Gary Paffett: Am Anfang standen Furcht und Aufregung
Gary Paffett
Gary Paffett gehört zu den Routiniers der DTM. Sein erstes Rennen absolvierte er 2003 für Mercedes, inzwischen hat er 157 Rennen in der Tourenwagenserie auf dem Buckel.
2005 wurde er Meister, 20 Siege hat er auf dem Konto. Auf den 21. wartet er allerdings bereits seit 2013. Er ist der Team-Captain bei den Stuttgartern, denen er die ganze Karriere über treu war.
Im Interview spricht der langjährige Mercedes-Pilot über seine Angst am Anfang seiner Karriere, die Hingabe seines Vaters und den Scheideweg seiner Laufbahn.
Gary, wann bist du das erste Mal mit Motorsport in Berührung gekommen?
Ich denke, das war als mir mein Vater im Alter von achten Jahren ein Go-Kart gekauft hat. Ich bin wahrscheinlich schon davor mit ihm zusammen als Zuschauer bei Rennen gewesen, aber daran kann ich mich ehrlich gesagt nicht mehr erinnern. Meine ersten Erinnerungen an Motorsport sind jene ersten Rennen als Achtjähriger. Diese ersten Erinnerungen sind geprägt von purer Furcht und Aufregung. Du bist ein Neuling, fährst zum ersten Mal Rennen gegen Jungs, die das schon seit einigen Jahren machen. Meine ersten Erinnerungen handeln eigentlich nur davon, die meiste Zeit verängstigt gewesen zu sein... (lacht)
War dein Vater vorher im Motorsport involviert?
Nein, das würde ich nicht sagen. Aber er war natürlich ein großer Motorsport-Fan. Er reiste durch Europa, um Formel-1-Rennen und andere Veranstaltungen zu besuchen und fuhr auch selbst zum Spaß Rennen. Er fuhr auf Clubsport-Ebene Rallyes, Tourenwagen und Schalt-Go-Karts.
Die finanzielle Unterstützung durch deinen Vater hat bei deiner Entscheidung, eine große Rolle gespielt. War es damals genauso schwierig für junge Talente wie heute?
Es hängt immer davon ab, womit du beginnst. Mein Vater hat im Prinzip all sein Geld in meine Motorsport-Karriere investiert. Das ist natürlich extrem. Aber was es ihn gekostet hat, ist im Vergleich zu heute gar nichts. Wenn ich heute erst in den Motorsport einsteigen würde, würde ich nicht einmal annährend dorthin kommen, wo ich jetzt bin. Heute ist alles sehr viel teurer. Die Geldbeträge, die Leute jetzt für ein Jahr im Kartsport ausgeben, sind verrückt. Wir sind früher mit einem Transporter oder einem Wohnwagen und einem Zelt angereist und haben alles auf eigene Faust gemacht. Das ist heutzutage mehr oder weniger inakzeptabel. Es ist viel professioneller und damit auch viel teurer.
Welche Sportarten hast du vor dem ersten Kontakt mit dem Rennsport ausgeübt?
Eigentlich nur das normale Zeug in der Schule. Hier ein bisschen Fußball, da ein bisschen Rugby, wobei ich darauf nicht so stand. Ich wuchs in Devon auf, einem sehr kleinen Ort im Südwesten Englands. Dort war ehrlich gesagt nicht so viel los. Aber ich erinnere mich an eine Sache... Ich habe selbst nie Golf gespielt, aber als ich sehr klein war, habe ich mal einen Golfschläger ins Gesicht bekommen. (lacht) Davon abgesehen war ich aber in keinem Sport großartig aktiv.
Wann hast du für dich entschieden, dass du dein Leben dem Motorsport widmen willst?
Ich denke, da gab es ein paar unterschiedliche Momente, in denen entweder mein Vater oder ich eine Entscheidung in diese Richtung getroffen haben. Wenn du anfängst, fährst du erstmal ein paar Jahre nur Clubrennen. Dann beginnst du, an nationalen Veranstaltungen teilzunehmen. Das hat mir mein Vater einige Jahre lang so gut es finanziell ging ermöglicht. Als ich ungefähr zehn Jahre alt war, wollte eines der großen Kart-Teams aus Großbritannien, dass ich für sie fahre. Ein Teil dieses Deals war, dass mein Vater für das Team arbeiten würde. An diesem Punkt traf er natürlich die Entscheidung und wir zogen um. Das war die erste Entscheidung, diesen Weg zu gehen. Meine persönliche Entscheidung traf ich dann mit 16 Jahren. Ich hatte gerade meinen Abschluss gemacht und mich für die College A-Levels angemeldet. Aber ungefähr eine Woche bevor es losgehen sollte, entschied ich, dass ich es doch nicht machen wollte.
War dies der Tag in deinem Leben, an dem du am Scheideweg gestanden hast?
Ja, ich denke, das war der Tag. Das sticht für mich heraus. Ich habe für mich entschieden, nicht zurückzugehen und stattdessen für das Kart-Team zu arbeiten, das meine Go-Karts gebaut hat. Im Grunde genommen war ich dort wie ein Mechaniker. Das war wohl der Punkt, an dem ich persönlich entschieden habe, was ich machen wollte.
Wie glaubst du, würde dein Leben heute aussehen, wenn du dich für das College und nicht für den Motorsport entschieden hättest?
Das Ding ist, ich hätte deshalb nicht mit dem Racing aufgehört. Ich wäre zum College gegangen und wäre weiter Rennen gefahren. Dadurch wäre ich nicht so konzentriert gewesen. Ob ich dann bis zu dem Level gekommen wäre, auf dem ich jetzt bin, weiß ich nicht. Es wäre wohl etwas schwieriger geworden. Dafür wäre ich heute vielleicht gebildeter, was auch nützlich sein kann.
Warst du gut in der Schule?
Ich würde sagen, ich war ziemlich durchschnittlich. Ich habe mich ganz gut angestellt, aber ich war weder ein Überflieger noch eine Niete. Ein paar Fächer haben mir Spaß gemacht und ein paar nicht. Aber schon während meiner Schulzeit ging all meine Zeit und Energie für den Motorsport drauf. Als junger Mann, der Go-Kart-Rennen fährt, hast du zwei völlig unterschiedliche Leben. Du hattest dein Schulleben, was von Montag bis Donnerstag oder Freitag stattfand. Hier hattest du deine Schulfreunde. Und dann hattest du von Freitag bis Sonntag dein Motorsport-Leben, in dem du das Wochenende mit einem komplett anderen Freundeskreis verbracht hast. Du lebst zwei völlig unterschiedliche Leben und das hat es manchmal schwierig gemacht. Denn während du bei einem Rennen warst, hast du verpasst, was in der Schule abging oder was deine Schulfreunde am Wochenende gemacht haben. Das hat die Schule schon etwas beeinträchtigt. Aber ich habe mich trotzdem okay angestellt, nur konnte ich mich für nichts wirklich begeistern. Ich hatte mich also für die Weiterbildung angemeldet und die Woche vorher entschied ich, dass ich das nicht wollte und stattdessen lieber meine ganze Zeit dem Ziel widmen wollte, Rennfahrer zu werden.