen Dingen.

Ich schaue von der Seite des Motorrads, gibt es vielleicht ein paar Banner, die sich dieses Jahr ändern, oder eine Baumwurzel oder einen anderen Asphalt. Durch solche Dinge verändert sich meine Position auf dem Seitenwagen ein wenig, es ist ein ewiger Lernprozess, den man im Laufe der Woche durchläuft. Die Grundstruktur der Strecke ist dieselbe, aber sie verändert sich im Laufe der Jahre mit kleinen Nuancen.

Was brauchst Du von einem Beifahrer?
Ben: In vielerlei Hinsicht möchte man so fahren, als wäre man allein unterwegs. Aber damit man das tun kann, muss man dem Beifahrer auch Zeit geben, damit umzugehen. Ich war Beifahrer, deswegen habe ich Verständnis für das, was er tun muss. Bei Rechts-Links-Wechseln will man zum Beispiel nicht mittendrin schalten, man kann nicht so aggressiv sein, als wäre man allein unterwegs, denn sonst hat er keine Chance, keinen Ausweg, und er ist kaputt für den nächsten Abschnitt.

Ich glaube, auf dem Niveau, auf dem wir uns jetzt befinden, tue ich das einfach unbewusst. Es ist, als ob ich nicht an ihn denken müsste, obwohl ich das natürlich tue. Wenn ich etwas falsch gemacht habe, was ja vorkommt, dann mache ich nicht weiter, als wäre nichts passiert, weil wir beide ein bisschen Zeit brauchen, um uns davon zu erholen. Wenn du eine Sekunde verloren hast, macht es keinen Sinn, sie in der nächsten Kurve wieder zurückzuholen.

Ich kann gar nicht ausdrücken, wie glücklich ich mich schätzen kann, dass ich bisher keinen anderen Beifahrer als Tom hatte. Ich muss mir bewusst machen, wie gut er ist, weil ich die andere Seite des Zauns noch nie gesehen habe. In dieser Hinsicht habe ich großes Glück, und weil unsere Beziehung so stark ist und wir schon so lange zusammen sind, ist sie auch gewachsen.

Wir ruhen uns nicht auf unseren Lorbeeren aus und verbessern uns ständig gegenseitig, so dass es auch nicht eintönig wird. Manchmal ist auch seine Sicht zu meiner Fahrweise wichtig. Wenn ich das Gefühl habe, dass ich eine Kurve mit Vollgas fahren kann, dann ist es für mich wichtig zu wissen, ob er das ähnlich sieht und er mir sagt, dass ich es versuchen soll. Das ist eine wirklich gute Voraussetzung für diesen Sport.

Wie viel Kommunikation findet zwischen euch statt?
Tom: Im Idealfall gar nicht. Wenn es losgeht, war's das. Er will einen klaren Kopf haben, wir wollen losfahren und uns nach drei Runden wiedersehen. Wenn es ein Problem gibt, bin ich leicht zu erreichen. Abseits des Motorrads sprechen wir natürlich miteinander. Wenn man im Seitenwagen sitzt, gibt es eine wortlose Kommunikation. Wir können einander etwas sagen, ohne zu sprechen, eine seltsame Art von Telepathie.

Ben: Ich habe einen wirklich guten Freund bei MSport, der ein ehemaliger Rallyefahrer ist. Er sagt mir ständig, dass wir eine Gegensprechanlage brauchen, dass wir eine haben müssen, dass er nicht glauben kann, dass wir keine Gegensprechanlage haben. Wir hatten sie noch nie, sie jetzt einzuführen, wäre seltsam. Tom atmen zu hören wäre seltsam.

Vielleicht versuchen wir das in Zukunft, aber das, was wir haben, basiert auf dem Gefühl und der Verbindung, die wir als Kumpel und als Brüder haben. Im Moment denke ich nicht, dass es noch etwas anderes braucht.

Wie viel mehr ist bei der TT für euch noch zu erreichen?
Tom: Wir machen ständig kleine Verbesserungen am Motorrad, treiben es immer weiter nach vorne. Wir ruhen uns nie auf unseren Lorbeeren aus. Wir sind superhungrig darauf, die TT zu gewinnen, weil es uns so viel bedeutet. Es ist ein gewaltiger Rausch, man verbringt ein ganzes Jahr damit, darauf zu warten. Ganz ehrlich, es fühlt sich immer noch speziell an, wenn man hier gewinnt. Man muss sich nur die Reaktionen auf der Siegertreppchen ansehen - das ist nicht vorgetäuscht, das sind echte Emotionen.

Diese zweiwöchige Reise, die eigentlich ein ganzes Jahr dauert, um hierher zu kommen, summiert sich zu einem Ergebnis. Wir kommen hierher, um zu versuchen, ein paar Siege einzufahren und uns zwei Wochen lang zu verbessern.

Aber verdammt noch mal, wir haben bis jetzt schon viel erreicht. Es ist demütigend, wenn davon gesprochen wird, dass man mit jemanden an Siegen oder Podiumsplatzierungen gleichzieht, es ist schließlich jemand, der ein Held aus der Kindheit war. Man will nicht, dass das gesagt wird. Momentan ist es schwer, das zu begreifen. Wir werden ein paar Geschichten zu erzählen haben, wenn wir als alte Knacker in der Kneipe sitzen!

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