Rallye Mexiko: VW mit Corazón und Karacho
Mit viel Herz und vollem Tempo, mit Corazón (Herz) und Karacho (mit Tempo) in den dritten Saisonlauf der FIA Rallye-Weltmeisterschaft (WRC): Volkswagen stellt sich in Mexiko der ersten Rallye des Jahres auf Schotter. Vom 05. bis 08. März eine zusätzliche Herausforderung: die große Höhe mit bis zu 2.752 Metern über Normalnull. Die Volkswagen Duos Sébastien Ogier/Julien Ingrassia (F/F), Andreas Mikkelsen/Ola Floene (N/N) und Jari-Matti Latvala/Miikka Anttila (FIN/FIN) gehen bei der nicht gerade alltäglichen Rallye, die in der Silberminen-Stadt Guanajuato eröffnet wird, als WM-Erste, -Dritte und -Vierte an den Start.
«Die Rallye Mexiko stellt die erste Schotter-Rallye des Jahres dar. Das heißt, Teams und Techniker müssen sich erneut auf völlig andere Bedingungen als bei der Rallye Monte Carlo und zuletzt in Schweden einstellen», so Volkswagen Motorsport-Direktor Jost Capito. «Dazu geht es auf den Wertungsprüfungen hoch hinaus – so hoch wie sonst nirgends in der Rallye-Welt. Mit nur zwei Wochen Pause nach der Rallye Schweden gilt es, den Schalter umzulegen und sich den einzigartigen Bedingungen in Mexiko mit viel Herz zu stellen. Und in Mexiko kommt es neben den Fahrern auch auf die Technik an. Die dünne Luft in der großen Höhe muss bestmöglich kompensiert und die Abstimmung auf Schotter angepasst werden. Doch wir sind zuversichtlich, dass uns das gut gelingt, denn in der Vergangenheit haben wir uns dort stets gut geschlagen. Keine Frage: Auch in diesem Jahr wollen wir gewinnen.»
21 Mal hoch hinaus – von 1.800 bis 2.752 Meter über Normalnull
Da kommt jedes World Rally Car ins Schnaufen: Denn die komplette Rallye Mexiko wird oberhalb dessen ausgetragen, was die bis zu 318 PS starken Rallye-Fahrzeuge in Europa gewohnt sind. Liegt der höchste Punkt der Europa-Saison bei gerade einmal 1.608 Metern über Normalnull – auf der Wertungsprüfung «La Bollène-Vésubie–Sospel» (Col de Turini) während der Rallye Monte Carlo –, beginnt die niedrigste in Mexiko bei exakt 1.800 Metern.
2015 teilt sich die Rallye rund um den geografischen Mittelpunkt Mexikos in 21 Wertungsprüfungen, die dank eines kompakten Routenverlaufs allesamt in unmittelbarer Nähe zum Servicepark in León liegen. Darunter wahre Herausforderungen wie etwa das «Dach» der Rallye Mexiko, die «El Chocolate» mit dem höchsten Punkt der Rallye-WM-Saison auf 2.752 Metern über dem Meeresspiegel. Oder die längste WP der bisherigen Saison: die 55,82 Kilometer lange «Guanajuatito». Hinzu kommen echte Highlights und Zuschauermagneten: Den Auftakt bildet am Donnerstagabend die berühmte «Street Stage Guanajuato» im Herzen der Hauptstadt des gastgebenden Bundesstaates. Zu den etwa 72.000 Einwohnern gesellen sich zudem jede Menge Rallye-Besucher, die den 1,01 Kilometer langen Stadtkurs durch Tunnel, Kreisverkehre und Straßenschluchten zu Abertausenden säumen.
Wenn die Luft dünner wird: cleveres Engineering für einzigartige Bedingungen
Als würde man beim Joggen durch einen Schnorchel atmen: Die Höhenlagen der Sierra de Lobos und der Sierra de Guanajuato verstärken den Effekt, den der laut Reglement vorgeschriebene Luftmengenbegrenzer ohnehin schon auf die 1,6-Liter-Turbomotoren hat. Denn die Luft, die durch die 33 Millimeter enge Öffnung angesaugt wird, bietet in der Höhe Mexikos weniger Sauerstoff als anderenorts. Die Folge: eine weniger effiziente Verbrennung. Mit dem sinkenden Sauerstoffanteil der Luft haben beispielsweise die Turbolader auch mechanisch zusätzlich zu kämpfen. Um bei weniger Luftwiderstand eine Überlastung dieses Bauteils zu verhindern, greifen die Ingenieure in die Motorsteuerung ein. Es gilt das Prinzip: so wenig wie möglich, so viel wie gerade nötig. Trotzdem sinkt die Leistungsausbeute verglichen mit der Rallye Schweden – bei der beinahe ideale Bedingungen herrschen – um bis zu 30 Prozent.
«Einerseits sinkt mit der Höhe der Luftdruck und damit der Sauerstoffgehalt der Luft, andererseits auch der Luftwiderstand im Turbolader, der damit höhere Drehzahlen erreicht als bei allen anderen Rallyes», so Dr. Donatus Wichelhaus, Leiter Motorenentwicklung bei Volkswagen Motorsport. «Um seine Standfestigkeit weiterhin zu gewährleisten, gleichzeitig aber so wenig Leistung wie möglich zu verlieren, haben wir uns bereits in den vergangenen Jahren mit verschiedenen Simulationen auf die ‚Mexiko‘ vorbereitet.»
Preis des Erfolgs: frühe Startpositionen und die Kunst des schnellen Straßenfegens
Straßenkehrer gehören zu den Berufsgruppen, die stets früh mit der Arbeit beginnen. Das gilt auch in der Rallye-Weltmeisterschaft. Wer die Route eröffnet, befreit die Ideallinie auf den Wertungsprüfungen für die Nachfolgenden vom losen Schotter. Diese Ehre wird dank ihrer WM-Platzierung zum Großteil den Volkswagen Piloten zuteil. Seit Anfang 2015 eröffnen die Spitzenreiter des Gesamtklassements die ersten beiden von drei Rallye-Tagen. Sébastien Ogier/Julien Ingrassia sind deshalb in Mexiko am Freitag und Samstag die Ersten auf der Piste, gefolgt von Thierry Neuville/Nicolas Gilsoul (Hyundai) und ihren Volkswagen Teamkollegen Andreas Mikkelsen/Ola Floene sowie Jari-Matti Latvala/Miikka Anttila. Die Rallye Mexiko gilt als die Rallye im Kalender, bei der sich der Straßenfeger-Effekt am deutlichsten bemerkbar macht. Der Schicht feinen und losen Schotters ist in Mexiko dicker als bei anderen Rallyes.