Dakar Saudi-Arabien: Menschenrechte existieren nicht
Die meisten Werke, Teams und Teilnehmer freuen sich über die Rückkehr der Dakar-Rallye auf den afrikanischen Kontinent. Saudi-Arabien steht ja weltweit wegen der Missachtung der Menschenrechte und der Diskriminierung der Frauen in der Kritik.
Aber die Machthaber um den umstrittenen Kronprinz Mohammed Bin Salman wollen nach außen hin Modernisierung demonstrieren. Deshalb gastierte zum Beispiel Ende November die automobile Formel E in Diriyah am westlichen Rand von Riad, das ist der Herkunftsort der Herrscher-Dynastie Al Saud.
Der Sport wird be den Saudis für Tourismus-Propaganda missbraucht. Anfang Dezember fand in Saudi-Arabien der Schwergewichts-Boxkampf «Clash on the Dunes» zwischen Anthony Joshuah und John Ruiz Junior statt, dann folgte von 12. bis 14. Dezember Einladungs-Turnier «Diriyah Tennis Cup» mit acht Top-Spielern aus den Top-20 der Weltrangliste. Der russische Sieger Danill Medvedev kassierte 1 Million Dollar.
Amnesty International bezeichnet diese Imagepflege der Saudis abschätzig als «Sportwashing». Die Veranstalter der Dakar geben sich aber weltgewandt. Sie luden die Spanierin Laia Sanz demonstrativ zur Pressekonferenz für die Dakar-Rallye ein, während die heimischen Frauen vor einem Jahr noch nicht einmal Autofahren und vor wenigen Wochen in öffentlichen Gebäuden nicht einmal den gleichen Ein- und Ausgang wie die Männer benutzen durften.
Die Scheichs wedeln mit den Dollar-Noten und locken damit Sportanlässe und Sportstars an, die Nachbarn im verfeindeten Emirat Katar machen es ähnlich.
Die Dakar-Rallye wurde für 85 Millionen US-Dollar für fünf Jahre nach Saudi-Arabien geholt. Denn allein Saudi Aramco, der weltweit größte Ölproduzent, hat 2018 einen Gewinn von 111 Milliarden US-Dollar erwirtschaftet.
Die teilnehmenden Teams wollen sich an den Diskussionen über die Menschenrechte nicht beteiligen. «Wenn es darum geht, dürften wir auch in der Türkei, in China und anderen Staaten keinen Motorsport betreiben», sagt KTM-Motorsport-Direktor Pit Beirer. «Wir können die politischen Verhältnisse nicht ändern. Aber vielleicht können wir durch die Teilnahme an der Dakar in Saudi-Arabien mittelfristig noch einiges bewirken.»
Dass Saudi-Arabien Frauen als Menschen zweiter Klasse behandelt, dass ein Killer-Kommando im Herbst 2018 in der saudischen Botschaft in Istanbul den kritischen Washington-Post-Journalisten Jamal Kashoggi ermorden und zerstückeln ließ, ist unbestritten. Dass die Todesstrafe an der Tagesordnung steht und jetzt fünf Täter nach einem umstrittenen Gerichtsurteil hingerichtet werden sollen, treibt die EU-Politiker auf die Barrikaden.
In Saudi-Arabien werden Homosexuelle gefoltert, Regimekritiker verfolgt.
Auch die Dakar-Teilnehmer und die übrigen Mitglieder des Rallye-Trosses müssen sich auf ungewöhnliche Gegebenheiten einstellen.
«Wir wollen uns politisch nicht zur Situation äußern», betont auch KTM-Berater Heinz Kinigadner, der 250-ccm-Motocross-Weltmeister von 1984 und 1985. «Wir sind früher viel im kommunistischen Ostblock gefahren, wir haben in Südafrika Wettkämpfe währen der Apartheid bestritten. Wir haben alles mitgemacht und fahren heute noch überall hin, wo Motorradsport stattfindet. Deshalb lassen wir die politischen Diskussionen beiseite. Für uns geht es um den Sport.»
«Aber wir haben in den letzten Wochen und Monaten einige Frauen aus der Organisation des Dakar-Veranstalters A.S.O. getroffen, auch die langjährige Logistik-Managerin Marie. Und sie hat uns versichert, dass sie Angst hat. Dabei war sie früher schon die Chefsekretärin von Funktionär Hubert Auriol und ist mit der Dakar durch ganz Afrika gereist. Sie hat keine Bedenken in Metropolen wie Riad. Aber sie hat Angst, wenn 400 km von der Zivilisation entfernt ihr Auto stehenbleibt und sie unverschleiert aussteigen muss. Das hat mich schon nachdenklich gestimmt. Den europäischen Frauen wird empfohlen, bei der Dakar nicht allein herumzufahren», meint Kinigadner.
«Aber vom sportlichen Standpunkt aus wird die Dakar-Rallye 2020 super, super gut», ist der 59-jährige Tiroler überzeugt.