DTM: Herrscher über viele Kilometer an Kabeln
Thilo Jung
Flexibel, entscheidungsfreudig und selbst in stressigen Situationen immer ruhig: Diese Eigenschaften zeichnen einen Elektriker in der DTM aus. Thilo Jung gefällt diese Arbeit. «Es ist schon etwas Einmaliges», sagt der 27-Jährige. «Es ist vielseitig, man kommt viel rum. Auch das ganze Drumherum ist toll: Es ist wie ein Familienprinzip. Man ist mit den Jungs die ganze Zeit on Tour, abends trifft man sich teilweise auch noch privat.» Selbst der Druck eines Rennwochenendes stellt für ihn kein Hindernis dar. «Ich nehme es so, wie es kommt», sagt er gelassen.
Als Elektriker hat Jung im Verlauf der Saison recht viel mit den Fahrern zu tun, für die er die Lenkräder vorbereitet. «Wenn ich ein Lenkrad neu wickele, damit es mehr Grip bietet, gehe ich zum jeweiligen Fahrer hin und frage, ob es so für ihn in Ordnung ist», erzählt er. «Es gibt viele Fahrer, die sagen, ich hätte es lieber etwas dicker und an einer anderen Stelle etwas dünner. Es ist interessant, zu sehen, welche unterschiedlichen Vorlieben die einzelnen Fahrer allein bei der Wickelung eines Lenkrads haben. Am Anfang stellt man sich die Frage, wie tickt der so als Rennfahrer? Aber sie sind ganz normale Menschen.»
An den Rennwochenenden arbeitet Jung sehr eng mit Systemingenieur Tobias Pfeiffer zusammen. «Wenn wir anhand der Daten sehen, dass irgendwas nicht mehr funktioniert oder wir einen Änderungswunsch in Sachen Hardware am Auto haben, dann ist Thilo der erste Ansprechpartner», erklärt Pfeiffer.
«Dann sage ich ihm, was er zu tun hat." Dabei ist Jung für die Elektrik aller sechs Autos zuständig. "Wenn die Autos in der Box sind, mache ich eine komplette Sichtprüfung an jedem Fahrzeug und gehe nochmal jedes einzelne durch», fügt Jung hinzu.
Ein besonderes Augenmerk legt er bei seiner Arbeit darauf, sich die Zeit für die einzelnen Autos richtig einzuteilen. «Sie kommen zu unterschiedlichen Zeiten in die Box, dabei muss bei jedem Fahrzeug immer wieder geschaut werden, ob alles in Ordnung ist», erklärt er. «Das alles zu managen, ist nicht immer einfach. Ich mache nicht nur die Elektrik, sondern schraube auch mal mit und helfe dabei, die Räder zu montieren. Wenn du dann weggehst, muss jemand anderes deine Aufgabe übernehmen.»
Als Elektriker fallen Jungs Aufgaben in der DTM ganz anders aus als bei einem Kollegen in der Serienproduktion. «In der Serie liest man Fehler aus und behebt sie», beschreibt er. «Im Rennsport läuft das anders ab. Man fertigt die Leitung selbst, prüft sie selbst oder lässt sie prüfen, und baut auch alles selbst ins Fahrzeug ein.»
Der Komplettaufbau eines Autos vor Saisonbeginn beginnt mit dem Hauptkabelbaum, einem Einheitsbauteil von Bosch. «Danach kommen die ganzen anderen Leitungen rein, die wir zusätzlich einbauen», so Jung. «Dann wird fixiert und geprüft, im Anschluss kommen die Mechaniker, die weitere Anbauteile verbauen - danach muss ich wieder weiter verkabeln.»
Nach einem Rennwochenende werden die Autos nicht komplett zerlegt, wie es in der Aufbauphase im Winter der Fall ist. So bleiben die Seitenteile und der Hauptkabelbaum eingebaut. «Aber klar, nach dem Rennen werden die Lenkräder geprüft, die Zündspule muss gecheckt werden, die Verschlüsse werden bei den Lenkrädern getauscht oder geschmiert und gereinigt - es wird am Fahrzeug alles durchgeschaut, ob es irgendwelche Scheuerstellen gibt.» Für Jung bedeutet das, dass ihm ganz sicher nicht langweilig wird. Das gilt übrigens auch in den wenigen freien Wochen, die ihm im Winter abseits der DTM-Saison bleiben: Auch dann ist der passionierte Snowboarder schnell unterwegs und nutzt jede freie Minute, um auf der Piste den Hang hinunterzusausen.