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Straßenfeger à la Volkswagen in Mexiko

Von Toni Hoffmann
Herkules-Aufgabe für WM-Spitzenreiter Volkswagen in Mexiko, Volkswagen als WM-Erste, -Zweite und -Vierte «Straßenkehrer» von León, erste Schotter-Rallye des Jahres rund um die geografische Mitte Mexikos.

Erstmals Schotter, große Höhe und ein Luxusproblem – Volkswagen startet bei der Rallye Mexiko (06.–09. März) in eine besondere Herausforderung. Beim dritten Lauf der FIA Rallye-Weltmeisterschaft (WRC) nehmen die drei Volkswagen Werksduos erstmals in dieser Saison Schotter unter die Räder des Polo R WRC. Aus dem Winter Monte Carlos und Schwedens werden sommerliche Temperaturen Mexikos. Und eine geografische Besonderheit im WM-Kalender gibt es noch dazu: Der mit 2.781 Meter über Normalnull höchste und der mit 1.832 Metern tiefste Punkt auf den Wertungsprüfungen bedeuten im wahrsten Sinn dünne Luft für die WM-Teilnehmer. Bis zu 30 Prozent ihrer Leistung verlieren die Motoren unter diesen Bedingungen. Dazu werden Jari-Matti Latvala/Miikka Anttila (FIN/FIN) als WM-Führende, Sébastien Ogier/Julien Ingrassia (F/F) als WM-Zweite sowie Andreas Mikkelsen/Mikko Markkula (N/FIN) als WM-Vierte mit einem zusätzlichen Problem konfrontiert. Sie haben angesichts ihrer Top-Platzierungen im WM-Klassement die Ehre, die Strecke zu eröffnen. Damit spielen sie die Rolle der „Straßenkehrer“ von León und fegen die Wertungsprüfungen für die Nachfolgenden vom losen Schotter frei – grundsätzlich Gift für gute WP-Zeiten.

«Lag bei den ersten beiden WM-Rallyes des Jahres in Monte Carlo und in Schweden der Schwerpunkt etwas mehr auf der fahrerischen Leistung, ist in Mexiko diesmal verstärkt das Material gefragt», so Volkswagen Motorsport-Direktor Jost Capito. «Die Anpassung der Motorsteuerung an die extreme Höhe ist eine knifflige Aufgabe für die Ingenieure, die die Balance zwischen Standfestigkeit und minimaler Leistungseinbuße finden müssen. Dazu haben auch unserer Fahrer/Beifahrer-Paarungen eine Herkules-Aufgabe vor sich. Sie dürfen – oder müssen – die Strecke wegen ihrer Top-Platzierungen in der WM eröffnen. Trotz dieses immensen Nachteils glaube ich fest daran, dass Jari-Matti Latvala, Sébastien Ogier und Andreas Mikkelsen hier und da zaubern und hoffentlich alle überraschen können.»

Wer ist schneller als Speedy Gonzales? – Kleine Wunder an Tag eins nötig

Mit jedem World Rally Car, das die Route passiert, werden die Wertungsprüfungen mehr und mehr von ihrer dicken Schicht losen Schotters gesäubert. Selbst auf dem zweiten Durchgang auf den WPs tritt bei der Rallye Mexiko dieser Effekt ein. Für diejenigen, die die Route eröffnen, ein klarer Nachteil. Umso mehr kommt es auf Fahrer und Beifahrer im Volkswagen Team an. Mit einem Null-Fehler-Job und perfekt kalkuliertem Risiko könnten die Werksduos am ersten Rallye-Tag Schadensbegrenzung betreiben. Jari-Matti Latvala/Miikka Anttila führen mit 40 Zählern die Tabelle in Fahrer- und Beifahrer-Wertung an und eröffnen damit als Erste die Wertungsprüfungen des ersten Rallye-Tages. Ihre Teamkollegen Sébastien Ogier/Julien Ingrassia folgen mit zwei Minuten Abstand. Sie liegen mit 35 Zählern derzeit auf WM-Rang zwei. Weitere vier Minuten später gehen Andreas Mikkelsen/Mikko Markkula (24 WM-Zähler, Platz vier) auf die Strecke.

Vor der Saison wurden im sportlichen Reglement der Rallye-WM die Bestimmungen zur Startreihenfolge novelliert. Der erste Rallye-Tag wird nun stets in der Rangfolge des WM-Klassements ausgetragen, alle weiteren in der Reihenfolge der Rallye-Gesamtwertung vom Vortag. Eine Qualifikation wie in den vergangenen Jahren wird nicht mehr ausgetragen.

Wie Joggen mit Schnorchel – die Luft wird für die Motoren dünn

Die 1,6-Liter-Turbomotoren in der Rallye-WM werden laut Reglement mit einem Luftmengenbegrenzer effektiv in ihrer Leistung begrenzt – gerade so, als würde man beim Joggen durch einen Schnorchel atmen. Auf Höhen in der Sierra de Lobos und der Sierra de Guanajuato rund um die 2.800-Meter-Marke ist bei der Rallye Mexiko dieser Effekt noch einmal verstärkt. Mit der Höhe sinkt der Sauerstoffanteil der Luft und führt damit zu einer weniger effizienten Verbrennung. Zudem sinkt der Luftwiderstand für den Turbolader. Damit steigt die Drehzahl in diesem Bauteil – nur ein Eingreifen über die Motorsteuerung kann eine mechanische Überlastung verhindern. Verglichen mit der Rallye Schweden sinkt die Leistungsausbeute der Motoren damit um 28 bis 30 Prozent.

«Die Höhe bei der Rallye Mexiko betrifft kein Bauteil des Polo R WRC derart wie den Motor», so Dr. Donatus Wichelhaus, Leiter Motorenentwicklung bei Volkswagen Motorsport. «Einerseits sinkt mit der Höhe der Luftdruck und damit der Sauerstoffgehalt der Luft, andererseits auch der Luftwiderstand im Turbolader, der damit höhere Drehzahlen erreicht als bei allen anderen Rallyes. Um seine Standfestigkeit weiterhin zu gewährleisten, gleichzeitig aber so wenig Leistung wie möglich zu verlieren, haben wir uns bereits vor dem vergangenen Jahr mit verschiedenen Simulationen auf die ‚Mexiko‘ vorbereitet.»

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