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Matthias Walkner: «Bin bereit für die Rallye Dakar»

Von Kilian Reuss
Nach seinem schweren Unfall bei der Rallye Dakar 2016 startet Red Bull KTM - Werkspilot Matthias Walkner einen neuen Angriff auf die Krone der härtesten und längsten Rallye der Welt.

Der österreichische Red Bull KTM-Werksfahrer Matthias Walkner lebt nur etwa eine Stunde vom KTM-Headquarter entfernt und ist der nächste erfolgreiche Österreicher im internationalen Rally-Sport. Seit mehr als zehn Jahren Mitglied der KTM-Familie, fährt der 30-Jährige aus Salzburg seine dritte Rallye Dakar und weiß, dass er das Zeug hat, um die Topplatzierungen in Angriff zu nehmen.

Stolz tritt Walkner in die Fußstapfen seines Mentors und siebenmaligen Dakar-Teilnehmers Heinz Kinigadner, nachdem er die Rally-Welt im Sturm eroberte und sich 2015 in seiner Debütsaison im internationalen Rally-Sport überraschend zum FIM Cross-Country Rallies Weltmeister krönte. Seine Teilnahme bei der Rallye Dakar 2016 endete, auf dem dritten Gesamtrang liegend, dramatisch. 2017 tritt der Österreicher mit dem Ziel an, es bis aufs Podest zu schaffen. Wir trafen Matthias nur Augenblicke bevor sich sein Gepäck und seine KTM 450 RALLY auf den Weg nach Paraguay machten.

Matthias, fühlst du dich 100 Prozent bereit, um bei der Rallye Dakar 2017 um die Topplätze zu kämpfen?
«Ich fühle mich stärker und reifer als jemals zuvor und ich denke, ich bin bereit zu zeigen, was ich zu leisten im Stande bin. Ich habe hart trainiert, um nach meiner Verletzung bei der Dakar 2016 wieder vollständig fit zu werden. Die Auswirkungen der Verletzung auf meinen Körper waren nicht einfach wegzustecken und vielleicht werde ich mein Knie nie wieder zu 100% bewegen können, aber das ist etwas, an das ich mich gewöhnen muss. Bei der Dakar 2017 möchte ich gute Leistungen zeigen und bin froh, jetzt die nötige Erfahrung zu haben, um dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen. Bis zum allerletzten Moment werde ich hart arbeiten, so dass ich bestens auf diese großartige Herausforderung vorbereitet bin.»

Weltweit erhält die Dakar immer mehr Aufmerksamkeit; wie wichtig ist es für einen österreichischen Fahrer, der auf einem Bike aus Österreich antritt, gute Ergebnisse zu erzielen?
«KTM-Fahrer gewinnen seit jeher weltweit Rennen und Meisterschaften, aber ich denke die Tatsache, dass ich aus Österreich komme, macht es in meinem Fall nochmal mehr besonders. Seit 2004 arbeite ich als Testfahrer für KTM und bin auf mehr als eine Weise Teil dieser Firma. Ich habe einige der besten Momente meiner Rennsportkarriere mit KTM erlebt und fühle mich wie ein Teil der orangen Familie. Einige gute Freunde arbeiten in der KTM-Forschungs- und Entwicklungsabteilung. Mit Red Bull gibt es neben KTM eine weitere österreichische Firma, die meine Anstrengungen uneingeschänkt unterstützt. Sowohl das Red Bull- als auch das KTM-Headquarter sind nur circa eine Autostunde von meinem Zuhause entfernt. Dass Heinz Kinigadner mein Mentor für den Rally-Sport war, ist für mich sehr wichtig. Heinz ist eine Legende in Österreich und auf der ganzen Welt. Es ist großartig, Menschen wie ihn in meinem Umfeld zu haben.»

Bist du mit den Fortschritten zufrieden, die du nach der Verletzung gemacht hast?
«Nachdem ich mir letzten Januar den Oberschenkel gebrochen hatte, konnte ich fast 30 Wochen nicht auf mein Bike steigen. Die Atacama Rally im August war 2016 mein erstes Rennen. Es war anstrengend, aber ich habe es geschafft, in meinem ersten Rennen nach mehr als sechs Monaten Verletzungspause, den sechsten Gesamtrang einzufahren. Dann startete ich bei der Marokko-Rally und konnte problemlos mit den besten Rally-Fahrern mithalten. Neben dem Etappensieg in Marokko, konnte ich das Bike und meinen Fahrstil deutlich verbessern. Seitdem fühle ich mich großartig auf meiner 450 RALLY und kann es kaum erwarten, dass die Dakar beginnt.»

Sich nach der Verletzung im letzten Jahr wieder bis an die Spitze zurückzukämpfen, muss ein harter und langer Weg gewesen sein…
«Mich in einem Krankenhausbett wiederzufinden, während ich bei der Dakar auf Platz 3 lag, und dann sechs Monate kein Motorrad fahren zu können, war kein Spaß und ich wünschte, es wäre nie passiert. Aber man muss auch das Positive sehen. Eine Sache, die ich gelernt habe, ist, dass ich immer zu 100% fokussiert bleiben sollte. Die Art, wie der Unfall passiert ist, hat mich ein paar Dinge erkennen lassen. Wir fuhren die Etappe früh am Morgen und die Sonne blendete uns. Es war schwer zu erkennen, was vor uns lag, daher fuhr ich gar nicht mal besonders schnell. Nach 15 gefahrenen Kilometern in der Sonderprüfung sah ich einen kleinen Schatten, der sich am Ende als großes Loch entpuppte. Wenn ich jetzt daran zurückdenke, dann gingen damals kurz vor dem Sturz so viele Dinge in meinem Kopf vor. Durch den Sturz habe ich gelernt, dass ich mich nur auf die wichtigen Dinge konzentrieren und alles andere ausblenden muss. Obwohl die Dakar ein zweiwöchiges Event ist, können sich die Dinge sehr schnell ändern.»

Hast du als Cross-Country Rallies Weltmeister 2015 einen besonders großen Druck gespürt, bei der Rallye Dakar gute Ergebnisse zu zeigen?
«Nein, für mich war es genau das Gegenteil. Die Weltmeisterschaft in meiner allerersten Rally-Saison zu gewinnen, war, glaube ich, ein großer Erfolg. Soweit ich weiß, bin ich der erste Fahrer, dem das gelungen ist. Ich habe bewiesen, dass ich das Potential habe, mit den besten im Rally-Sport mitzufahren und das hat den Druck erheblich verringert. So bin ich die Dakar 2016 angegangen und das ist auch meine Herangehensweise für das kommende Rennen. Ich mache mir gar nicht so viele Gedanken über den Druck, vielmehr möchte ich meinen Job so gut machen, wie ich kann.»

Wenn wir über die Einstellung zum Rennen sprechen, was sind deine Stärken als Rallye-Fahrer?
«Jeder, der mich kennt, wird sagen, dass ich ein fleißiger Arbeiter bin. Ich denke, das ist der wichtigste Aspekt hinsichtlich meiner Einstellung zum Sport und meinem Leben im Allgemeinen. Ich arbeite hart, um mich auf jede Herausforderung vorzubereiten und versuche immer, mein Bestes zu geben, ganz egal unter welchen Bedingungen. Ich würde sagen, mein größter Gegner bin ich selbst. Ich bin erst dann zufrieden, wenn ich weiß, dass ich alles gegeben habe. Wenn ich mit mir selbst zufrieden bin, dann weiß ich, dass die Ergebnisse passen. Es gibt immer Menschen, die talentierter sind als andere und das ist etwas, das man nicht ändern kann. Am Ende ist es für mich wichtiger, immer zu versuchen, die besten Leistungen zu zeigen. Außerdem kann ich mich glücklich schätzen, ein professionelles Team um mich zu haben, das meine Mentalität zu 100% teilt. Was zählt, ist, wie sehr man etwas versucht und das gilt für jedes Mitglied unseres Teams. Wir haben eine großartige Atmosphäre im Red Bull KTM Rally Factory Racing Team und jeder gibt sein Bestes.»

2016 bist du bei der Dakar mit der Nummer 14 gestartet, als eine Art Tribut an deinen Landsmann und ehemaligen Rally-Fahrer Heinz Kinigadner. Fährst du 2017 mit der gleichen Nummer?
«Bei der Dakar 2017 wird meine KTM die Nummer 16 haben und mein Teamkollege Sam Sunderland fährt mit der Nummer 14. Dafür gibt es keinen speziellen Grund, ich wollte nur eine kleine Veränderung. Als ich entschied, mit der 14 zu fahren, befragten mich viele Leute zu Heinz und dazu, ob ich sein Erbe fortführen wollte. Heinz ist mein Mentor und bleibt ein guter Freund. Ich halte mich nur lieber zurück und möchte, dass die Leute meinen Namen aus den richtigen Gründen erwähnen. Außerdem sagten viele Leute nach meiner Verletzung im letzten Jahr, dass mir ein Start mit der gleichen Nummer vielleicht kein Glück bringen würde. Ich wollte alles Negative von mir fern halten, das war vielleicht auch ein Grund für diesen Wechsel.»

Wenn wir auf die kommende Dakar schauen, was ist in deinen Augen die größte Herausforderung bei dem Rennen, das am 2. Januar in Paraguay beginnt?
«Die größte Herausforderung werden für mich die langen Etappen in großer Höhe sein. Nach einem kurzen Aufenthalt in Paraguay überqueren wir die Anden in Bolivien und das wird wahrscheinlich der anstrengendste Teil des Rennens im Jahr 2017. Fünf Etappen werden in mehr als 3.000 m Höhe ausgetragen. Auch der Ruhetag in La Paz wird für uns nicht gerade eine Erholung. La Paz liegt auf 3.500 m Höhe und das ist für unsere Körper extrem anstrengend. Außerdem ist das Rennen 2017 kompakter. Wir haben eine Etappe weniger, um annähernd die gleiche Distanz zu bewältigen wie im letzten Jahr. Sicherlich werden unsere Tage länger. Es gibt so viele Dinge, die die Dakar zum härtesten Rennen machen; die langen Verbindungsetappen, die extremen Wetterbedingungen und Temperaturveränderungen. Ich erinnere mich an eine Etappe in den Anden, während der wir 300 km bei -10°C gefahren sind. Ich habe noch nie in meinem Leben so gefroren. Das alles ist Teil des riesigen Abenteuers Dakar.»

Wie bereitest du dich auf diese große physische und mentale Belastung vor?
«Um für die Dakar fit zu sein, muss man Monate im Voraus mit den Vorbereitungen beginnen. Es ist ein langfristiges Engagement, das viel härter und umfassender ist, als das, was die meisten Leute sehen. Zum Beispiel habe ich eine Zeit lang in einem speziellen Zelt geschlafen, um meinen Körper bestmöglich auf die Höhe und die anderen Bedingungen vorzubereiten. Dieses Zelt hat einen integrierten Mechanismus, der die Menge an Sauerstoff reduziert, so dass die Luftbedingungen ähnlich denen in großer Höhe sind. Außerdem habe ich einige Zeit in einem österreichischen Hotel verbracht, dass auf über 2500 m liegt. Das ganze Jahr über bin ich zur Vorbereitung gelaufen, Rad und Ski gefahren. Sogar während des Rennens gibt es noch unzählige Dinge, auf die man achten muss. Das Fahren an sich, aber auch die täglichen Essgewohnheiten; viele kleine Details tragen zum großen Ganzen bei. 2016 habe ich meine ganze Aufmerksamkeit darauf gelegt, besser auf die Dakar 2017 vorbereitet zu sein. Die Vorbereitungen sind gut gelaufen und ich bin bereit für das Rennen.»

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