2001: Jutta Kleinschmidt wird zur «Dakar-Queen»
Als die gebürtige Kölnerin stolz die Zielflagge überquerte, hatte die deutsche Fahrerin ein zusätzliches, etwas persönlicheres Gefühl der Zufriedenheit, weil sie auch einen ganz besonderen Gegner besiegt hatte: Ihren alten Partner und den Favoriten der Ausgabe 2001, den französischen Piloten Jean Marie Schlesser.
Jutta Kleinschmidt holte den endgültigen Sieg nach einer denkwürdigen Rallye, in der es epische Dakar-Duelle, unglaubliche Überholmanöver, Kontroversen und jede Menge Sanktionen gab. Die unerwartete Entwicklung der Ereignisse hatte die Spannung eines Films von Alfred Hitchcock.
Die Dakar ihres Lebens
19 Tage beherrschen der Japaner Masuoka, der Franzose Schlesser und der Spanier Servia das Rennen. Am Morgen der vorletzten Etappe liegt Kleinschmidt auf Rang 4, der Japaner führt. Schlesser und Servia wissen, dass es ums Ganze geht, und beide spielen falsch. Sie starten vorzeitig, hoffen, dass der Betrug mit ein paar Strafminuten abgetan ist. Eine grimmige Jagd beginnt. Servia wagt zu viel, zerstört Achse und Lenkung. Auch Masuoka hat Pech. Der Versuch, am Franzosen vorbeizuziehen, kostet ihn die Radaufhängung und wertvolle Zeit. Am Abend ist Schlesser Erster, Kleinschmidt Zweite, Masuoka Dritter.
Es scheint gelaufen, dann platzt die Bombe: Die Sportkommissare brummen Schlesser und Servia je eine Strafstunde auf. Diese Entscheidung stellt alles auf den Kopf. Kurz vor Schluss geht die Deutsche hauchdünn in Führung. Noch ein Tag, die letzten 25 Kilometer bis Dakar. Und Jutta Kleinschmidt fährt das Rennen ihres Lebens. Am 21. Januar 2001 gewinnt sie als erste Frau die härteste Rallye der Welt. Die «Dakar-Queen» überquerte 2:39 Minuten vor Masuoka und 23:29 Minuten' vor ihrem ganz persönlichen Gegner: Schlesser.
Der Geschlechterkampf juckt sie allerdings wenig. «Ich fahre Rallyes», sagt sie, «aber nicht gegen die Männer, nicht für die Frauen, sondern nur für mich selbst. Das alleine zählt.»
Eine Liebe zum Motorsport
Vor dem Gewinn der härtesten Rallye der Welt hatte die schnelle deutsche Physik-Ingenieurin bereits in verschiedenen anderen Disziplinen glänzt. Schon in jungen Jahren fühlte sie sich von Motorrädern angezogen. Ihre Leidenschaft war so groß, dass sie eine Entscheidung traf, die ihr Leben für immer verändern würde. Sie kündigte ihren Job in der BMW Entwicklungsabteilung, um von ihrer großen Liebe zu leben: dem Rennsport.
Erste Erfolge
Nachdem sie ihr Talent bei verschiedenen Rallyes unter Beweis gestellt hatte, machte sie 1988 den Sprung zur Rallye Paris - Dakar. Sie belegte den ersten Platz in der Frauenwertung der Rallyes Paris - Kapstadt und der Pharaonen. Zu diesem Zeitpunkt zeichnete sie sich durch ihr Können und Talent bereits von den anderen ab. Später fuhr sie in der Motorradkategorie der Dakar, bis sie 1995 zu Autos wechselte. Sie gewann ihre erste Etappe im legendären Rennen von 1997. Bei dieser Gelegenheit fuhr sie einen Buggy des Ex-Freundes Jean Marie Schlesser.
Ein entscheidender Schritt zu Mitsubishi
Nachdem Mitsubishi ihr Potenzial erkannt hatte, bot man Jutta Kleinschmidt 1998 einen Vertrag an, der einen der Schlüsselmomente ihrer Karriere darstellte. Am Steuer des sehr wettbewerbsfähigen Pajero Evo, eines Autos, an dessen Entwicklung sie selbst mitgewirkt hatte, konnte sie der Welt zeigen, woraus sie gemacht war. Sie wurde 1999 Dritte und im Jahr 2000 Fünfte, aber trotz ihrer Erfolge wurde sie von ihrem Team fast entlassen. Zum Glück nur fast. Im Mitsubishi Pajero von Ralliart Germany sorgte sie für die Sensation: Als erste Frau gewann sie die härteste Rallye der Welt und durfte sich ab diesem Zeitpunkt mit der Bezeichnung «Dakar-Queen» schmücken.