Streitthema Gewichte: Warum gibt es die immer noch?
Die Gewichte gibt es immer noch
Was die Verantwortlichen der drei Hersteller vor der Sitzung der DTM-Kommission sagten, deutete zumindest darauf hin. Nur DTM-Chef Gerhard Berger war skeptisch. Er sollte Recht behalten. Die Gewichte blieben auch am sechsten Rennwochenende in Zandvoort an Bord.
Doch warum tritt die Serie bei dem Thema, das inzwischen alle nur noch nervt, auf der Stelle? Die Positionen waren zuletzt klar. DMSB und ITR (Berger) sind für die Abschaffung, Audi sowieso, Mercedes geht es seit dem angekündigten Ausstieg vor allem darum, die Serie dabei zu unterstützen, in eine tragfähige Zukunft zu steuern. Heißt: Mercedes trägt jede Entscheidung mit. BMW hatte die Abschaffung bis zuletzt ausgebremst, doch ein Kompromissvorschlag von Berger hatte offenbar zu einem Umdenken geführt.
Total schön: Alle Beteiligten sprachen anschließend von «konstruktiven und guten Gesprächen». Wie so oft.
Eine Einigung gab es trotzdem nicht. Wie so oft.
Es geht dabei nicht so sehr um diese Saison, sondern vor allem um 2018. Das Reglement ist eingefroren, Weiterentwicklungen können über den Winter nicht vorgenommen werden. Aber: Was passiert, wenn ein Hersteller, BMW zum Beispiel, nach Abschaffung der Gewichte plötzlich nur noch hinterherfährt?
Das große Problem: Die Wut über die inzwischen untragbare Situation steigt mit jedem Rennen bei fast allen Beteiligten, die Atmosphäre ist angespannt. Bei den Fans und in der Öffentlichkeit mögen die Gewichte ein eher zweitrangiges Thema sein, was aber wohl auch daran liegt, dass die Berechnung ebenso keiner versteht wie den Sinn dahinter. Oder aber es kann keiner mehr hören. Zur Erklärung: Die Gewichte waren eingeführt worden, um aufgrund des eingefrorenen Reglements die drei Hersteller in etwa auf einem Niveau zu halten. Berechnet werden sie nach mehrfachen Änderungen durch die Rundenzeiten der beiden schnellsten Fahrer eines jeden Herstellers. Die werden miteinander verglichen. Wer langsam fährt, darf also ausladen.
Dass dann aber nach einem Dreifach-Erfolg von BMW am Samstag die Münchner fünf Kilogramm ausladen dürfen und Audi auf Platz vier und fünf ebenso viel einladen muss, kann niemand mehr nachvollziehen. Das System wird ad absurdum geführt. Woran das in Zandvoort lag? Kaum Überholmöglichkeiten, die Autos an der Spitze können das Tempo kontrollieren, während die Autos dahinter zwar schneller sind, aber nicht vorbeikommen. Ob das auf dem Dünenkurs daran lag, dass die Spitzengruppe vor allem auf das Reifen-Management achten musste und es kein Zielzeitfahren war, interessiert inzwischen niemanden mehr. Klar ist: Dass BMW inzwischen 25 (!) Kilogramm leichter ist als Audi, ist für die Münchner im Titelkampf ein unschätzbarer Vorteil. Klar ist aber auch: So weit liegen die beiden Marken performancemäßig nicht auseinander. Mercedes traf es in dieser Saison noch härter. Erstmals seit Monaten haben die Stuttgarter jetzt zwar nicht mehr das schwerste Auto. Aber: Fast genauso lange hatten die Sterne unter normalen Umständen auch mit dem Rennsieg nicht viel zu tun.
Die Situation ist weiterhin festgefahren, es gibt zwei unterschiedliche Positionen, nachdem mehrere Lösungen diskutiert worden sind. Kurz gesagt: BMW würde sich gerne die Möglichkeit offenhalten, dass möglicherweise etwas nachentwickelt oder nachjustiert werden kann. Gerüchten zufolge war unter anderem von weiteren Einheitsbauteilen bei der Aerodynamik die Rede. Wobei jeder Lösungsansatz für alle drei Hersteller gelten, es also keine erneute «Lex BMW» geben würde.
Mercedes-Teamchef Ulrich Fritz sitzt zwischen den Stühlen. «Ich glaube, dass es da eine Lösung geben wird. Auch kurzfristig, idealerweise auch zum Nürburgring», glaubt er. Doch wenn, dann muss die Lösung sitzen. Eine DTM ohne Gewichte auf Probe soll es nicht geben, so Fritz: «Wenn, dann soll man den Mut haben, damit zu leben.» Aber die beiden Positionen seien derzeit unverrückbar, so Fritz. Ein Öffnen der Homologation ist nämlich auch wieder mit Kosten verbunden. Audi-Chef Dieter Gass stellte klar: «Wir sind dafür, die Gewichte abzuschaffen, so lange das nicht unter bestimmten Bedingungen passiert. Die Autos sind eng genug beieinander, um sie abzuschaffen, ohne etwas zu ändern.» Diese Meinung vertreten aber leider nur fast alle.